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Der ZKR-Jahresbericht 2017 vergleicht Emissionen von Binnenschiffen mit Schiene und Straße, basierend auf Studien des Forschungsinstituts CE Delft. Fazit: Viel ist verbesserbar, finanzierbar sind eher betriebliche Maßnahmen, weniger neue Technik

Die Untersuchung verfolgt den Ansatz, die Emissionen der Verkehrsträger einzubeziehen. Dieser »Well to wheel«-Ansatz soll auch den konkurrierenden Güterverkehr auf der Schiene und die dafür maßgebliche Stromerzeugung berücksichtigen, denn 80% des Schienengüterverkehrs ist heute vom Elektroantrieb abhängig.

Grundlage für die Anrechnung dieser Emissionen aus der Stromerzeugung ist der Energiemix der Niederlande. Vom Ursprung der jeweiligen Energiequelle (»Well«) bis zur freigesetzten Bewegung (»Wheel«) kalkuliert die Studie alle Faktoren weitestgehend ein. Ziel ist jedoch keine in jedem Detail dem Schiff gerecht werdende Untersuchung, sondern eine »kurze Übersicht über das ökologische Profil der Binnenschifffahrt im Vergleich zu den beiden Landverkehrsträgern Straße und Schiene«.

Die Studie beruht auf der Erfahrung des niederländischen Forschungsinstituts CE Delft mit entsprechenden Vergleichen. Das Institut veröffentlichte 2016 eine Untersuchung basierend auf technischen Daten von 100 Binnenschiffen von BLN-Schuttevaer. Dabei bezogen die Experten Schiffsparameter (Länge, Breite, Tiefgang und Kapazität), jährlich beförderte Tonnage, jährlich gefahrene Distanz (beladen und leer), das Fahrgebiet sowie den jährlichen Dieselverbrauch ein.

Daraus wurden der Energieverbrauch pro Tonnenkilometer und die CO2-Emissionen für unterschiedliche Schiffstypen ermittelt. Auch die Motorentypen der beteiligten Schiffe flossen in die Berechnung ein. Die Studie erfasst zudem die gebräuchlichen Typen der jeweiligen Verkehrsträger, um reale Ladekapazitäten zu vergleichen. Feinstaub als relevante Größe von Lkw kommt ebenfalls zum Tragen.

In Hinblick auf die Abgase unterscheidet die ZKR zwischen Treibhausgasen, »GHG« genannt, und anderen Emissionen, die als »Schadstoffemissionen« thematisiert werden. Die erste Kategorie macht vorrangig CO2 aus, während zur zweiten Stickoxide, Feinstaub, Kohlenwasserstoffe und Kohlenmonoxid gerechnet wird.

Im Vergleich schneidet das Binnenschiff insgesamt gut ab: »Nach den Zahlen scheint das Gesamtfazit zu sein, dass Binnenschiffe relativ wenig Treibhausgase emittieren, aber im Vergleich zu Schiene und Lkw relativ hohe Werte bei den Schadstoffemissionen aufweisen können. Daher ist es sinnvoll, über Maßnahmen zur Emissionsreduzierung nachzudenken, besonders im Binnenschifffahrtsektor.« Der Verkehrsträger Binnenschiff ist somit weniger potenziell klimaschädlich, sondern wenn, dann eher bei den gesundheitsbeeinflussenden Schadstoffen verbesserbar. Wie, das hängt stark von seiner Größe ab: »Größere Schiffe haben einen geringeren Kraftstoffverbrauch pro Tonnenkilometer und daher geringere Emissionen pro Tonnenkilometer als kleinere.« Ein 4er-Schubverband schneidet beim CO2-Ausstoß fast doppelt so gut ab wie ein Rhein-Herne-Kanal-Schiff, jedenfalls wenn man Tonnenkilometer gegenüberstellt.

Im direkten Vergleich mit Schiene und Lkw zeigen die repräsentativen Zahlen die Vorteile des Binnenschiffs beim CO2-Ausstoß gegenüber dem Lkw. Moderne Schub- und Koppelverbände sind zumindest mit dem Schienendiesel gleich auf. »Bei den CO2-Emissionen weisen alle Binnenschiffstypen niedrigere Werte als der gebräuchlichste LKW-Typ (Sattelschlepper) auf, aber höhere Emissionen als der gebräuchlichste Typ von Schienenfahrzeugen (elektrische Bahn).«

Der Vergleich legt drei Ansätze nahe, den Schadstoffausstoß zu mindern: »Es gibt bereits technische, betriebliche und verkehrstechnische Maßnahmen, um die Emissionen zu begrenzen, die Kosten für die Umsetzung beschränken jedoch die Verbreitung am Markt.« Für diese drei verschiedenen Maßnahmen werden einzelne Optionen nach Anwendbarkeit, Rückgang des Energieverbrauchs, zusätzlichen Kosten und Amortisationszeit aufgeschlüsselt.

Technische Maßnahmen sind dabei in der Regel wegen ihrer hohen Kosten nicht die erste Wahl: Bei SCR-Verfahren ist der Preis einer durchaus effizient möglichen Nachrüstung »fast so hoch wie der Preis für einen neuen Motor«. Ein Umstieg auf Flüssigerdgas wirke sich wenig auf den CO2-Ausstoß aus, zudem drohe Methanschlupf, während bei LNG die Investitionen so hoch seien, dass der Treibstoff günstiger werden müsse, um sich in absehbarer Zeit bezahlt zu machen. Förderprojekte für LNG-Schiffe wie der LNG Masterplan Rhein-Main-Donau könnten einen Beitrag leisten, »dass die Investitionskosten für LNG weiter sinken, wenn mehr Schiffe LNG verwenden«. Viel Technik, die der Umwelt zugute kommt, bleibt außen vor, weil sie kaum bezahlbar ist. So könnten Verbundstoffe laut Studie den Energieverbrauch bis zu 15% senken, würden aber den Rumpf eines Neubaus um 30% teurer machen. Die Studie legt damit ein Grunddilemma frei: Für Eigner kleinerer und älterer Einheiten, wo technische Maßnahmen die größten Umwelteffekte heben könnten, sind sie schlicht unbezahlbar.

Bei Abwägung der konkreten Optimierungen hätten betriebliche Maßnahmen dagegen ein sehr gutes Kosten-Nutzen-Verhältnis, da sie günstig und einfach umzusetzen sind und sehr kurze Amortisationszeiten vorweisen können. Wichtige Beispiele hierfür sind die reduzierte Geschwindigkeit und Reiseplanung. »Theoretisch existieren viele Maßnahmen zur Emissionsreduzierung für die Binnenschifffahrt, aber ihre Anwendung ist häufig sehr teuer und daher schwer

in eine Marktstruktur mit einem hohen Anteil an Familienunternehmen zu integrieren. Möglicherweise erzielen betriebliche Maßnahmen hier die höchste und schnellste Rendite«, so ein Fazit der Studie.

Maßnahmen des Verkehrs- und Transportmanagements können ebenfalls einen Beitrag leisten, der aber schwer zu beziffern ist. So tragen AIS/RIS/Inland ECDIS in »hohem« Maß zum Rückgang des Energieverbrauchs bei. Das Gleiche gilt für weniger Leerfahrten. Auf eine Verbesserung der Schnittstellen in den Häfen haben die Schiffseigner kaum Einfluss, auch wenn hier ebenfalls hohe Potenziale für einen energieeffizienten und damit umweltschonenderen Betrieb zu heben wären.

Die Studie macht mit Blick auf strengere Emissionsstandards für neue Motoren ab 2019 klar, dass die Zeit zum Handeln für alle Akteure drängt. Nur LNG- oder Abgasnachbehandlungssysteme könnten die neuen Grenzwerte einhalten. Dann werde sich die Bilanz des Binnenschiffs verbessern: »Schadstoffemissionen sollten mit der schrittweisen Integration der neuen Motoren in die Flotte zurückgehen«, erwartet die Studie.


Sverre Gutschmidt