v.l.: Peter Tamm, Johann Killinger, Monika Breuch-Moritz, Peter Tschentscher, Enak Ferlemann und Gerhard Adrian
v.l.: Peter Tamm, Johann Killinger, Monika Breuch-Moritz, Peter Tschentscher, Enak Ferlemann und Gerhard Adrian. Foto: BSH
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Die Eröffnung der Norddeutschen Seewarte am 1. Januar 1868 war der Beginn der maritimen Verwaltung, der Meeresforschung und der maritimen Meteorologie in Deutschland. Die heutigen Nachfolger, Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) sowie der Deutsche Wetterdienst (DWD), haben den runden Geburtstag nun gemeinsam im Internationalen Maritimen Museum Hamburg (IMMH) gefeiert.

Das Museum in der Hamburger Speicherstadt bot den würdigen Rahmen für einen Festakt, um an die Eröffnung der Norddeutschen Seewarte zu erinnern, die am 1. Januar 1868 ihre Arbeit aufnahm. Das Museum präsentiert zudem unter dem Titel »Über Wasser – Unter Wasser«, eine Sonderausstellung mit teilweise historischen Einzelstücken. DWD und BSH haben die Ausstellung gemeinsam konzipiert. Am 31. Mai war sie erstmalig für die rund 150 Festgäste zugänglich und ist seit 2. Juni offen für die Öffentlichkeit bis Ende August 2018.

Wir haben hier »hervorragende wissenschaftliche Institute« – mit diesen Worten würdigte Enak Ferlemann, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI), die Arbeit des DWD und des BSH. Er hob besonders den langjährigen Einsatz der beiden Nachfolgeorganisationen der Seewarte hervor.

Der Hausherr und Vorstand des IMMH, Peter Tamm, wies noch auf ein drittes Jubiläum hin, denn vor zehn Jahren hatte sein Vater die Eröffnungsrede für das IMMH gehalten. Vor 140 Jahren war der Kaispeicher als zehnstöckiges Backsteingebäude fertiggestellt worden, in dem sich das Museum heute befindet, und vor 150 Jahren eröffnete Wilhelm von Freeden die Norddeutsche Seewarte.

»Was wäre die Menschheit ohne Schifffahrt? Ohne Schifffahrt hätte es über Jahrtausende hinweg keine Begegnung von Menschen an den jeweiligen Ufern gegeben, ob es Inseln waren oder Erdteile«, zitierte Tamm aus der Rede seines Vaters von vor zehn Jahren. Beim Betrachten der Exponate gehe es nicht allein um Bewahren, sondern auch darum, Erkenntnisse für die Zukunft zu gewinnen.

Forschung und praktischer Nutzen

Eine kurze Reise durch die Geschichte der Norddeutschen Seewarte sowie ihrer Nachfolgeorganisationen unternahm Peter Tschentscher, Erster Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg, in seinem Grußwort. Grundlagenforschung in Kombination mit praktischer Anwendung und dem Nutzen für die Wirtschaft seien das Erfolgsrezept der Einrichtungen, die damit auch die Modernität und Wettbewerbsfähigkeit der Stadt stärkten. »Die Norddeutsche Seewarte hat im Deutschen Wetterdienst und im Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie würdige Nachfolger gefunden«, so Tschentscher. Beide seien aus Hamburg nicht mehr wegzudenken und auf ihrem Gebiet wegweisend.

»Die Geschichte der Norddeutschen Seewarte enthält viele wichtige Meilensteine, nicht nur für den maritimen Bereich, sondern auch für die Meteorologie insgesamt«, blickte Ferlemann zurück. Als Beispiele nannte er die erste tägliche Wetterkarte, das Warnwesen oder die internationale Zusammenarbeit. Auch die Meereskunde steckte 1868 noch in den Kinderschuhen. Grundlegendes sei hier geschaffen und weiterentwickelt worden, wie etwa die Erhebung von Daten. Sowohl DWD als auch BSH arbeiten an der Digitalisierung der weit zurückreichenden Daten – ein wahrer Schatz, den diese beiden »hervorragenden wissenschaftlichen Institute« bearbeiten und damit »einzigartige Einblicke in die Entwicklung von Klima und Meer« geben. Schon zu von Freedens Zeit sei es darum gegangen, die Schifffahrt sicherer zu machen. Auch diese Aufgabe sei deutlich erweitert worden und beinhalte heute beispielsweise die Wracksuche oder die Kartographie auf See. Aus den Segelanweisungen seien schließlich heute die Routenberatungen entstanden, so Ferlemenn.

Wilhelm von Freeden habe die Reeder aufgefordert, »mit hingebendem Gemeinsinn und verständiger Einfügung in ein gemeinsames System Beobachtungen weiterzugeben und damit die Kenntnis von ozeanischen Strömungen und Winden, den Eigentümlichkeiten der Gezeiten, den Missweisungen des Kompasses, gefährlichen Gleichgewichtsstörungen der Atmosphäre bekanntzugeben«, zitierte Ferlemann den Gründer der Norddeutschen Seewarte. Dies sei für seine Zeit visionär gewesen.

»Viele Ideen von damals, wie zum Beispiel die Qualitätssicherung von Daten oder Marktüberwachung, sind heute aktueller denn je«, sagte BSH-Präsidentin Monika Breuch-Moritz. DWD-Präsident Gerhard Adrian hob die Wichtigkeit der Wetterbeobachtungen auf See hervor, die Schiffe heute nach wie vor durchführen, und ermutigte den Verband Deutscher Reeder (VDR) hierbei weiter tatkräftig zu unterstützen.

Eine rundum gelungene Festveranstaltung

Beim anschließenden Empfang bot sich den Besucherinnen und Besuchern die Gelegenheit, Gespräch zu führen, Themen zu vertiefen und intensiv über Meer und Wetter zu diskutieren. Kolleginnen und Kollegen von DWD und BSH führten Gästegruppen durch die Sonderausstellung. An mehreren Themeninseln standen jeweils DWD- und BSHExpertinnen und Experten zur Verfügung, um Exponate zu erklären, Fragen zu beantworten oder weiterführende Informationen zu geben. Besondere Anziehungspunkte waren unter anderem der meteorologische Arbeitsplatz oder erstmals gezeigte Modelle der BSH-Schiffe.

Sowohl Breuch-Moritz als auch Adrian betonten übereinstimmend: »BSH und DWD haben einiges geschafft. Die Grundsteine, die von Freeden gelegt hat, sind heute in vielen unserer Aufgaben sichtbar. Dies wird auch in der Ausstellung deutlich. Von Freeden und seine Nachfolger haben Maßstäbe und Standards in der Ozeanographie, der Nautik, der Klimatologie und der Meteorologie gesetzt. Daher gilt es allen, die an dieser Ausstellung mitgewirkt haben, ein besonderes Danke zu sagen.« Für beide ist die Zusammenarbeit der beiden Behörden heute so wichtig wie damals bei der Gründung der Norddeutschen Seewarte: »Ozeanographie und Meteorologie stehen in ständiger Wechselwirkung.«