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Die rot-rot-grüne Koalition in Berlin will gegen »schmutzige« Dieselmotoren von Binnenschiffen vorgehen. »Für diese gelten bisher weniger strenge Abgasnormen als für Autos«, heißt es als Begründung. Nun nehmen Betroffene Stellung

In einem gemeinsamen Antrag für die Abgeordnetenhaussitzung am 11. Januar forderten die drei Koalitionsfraktionen, Rußfilter für alle Binnenschiffe inklusive Fahrgastschiffe verpflichtend zu machen und die Regelungen für Umweltzonen, die aktuell für Autos gelten, auf Schiffe auszuweiten. Da es dabei um Bundesrecht geht, soll der Senat dazu eine Bundesratsinitiative starten.

Auf Landesebene fordern die Fraktionen gleichzeitig eine Selbstverpflichtung der Schifffahrtsunternehmen, ihre CO2-Emissionen bis spätestens 2030 um 30% und ihre Diesel-Emissionen um 90% zu reduzieren. Dazu soll eine Klimaschutzvereinbarung »Sauberer Schiffsverkehr in Berlin« zwischen dem Senat, Verbänden und Reedereien geschlossen werden.

Berlin könne bei der Umstellung insbesondere der Fahrgastschifffahrt auf umweltfreundliche Antriebe Vorreiter sein. »Das ist unser Ziel«, sagte der Sprecher für Klima- und Umweltschutz der Grünen-Fraktion, Georg Kössler.

»Wenn Touristen sich wundern, dass ein Dampfer vorbeifährt und es nicht knattert oder dampft, haben wir dieses Ziel erreicht.«

In Berlin gibt es ungefähr 130 Fahrgastschiffe, davon sind 75 im Berliner Reedererverband organisiert, hinzu kommen etwa 30 Fähren bei der Stern und Kreisschiffahrt und rund 25 nicht vereinsgebundene Schiffe.

»So wie es für Autobahnen keine Umweltzone gibt, so wenig wird es wohl Umweltschutzzonen für einzelne Wasserstraßenabschnitte geben, wie es aber in einer Bundesratsinitiative angefragt wurde und sich der Senat von Berlin wohl wünschen würde. Wie soll das bei internationalen und langlaufenden Verkehren auf den Wasserwegen auch funktionieren?«, fragt Ingo Gersbeck, Geschäftsführer des Berliner Reederverbandes. Deswegen sei eine enge Abstimmung möglicher Maßnahmen zwischen Senat, Verbänden und Reedereien notwendig, Die Berliner Fahrgastschifffahrt habe sich bereits in den vergangenen Jahren intensiv mit dem Thema Umweltschutz durch verminderte Abgaswerte für die Schiffsflotte beschäftigt. Einige Fahrgastschiffe würden auch schon in aufwendigen und kostenintensiven Umbaumaßnahmen mit Rußpartikelfiltern ausgestattet. Es würde selbstverständlich begrüßt werden, wenn den Unternehmen in der Binnenschifffahrt umfänglich bezahlbare neue Motoren und Filtersysteme zur Modernisierung zur Verfügung stehen würden, wie man das von der Pkw-/Lkw-Seite her kenne. »Leider sind die geforderten Motoren für Binnenschiffe, die nach der neuen Richtlinie für nicht-straßengebundene Maschinen und Geräte (NRMM) bestimmte Grenzwerte einzuhalten haben, bis heute am Markt gar nicht erhältlich. Und Filtersysteme stellen aufwendige Einzelanfertigungen bzw. Einzelanpassungen dar, die im hohen fünfstelligen Eurobereich anzusiedeln sind«, erläutert Gersbeck.

Es seien also seitens des Berliner Senats Überlegungen anzustellen, wie der Branche ein schneller und bezahlbarer Umstieg auf »saubere Binnen- und Fahrgastschiffe« ermöglicht werden könnte.

»Auch für die Umsetzung von Landstromanlagen an den Liegestellen bedarf es der Klärung, wer die durchaus teure Infrastruktur hierfür bereitstellt und unterhält. Auch hierzu fehlt eine verbindliche Aussage des Senats«, sagt Gersbeck. Es seien also noch einige Punkte wie die Verfügbarkeit und Bezahlbarkeit von Modernisierungsmaßnahmen zu klären, die an einem Runden Tisch, bestehend aus Senat, Reedereien und Verbänden, besprochen werden könnten.

»Der Senat hat aber vorher seinen Beitrag dazu verbindlich festzulegen und vorzustellen«, fordert der Geschäftsführer des Berliner Reederverbands. Auch sollte auf die Reedereien und Verbände gezielt zugegangen werden und nicht über Pressemitteilungen.

Der Reederverband der Berliner Personenschifffahrt, der ein Platzangebot für knapp 10.000 Fahrgäste in Berlin vertritt, wurde nach eigenen Angaben bislang noch nicht von Seiten des Senats kontaktiert. Er stehe aber ausdrücklich für Gespräche zur Verfügung und sei an einer umsetzbaren Klimaschutzvereinbarung zwischen Senat, Verbänden und Reedereien stark interessiert, bekräftigt Gersbeck.

Andreas Behrendt, Geschäftsführer der Stern und Kreisschifffahrt, mit 30 Schiffen und Fähren größte Fahrgastreederei in Berlin, begrüßt die Senatsinitiative, ist aber der Auffassung, dass die hohen Umrüstungskosten auch mit Fördermitteln erleichtert werden müssen. Sonst wäre es bis 2030 nicht möglich, das zu schaffen.

»Wir würden ohne weiteres so eine Klimaschutzvereinbarung eingehen, wenn sie denn für die gesamte Schifffahrt gelten würde, also für Fracht-, Fahrgast- und Sportschifffahrt. Drei Schiffe und die Wannseefähre von uns haben bereits Partikelfilter. Zwei davon sind nachgerüstet«, so Behrendt.

Außerdem habe sein Unternehmen bereits zwei Umweltprojekte angestoßen, wobei eins davon Hybridantriebe für Fahrgastschiffe betreffe und das andere die Prüfung, inwieweit bestehende Schiffe mit Rußpartikelfiltern nachgerüstet werden könnten. Dazu stehe man mit der Senatsverwaltung in Kontakt.

Die Reederei Riedel sei Berichten zufolge bereits ein Stück weitergekommen und habe sich die Nachhaltigkeitsziele als Selbstverpflichtung auferlegt. Die Riedel-Flotte umfasst 16 Schiffe. Davon ist die »Spree-Diamant« bereits seit 2013 an der Hauptmaschine und dem Stromaggregat mit Rußpartikelfiltern ausgerüstet und mehr als zehn Schiffe seien in den vergangenen Jahren mit neuen, schadstoffarmen Motoren ausgestattet worden, erklärte Riedel-Geschäftsführer Lutz Freise. »Drei weitere erfolgen bis zum Saisonstart im Frühjahr«, so Freise. Die Kosten pro Schiff lägen bei 80.000€. Zuschüsse des Bundes würden 20 bis 30% ausmachen. Man denke über weitere Nachrüstungen nach, aber 50 bis 60.000€ pro Maschine müssten auch erstmal verdient werden.

Freise kritisiert aber auch die herstellende Industrie, welche Generatoren und Schiffsmotoren serienmäßig noch ohne Partikelfilter ausliefere, was die Angelegenheit für den Reeder verteuere.

Er führte weiter aus, dass Riedel auch ein solarbetriebenes Schiff besitze, dessen Akkumulatoren jedoch durch einen Systemfehler zerstört worden seien. Ob es bis zum Saisonstart wieder fahrfähig sei, wisse er noch nicht. Außerdem bemängelt er, dass für einen Regelbetrieb in der Hauptsaison die Speicherkapazität nicht ausreichend sei.

Grundsätzlich sei sein Unternehmen aber bereit, mit dem Berliner Senat in diesem Anliegen konstruktiv zusammenarbeiten zu wollen, wünsche sich aber auch entsprechende Unterstützung von staatlicher oder städtischer Seite.

Jens Schwanen, Geschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Binnenschifffahrt (BDB), räumt die Notwendigkeit ein, die Antriebsmaschinen mit schadstoffmindernden Aggregaten auszurüsten. Er ist aber der Ansicht, dass sich kleine Reeder oder Partikuliere die hohen Nachrüstungskosten nur schwerlich leisten könnten. Die Senatsinitiative lehne er nicht ab, finde sie aber auch nicht hilfreich. Er appeliere mehr an die EU, die für 2020 niedrigere Schadstoffgrenzwerte für neue Motoren für Binnenschiffe festgelegt habe, dass sie diese durch entsprechende Fördermittel unterstützen sollte.

Platzproblem bei Nachrüstungen

Um seine eigene Forderung zu unterstützen, erläuterte SPD-Umweltexperte Daniel Buchholz, stelle der Senat im Doppelhaushalt 2018/2019 rund 600.000 € Fördermittel zur Verfügung, was von den Oppositionsparteien als viel zu gering eingeschätzt wird.

Wir fragten den Geschäftsführer der Werft Malz, Ralf Lörke, dessen Schiffswerft auf die Umrüstung und Neumotorisierung von Schiffen und Booten aller Art spezialisiert ist. »Natürlich kann man es nur begrüßen, wenn eine politische Obrigkeit darauf drängt, auch bei Schiffen die Schadstoffbelastung der Umwelt zu mindern. Und wir sind gern bereit, auch unseren Beitrag dazu zu leisten. Aber die zuliefernde Industrie bietet keine Motoren an, die gleich mit Rußpartikelfiltern ausgeliefert werden.«

Wenn die EU oder der Senat von Berlin solche Forderungen aufmachten, sollten auch für die Schiffseigner entsprechende Fördermittel festgelegt werden. »Ein Partikulier oder kleiner Reeder kann sich meines Erachtens kaum leisten, sein Schiff mit einem Rußfilter nachrüsten zu lassen. Die Schiffe, die wir neumotorisieren, es sind meistens kleine Arbeitsschiffe oder Fahrgastschiffe und Polizeiboote, mit einem Rußfilter nachzurüsten, wäre teurer, als eine neue Hauptmaschine kostet. Und außerdem bieten die Maschinenräume gar nicht den Platz dafür.« Und außerdem: Der Rußfilter ist meistens ebenso oder größer als die Hauptmaschine, womit sich auf Schiffen, die vor 20 Jahren oder früher gebaut wurden, gar kein Platz findet.« Für Schiffsneubauten, so Lörke, sollte sich die Motoren herstellende Industrie von vornherein darauf einrichten, die künftigen Umweltforderungen im Voraus einzuplanen. Für Nachrüstungen ist auf alten Schiffen meist kein Platz, und die Kosten sind höher als die der Hauptmaschinen.


Christian Knoll