Print Friendly, PDF & Email

Bitumentanker sind ein eher seltener Schiffstyp auf den europäischen Flüssen und Kanälen. Die Reederei Jaegers hat nun den Bestand dieser Flotte mit dem Neubau »Edgar Jaegers« aufgestockt

Wenn alle Blommaert-Luken geschlossen sind, erkennt man erst auf den zweiten Blick, dass der 110 m lange Neubau in den typischen Jaegers-Farben blau und schwarz eine heiße Fracht an Bord hat. Erst beim Blick durch die geöffneten Luken offenbaren die dicken, stark isolierten Leitungen, dass hier für das Produkthandling besonderer Aufwand nötig ist. Denn in den Tanks, im Leitungswerk und in den Pumpen können Temperaturen von bis zu 250 °Celsius entstehen.

Angenehmere Temperaturen gab es hingegen bei der festlichen Taufe des Bitumentankers in Duisburg-Ruhrort. Hedy Jaegers, die Ehefrau des verstorbenen Namensgebers, Edgar Jaegers, war sichtlich angetan, dass nun wieder ein Schiff mit diesem Namen zur Flotte der Reederei Jaegers gehört, die heute unter anderem von ihrem Sohn Gunther geführt wird. Das namensgleiche Vorgängerschiff war 2016 verschrottet worden.

Mit einem Cuttermesser als Werkzeug durchtrennte die Taufpatin das dünne Seil, an dessen anderen Ende die Sektflasche mit einem perfekten Bruch an der Schiffswand zerschellte. Das soll, so der Seemansglaube, Glück für Schiff und Besatzung bringen.

Gebaut wurde das Schiff auf der TeamCo Werft in Heusden. Ein Teil der von PSI aus Papendrecht gebauten Rohrleitungen war bereits auf der De Jonge-Werft in Kladovo vorinstalliert, wo das gesamte Kasko entstand. Mit Blick auf Nachhaltigkeit hatten die Konstrukteure dem Schiff ein groß bemessenes Vorschiff mit Bulbsteven gegeben. Das Achterschiff ist dafür schlank gehalten, aber breit genug, um den 1,45 m großen Schrauben in doppelter Ausfertigung Halt zu geben. Zudem entschied man sich für den Einbau des Easy-Flow-Rudersystems. Funktionalität, gute Manövrierbarkeit und eine hohe Tragfähigkeit waren die Vorgaben für den Schiffsentwurf.

Die sieben Tanks, die in Summe rund 2.600m³ Ladung aufnehmen können, sind thermisch so isoliert, dass keine Wärme an die Außenwand oder an wichtige, tragende Teile dringt. Ein Tank ist mit einem Mittellängsschott versehen. Optimale Isolierungen sind auch für alle weiteren Ausstattungen gegeben, die mit der heißen Ladung in Berührung kommen können. Die sichtbaren Isolierungen der außen stehenden Bornemann Pumpen (W8.5z-47/1 mit je 300m³/h Förderleistung gegen 10 bar) lassen erkennen, welcher Aufwand hier nötig war.

Die Konstruktion des Schiffes und seiner Ladetanks ist so ausgelegt, dass eine spätere Erweiterung des Schiffes auf den Typ C möglich und die Erhöhung des Einstelldrucks der Sicherheitsventile von +10 auf +50 kPa bereits vorbereitet sind. Das Gaspendelsystem ist mit Protego-Armaturen der Firma Braunschweiger Flammenfilter ausgerüstet und erfüllt bis zu einer Betriebstemperatur von +200 °C die Explosionsgruppe IIB3. Alle Armaturen sind dabei mit einem Heizmantel ausgerüstet und werden dadurch optimal auf Temperatur gehalten.

Die gesamte Bordelektrik ist von Werkina aus Werkendam geliefert und installiert, mit Zulieferungen von Berg Maritiem, Hoveko und Schwarz. Der komplette Rohrleitungsbau des Lade-/Lösch- und Heizsystems wurde von der PSI Pijpleidingen aus Papendrecht geliefert und installiert. Nicht allein die Wärmeentwicklung forderte die Aufmerksamkeit. Auch das Schrumpf- und Dehnungsverhalten der Materialien musste bei allen Installationen berücksichtigt werden. Das gesamte Lade- und Leitungssystem ist auf einen Betriebsdruck von 12 bar getestet.

Für die Erzeugung der Transportwärme wurde im Vorschiff ein Konutherm-Kessel mit einer Wärmeleistung von 2.300 kW installiert. Natürlich ist das gesamte Heizsystem mehrfach auf Sicherheit ausgelegt, das Schiffszertifikat von Lloyd’s belegt die Erfüllung der hohen Anforderungen.

Als Wärmeträger für die Heizsysteme wird thermisches Öl verwendet, dessen Ausdehnungsverhalten den Einbau von Ausdehnungsgefäßen mit Wärmespeicher nötig machte. Über einen Wärmetauscher wird ein zweiter Heizkreislauf bedient, mit dem Waschwasser auf Temperatur gebracht wird. Alternativ kann die Ladung auch mit Dampf von der Landseite beheizt werden. Das Antriebssystem besteht aus zwei Hauptmaschinen Cummins Q5K19M mit je 559 kW Leistung bei 1.800 U/min. Das fünffach untersetzende Getriebe von Reintjes (WAF 562) gibt die Antriebskraft weiter an die beiden Propeller in Düsen von Promarin. Die Easy Flow Ruderanlage von De Waal kann mit vier Ruderblättern reagieren. Bugseitig ist ein Verhaar-Steuergitter-Bugstrahler installiert, der mit 393 kW bei 1.800 U/min arbeitet.

An Stromaggregaten erzeugen zwei Cummins QSL9-G7, ein QSB7-DM und ein QSB5-G5 Generator eine maximale elektrische Leistung von jeweils 344 kVA, 205 kVA und 108 kVA.

Für Gunther Jaegers ist der neue Bitumentanker ein folgerichtiger Schritt auf dem Weg zur Modernisierung der Jaegers-Flotte. Die umfasst unter den rund 200 Schiffen rund zehn Tanker, die ebenfalls auf den Transport von Bitumen und vergleichbaren Erzeugnissen ausgelegt sind. Bei der Tauffeier des nach seinem verstorbenen Vaters benannten Schiffes war sich Firmenchef Gunther Jaegers sicher: »Mein Vater wäre sehr stolz darauf«.

Der neue Typ N Tanker wird mit den Bitumenladungen an Bord zwischen der belgisch-niederländischen Küste und Karlsruhe den Rhein befahren.

Die Taufgäste ließen es sich natürlich nicht nehmen, auch die weiteren Einrichtungen des Tankers in Augenschein zu nehmen. Dabei beeindruckte das Steuerhaus von Kampers mit der Einrichtung von Wessels aus Haren ebenso wie die auch von Wessels modern ausgestatteten Wohnräume mit fünf Schlafräumen, zwei großen Küchen und zwei Bädern. Von den Wohnräumen gibt es einen direkten – und schnellen – Zugang zum Steuerhaus.


Hermann Garrelmann