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Seit Mai 2017 ist das Personenschiff »Diamant« der Schifffahrtsgesellschaft des Vierwaldstättersees auf dem gleichnamigen Gewässer im Einsatz. Schon nach der ersten Saison lässt sich sagen, dass das parallel-hybride Energie- und Antriebssystem die Erwartungen erfüllt

Das vom Schweizer Unternehmen Shiptec entwickelte Hybridsystem umfasst eine Antriebsanlage, bestehend aus zwei Scania DI13-Motoren mit einer Leistung von je 403kW und zwei permanenterregten Synchroelektromotoren von Siemens, die jeweils 180kW leisten. Zwei Generatorpakete von Siemens/Sisu sorgen darüber hinaus für eine sichere Versorgung des Bordnetzes bei sehr hoher Bordnetzauslastung.

Das Hybridsystem basiert auf einem sogenannten »Peak-Shaving-Concept«, wodurch die für den Kraftstoffverbrauch relevanten Komponenten einem Downsizing unterzogen werden können. Dies wiederum bildet die Basis für die angestrebten Verbrauchseinsparungen sowie für die Einsparungen bei den restlichen Betriebskosten, die durch Service, Wartung und Wiederbeschaffung entstehen.

Nach ausgiebigen, dynamischen Messungen und intensiven Analysen verschiedener Fahrprofile im Einsatz, wurde damals die parallel-hybride Systemarchitektur entwickelt und dank speziell entwickelter Tools auch simuliert. »Dieses Vorgehen hat sich bei der Auslegung und danach auch im Betrieb bewährt«, sagt Martin Einsiedler, der bei Shiptec für den Bereich Engineering & Schiffsentwurf verantwortlich ist.

Diese Kombination von realen Messdaten und Simulationen bei der Entwicklung unterstützt den von Shiptec angestrebten ganzheitlichen Ansatz, welcher den Antrieb sowie das generelle Energiemanagement für alle Bord-Energieverbraucher umfasst und vernetzt. Die unterschiedlichen Teilsysteme werden dabei mit Hilfe eines dynamischen Managementsystems so gesteuert bzw. geregelt, dass die in den Lastprofilen für Antrieb und elektrischem Bordnetz vorhandenen, massiv transienten Vorgänge so geglättet werden, dass verschiedene Dieselmotoren (mit Partikelfilter) als Hauptenergieerzeuger in ihren optimalen Betriebspunkten arbeiten oder dank der Batteriepufferung ganz vom System weggeschaltet werden können. Dies sei erforderlich, um jederzeit die geforderte Systemdynamik für Antrieb und Bordnetz zu gewährleisten.

Shiptec arbeitete bei der Entwicklung und Umsetzung mit verschiedenen Systempartnern zusammen. Gemeinsame Vorabstudien und Vorabsimulationen mit der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich und der Klassifikationsgesellschaft DNV GL bzgl. Kraftstoffeinsparpotenzial und Betriebssicherheit, prognostizierten eine Verbrauchs- und CO2-Reduktion in einer Größenordnung zwischen 14 bis 17% sowie die im Schiffsbetrieb absolut notwendige Betriebssicherheit.

»Diese Erwartungen wurden im ersten Betriebshalbjahr bestätigt, bzw. übertroffen«, berichtet Einsiedler. Nach Auswertung der vorliegenden Messdaten habe sich bereits nach dieser relativ kurzen Betriebsdauer gezeigt, dass sich beim Kraftstoffverbrauch gegenüber vergleichbaren Schiffen auf ähnlichen Fahrplankursen ca. 18 bis 25% einsparen ließen. Die Einsparungen bei den gewöhnlichen Unterhaltskosten an den Dieselmotoren lägen gar bei ca. 30 bis 40%, so Einsiedler. Die relativ große Spanne (7%) bei der Kraftstoffeinsparung sei auf die Bewertung des Anteils der für das elektrische Bordnetz benötigten Energie zurückzuführen, erläutert der Fachmann. Die hier aufgeführten Zahlen gehen davon aus, dass der Kraftstoffverbrauch bei normalen Dieselgeneratoren bei ca. 193g/kWh liegt, was eher als optimistisch angesehen werden könne. Entsprechend würde der bei einem hybriden Antriebssystem nicht einfach zu trennende Anteil für die elektrische Bordnetzlast eher steigen und der Anteil, welcher für den Antrieb aufzuwenden sei, eher noch weiter sinken.

Um diese Aufteilung noch weiter zu präzisieren und um die hier gezeigten Ergebnisse weiter zu verifizieren sowie zusätzliche Optimierungspotenziale im System zu identifizieren, werden in einem bis in den Dezember 2019 laufenden, weiterführenden Monitoringprojekt, kontinuierlich Daten erfasst und ausgewertet.

Laut Shiptec kann aber schon jetzt gesagt werden, dass das neue System nicht nur in einem spezifischen Schiff optimal angewendet werden kann und die angestrebten Potenziale ausgeschöpft werden können, sondern dass es auch in seiner Flexibilität und Größe so veränderbar ist, dass es auf jeder beliebigen Einheit anwendbar ist – sei es im Fahrplandienst oder entsprechend angepasst, auch bei anderen Einsatzprofilen.