»Die Schifffahrt wird bunter«

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2020 stehen der Schifffahrt große Herausforderungen in Sachen Kraftstoff und Emissionen bevor. Der Handlungsdruck, was Alternativen angeht, wächst

Das Interesse ist da und macht die Brisanz der Thematik deutlich: Rund 300 Besucher kamen zum Workshop »Alternative Kraftstoffe«, der gemeinsam vom Verband Deutscher Reeder (VDR), dem Arbeitskreis Bunkeröle der Mineralölverbände AFM + E und FPE, dem MARIKO und dem Kompetenzzentrum GreenShipping Niedersachsen in Hamburg und Leer ausgerichtet wurde.

Die hohe Resonanz spiegelt auch nach Ansicht von Ralf Nagel, geschäftsführendem Präsidiumsmitglied des VDR, den großen Handlungsdruck wider, der sich aus den Änderungen in MARPOL Annex VI für die Reedereien ergibt. Ab 2020 wird für Seeschiffe der zulässige Schwefelanteil im Brennstoff um 86% auf 0,50% gesenkt.

Um Wege zu finden, die neuen Vorgaben zu erfüllen, stehen bisherige Erfahrungen mit Lösungen wie LNG, Methanol, Abgaswäschern oder niederschwefligem Kraftstoff im Fokus. In Emissionskontrollgebieten (ECA), wie es sie etwa in Nord- und Ostsee gibt, hat man bereits Erfahrungen im Umgang mit 0,1%-Schwefelanteil im Kraftstoff gesammelt, die sich teils auf die neuen globalen Vorgaben übertragen lassen. Die Vielfalt an möglichen Kraftstoffen und Gemischen, das Umschalten zwischen verschiedenen Typen bleibt laut Usman Muhammad von der Klassifikationsgesellschaft Lloyd’s Register aber eine Herausforderung. Viele Fragen blieben zu klären, was Stabilität, Viskosität, Kompatibilität oder Korrosivität neuer Gemische – die zum Teil erst noch entwickelt werden müssen – angehe. »Aber die Übergangsphase beginnt jetzt, fangen Sie jetzt mit der Vorbereitung an«, so Muhammad.

Um die Einführung alternativer Brennstoffe voranzutreiben, bedarf es erheblicher Anstrengungen im Bereich von Forschung und Entwicklung und Unterstützung der Anwender. Einen Einblick in Projektansätze zu LNG, Methanol und Windantrieben gab Cathrin Prikker, Projektmanagerin im Kompetenzzentrum GreenShipping Niedersachsen/MARIKO. Zusammen mit Professor Friedrich Wirz von der TU Hamburg-Harburg (TUHH) rief sie die Reeder auf, sich in Innovationsprojekten einzubringen.

An Muhammad anknüpfend berichtete Wirz, dass seit 2015 das Umschalten von Schweröl auf niederschwefligen Kraftstoff bei der Einfahrt in ein ECA viele Probleme verursacht habe. Nun werde die Vielfalt noch größer, darauf müssten die Anlagen vorbereitet werden, ein automatisiertes Kraftstoffsystem sei die Lösung: »FlexiFuel«, ein Projekt von TUHH, MAN Diesel & Turbo, Dem Förderkreis Preiswert-Energie (Verband der deutschen Bunkerlieferanten), ERC, Total, MacGregor, Mabanaft und VDR, das in diesem Jahr starten soll.

Für die, die sich für konventionelle Kraftstoffe und Scrubber entscheiden, präsentierte Ralf Jürgens von ERC Technik einen Überblick über die verschiedenen Möglichkeiten und referierte zudem über die Ansätze zur Feinstaubreduzierung. Laut einer Untersuchung von MAN habe die Kraftstoffwahl kaum Einfluss auf die sogenannten Black Carbon Emissions, elementaren Kohlenstoff, der kaum wirtschaftlich gefiltert werden könne. Damit werde LNG umso interessanter.

Für Gerhard Untiedt von der Meyer Werft ist »LNG der Kraftstoff der Stunde und wird es auch noch lange bleiben.« In der Zukunft schreibt er den »E-Fuels« eine große Bedeutung zu, diese werden aus Biomasse oder Erneuerbarem Strom, Wasser und Kohlenstoff hergestellt. Auch Henning Joswig, Senior Manager Strategy & Technology beim Energieversorger innogy, meint, die Dekarbonisierung des Langstrecken- und Schwerlastverkehrs, der Binnenschifffahrt und Luftverkehr erfordere CO2-neutrale Kraftstoffe mit hoher Energiedichte.

Frank Bonaldo, Referatsleiter »Energiewende in der Mobilität, Kraftstoffmärkte« im Bundeswirtschaftsministerium, erklärte, die Herausforderungen der Energiewende seien gewaltig, alle Sektoren müssten zur Erreichung der Ziele beitragen. Verschiedene Antriebs- und Kraftstoffkonzepte hätten unterschiedliche Stärken und Schwächen, maritime Transportteilmärkte würden mit unterschiedlichen Antriebstechnologien bedient. »Die Schifffahrt wird bunter«, meinte er. Dabei werde der Staat eine wichtige Rolle spielen, dabei jedoch stets auf das »BUS«-Prinzip achten: Bezahlbarkeit, Umweltverträglichkeit, Sicherheit der Energieversorgung zur Sicherung von Wohlstand und Freiheit.