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Die Niederlande sind auf dem Weg zu einer neuen, nachhaltigen Wirtschaft. Unter dem Begriff »Green Deal« sollen Treibhausgase vermindert, mehr Ökostrom produziert, Energie eingespart und die Natur erhalten werden. Auch die Binnenschifffahrt soll profitieren

Mit dem Vertrag zwischen Politik und Wirtschaft soll den bestehenden Herausforderungen von der Klimaerwärmung bis zur Energieknappheit begegnet werden. Als übergeordnetes Ziel ist auch die Förderung einer tragfähigen Kreislaufwirtschaft definiert.

Die sogenannten »Green Deals« sind Partnerschaftsvereinbarungen, die seit 2011 von der niederländischen Regierung gefördert werden, und die sich auf nahezu alle Lebensbereiche erstrecken. Die Energie- und Lebensmittelwirtschaft ist einbezogen, Wasser und Rohstoffe gehören dazu, Biodiversität, Mobilität und Klima stehen ebenso auf der Agenda. Dazu setzt man auf Bildung und Wissen und bündelt die unterschiedlichen Kräfte. Kurzum: es geht darum, eine nachhaltige, grüne Ökonomie zu erreichen.

Dazu gibt es eine Reihe von Zielvereinbarungen und Aktionen. Mit einer entsprechenden Gesetzgebung will man Innovationen auslösen und zugleich Innovationsbremsen beseitigen. Genehmigungsverfahren kommen auf den Prüfstand, Experimente erhalten Raum zur Entfaltung, gewonnene Erfahrungen werden ausgetauscht. Neue Produkte und Prozesse werden zur Markteinführung unterstützt, alternative Modelle für Infrastrukturmaßnahmen ohne Zwang von Normen und Standards neu definiert. Der Staat zieht sich dabei ein Stück zurück und sieht sich mehr in der Rolle des »ersten Kunden«.

Allein bis 2015 wurden im Rahmen der »Green Deals« in den Niederlanden mehr als 200 Projekte mit weit mehr als 1.300 teilnehmenden Partnern gestartet. Einige Vorhaben beziehen sich auch auf den Transportsektor einschließlich der Binnenschifffahrt.

Gemäß den jüngsten Koalitionsvereinbarungen soll vor allem auf der Schiene und auf den Wasserstraßen belastenden Verkehr von der Straße geholt werden. Um den bestehenden Nachholbedarf in der Infrastruktur aufzulösen, werden in den kommenden drei Jahren 2 Mrd. € zusätzlich bereitgestellt. Der bisherige In­frastrukturfonds wird zu einem Mobilitätsfonds.

Bis 2030 soll die bestehende Gewichtung zwischen den drei Verkehrsträgern Straße, Bahn und Wasserstraßen fortgeführt werden. Danach gibt es veränderte Ansätze für Verwaltung und Unterhalt, ein Budget für die bessere Ausnutzung vorhandener Strukturen sowie eine Förderung intelligenter Transportsysteme. Außerdem sollen Benutzungsgebühren eingeführt werden, die in den Sektor zurückfließen.

Weniger Emissionen

Schon seit 2016 läuft unter dem Projektnamen COBALD (Continue Aan Boord Analyse en Diagnose) ein Testversuch zur Emissionsmessung an Bord von Schiffen. Der Energieverbrauch sowie die daraus resultierenden Abgase sollen dadurch ermittelt und spürbar reduziert werden. können.

Ebenfalls im Rahmen eines »Green Deals« wurde 2014 ein Projekt zur »Vermeidung von Kunststoffabfällen« im Hafen Rotterdam gestartet. Oberstes Ziel ist es, die Abfallmenge an Bord von See- und Binnenschiffen zu begrenzen, indem bei der Bevorratung von Schiffen bessere Absprachen getroffen werden. Darüber hinaus soll die Abfalltrennung an Bord verbessert werden, um Recyclingmöglichkeiten zu nutzen.

»Green Deals« außer Konkurrenz

In der gesamten EU sind zahlreiche Projekte angestoßen, die sich mit einer verbesserten Umweltbilanz der Binnenschifffahrt befassen. Von der Zielsetzung her decken sich viele Vorhaben mit den Absichten der »Green Deals« und ergänzen sie entsprechend.

PROMINENT

Das EU-Projekt PROMINENT (Promoting Innovation in the Inland Waterways Transport Sector) startete im Mai 2015. Das mehrjährige Forschungs- und Umsetzungsprogramm mit einem Volumen von 6,3 Mio. € soll bis April 2018 laufen. Dabei arbeiten 17 Interessensvertreter aus fünf europäischen Ländern zusammen, um Treibhausgasemissionen zu reduzieren und zugleich die Wettbewerbsfähigkeit in Logistiknetzwerken zu erhöhen.

Dabei sollen auch digitaler und simulationsgestützter Konzepte zur beruflichen Bildung in der Binnenschifffahrt entickelt werden. Im Arbeitspaket wurden nicht nur spezielle Schiffskategorien und ihre operativen Abläufe, sondern auch die jeweiligen Kosten unter die Lupe genommen.

In einem nächsten Schritt werden für die bedeutendsten europäischen Schiffstypen die besten technischen Umweltlösungen im Sinne ihrer Wirtschaftlichkeit, Effizienz und ihres jeweiligen positiven Effekts für die jeweilige Kategorie ausgelotet. Die Resultate sind richtungsweisend für die weitere Entwicklungsarbeit von PROMINENT.

CoVadem

Das Programm »CoVadem« (»Cooperatieve Vaardieptemetingen«) steht für eine »kooperative Messung der Fahrwassertiefe«, von der zunächst die Teilnehmer des Projektes und später alle, die über eine App fürs Smartphone verfügen, profitieren sollen, indem sie sich Echtzeit-Daten ins Steuerhaus holen können.

Das CoVadem-Projekt wurde im April 2013 gestartet, damit Schiffer in Zukunft effizienter fahren und Wasserstraßen sowie Ladungsraum maximal nutzen können. In der ersten Phase waren rund 40 Binnenschiffe beteiligt. Mit »Co2Vadem+« gibt es seit 2016 ein Folgeprojekt.

»Co2Vadem+« ist als Projekt bis Ende 2018 ausgelegt. Das Programm bezieht sich auf den Rheinabschnitt zwischen Rotterdam und Maxau. Die Finanzierung des Vorhabens in Höhe von rund 1,2 Mio. € übernehmen die teilnehmenden Akteure zu 50%, den Rest trägt die niederländische Organisation für Wissenschaftliche Untersuchungen (NWO).

CLINSH

Ausgestattet mit einem Volumen von 8 Mio. € und gestreckt über eine Laufzeit von vier Jahren ist CLINSH (Clean Inland Shipping) als Praxisstudie in Arbeit und soll ermitteln, wie sich verschiedene Maßnahmen auf die Verringerung von Feinstaub- und Stickoxid-Emissionen auswirken.

Unter realen Betriebsbedingungen werden dabei auf den teilnehmenden Binnenschiffen mit unterschiedlichen Motoren und Nutzungsprofilen verschiedene Technologien zur Abgasnachbehandlung eingesetzt. Alternativ werden sie unter Verwendung alternativer Kraftstoffe betrieben. Schiffe, die bereits abgastechnisch nachgerüstet wurden, nehmen an einem Langzeitmonitoring teil. Dabei wird geprüft, wie sich die verschiedenen Maßnahmen unter realen Fahrbedingungen auswirken. Auch das beste Kosten/Nutzen-Verhältnis für die Verbesserung von Luftqualität und Gesundheit ist eine zentrale Fragestellung des Projekts.
Hermann Garrelmann