Spätestens mit dem 1. Hafentag im Juli haben die Niederrheinhäfen auf sich aufmerksam gemacht. Doch auch unabhängig davon verliefen die letzten Monate in Wesel, Emmerich und Orsoy erfolgreich
Das Gesicht der Häfen in Wesel, die unter dem Begriff Deltaports arbeiten, hat sich in den vergangenen Monaten mächtig verändert. Der Stadthafen bekam mit der neuen Kaianlage, mit dem Abriss des Mischfutterwerkes der RWZ und drei neuen Silotürmen einer Agrargenossenschaft eine gänzlich neue Silhouette. Im Rhein-Lippe-Hafen glänzt das neue Lagergebäude des Schwerlastterminal in kräftigem Blau, die Kaianlage an der nördlichen Hafenkante mit einem Investment von 9Mio. € ist fertig gestellt. Baureif erschlossene Gewerbegebiete warten auf neue logistikaffine Betriebe.
Auch der dritte Hafenstandort in Wesel, der Hafen in Emmelsum hat eine Metamorphose hinter sich. Contargo richtete an der Westseite des Hafenbeckens einen neues trimodales Containerterminal ein. Obwohl erst seit März 2017 in Betrieb, wurden im Startjahr bereits mehr als 20.000TEU umgeschlagen. Für das laufende Jahr geht man von einer Verdoppelung aus. Dazu kann auch der wöchentlich dreimal laufende Pendelzug zwischen dem Containerterminal Dortmund und dem Standort Emmelsum beitragen. Damit bündelt Contargo wichtige Containerströme in Emmelsum.
Derzeit läuft ein Planverfahren für eine Erweiterung dieses Standortes um weitere 15ha. Das Planfeststellungsverfahren umfasst die Verlängerung der bestehenden Kaimauer um 130m auf eine Gesamtlänge von 425m. Dann können dort drei Schiffe mit einer jeweiligen Länge von 135m hintereinander an der Kaimauer anlegen. Außerdem soll die Erweiterungsfläche so angehoben werden, dass sie auch bei Hochwasser nicht unter Wasser steht. Das Gelände müsse nach Angaben der Stadt um vier bis sieben Meter angehoben werden.
Für den Erweiterungsbereich gibt es Pläne zum Bau eines Kühlhauses für temperaturgeführte Waren, die aus der Landwirtschaft in der Region Niederrhein kommen. Die energetischen Versorgung des angedachten Kühlzentrums soll durch Abwärme eines benachbarten Industriebetriebes erfolgen.
Deltaport 4.0
Um Nachhaltigkeit geht es auch bei der Entwicklung der übrigen Erweiterungsfläche der Deltaport-Häfen. Unter dem Arbeitstitel »Deltaport 4.0« soll in Zusammenarbeit mit der Universität Duisburg-Essen Zukunftstrends erforscht werden, welche Zukunftstrends auf die Binnenhäfen einwirken. Dabei geht es um die Themenbereiche Umwelt, Gesellschaft, Politik, Wirtschaft und Wissenschaft. Im Ergebnis soll, so die Erwartung, der Hafenverbund in technischer sowie geschäftlicher Hinsicht nach den erforschten Trends ausgerichtet werden. Die Erkenntnisse sind auch Leitlinie für die nachhaltige Hafenerweiterung.
Das Hafenkonzept für NRW empfiehlt für den Deltaport, an der Bereitschaft zur Herstellung eines Gleisanschlusses für den Rhein-Lippe-Hafen zu arbeiten und dazu die Akquisition eisenbahnaffiner Ansiedlungen zu fördern. Eine Anbindung über den Hafen Emmelsum sei dabei eine vorzugswürdige Option, auch wenn bei dieser Variante etwa die erforderlichen Brückenbauwerke zu Investitionskosten von 17Mio. € führten. »Grundsätzlich wäre auch eine Anbindung an die hoch belastete Betuwe-Linie denkbar, aufgrund der Rahmenbedingungen aber wohl nur schwer umsetzbar«, heißt es im Hafenkonzept. Als weitere Option, die vor Ort bereits diskutiert wird, gelten Planungen zur Einrichtung einer LNG Tankstelle.
Beim diesjährigen »Tag der Logistik« konnte Delta-Port-Chef Andreas Stolte auf eine insgesamt positive Entwicklung hinweisen. Die Umschlagmengen seien 2017 im Vergleich zu 2016 um 4,1% gestiegen. 2017 seien an den drei Hafenstandorten 3,5Mio.t Güter abgefertigt worden. Die wichtigsten Umschlaggüter waren: 1,2Mio.t Futtermittel, Salz und Baustoffe, 540.000t Flüssiggüter und 1,5Mio.t Papier und Papierprodukte.
Der Hafenverbund Deltaport strebe einen weiteren Ausbau der Kapazitäten an und erwarte eine nachhaltige zukünftige Entwicklung. Eine Basis dafür dürfte die Neugründung der Marketingkooperation „Deltaport Niederrheinhäfen GmbH“ sein, zu der sowohl Deltaport als auch die Hafenstandorte Port Emmerich und der NIAG-Hafen in Orsoy gehören.
Einige Kilometer rheinaufwärts der Deltaports, bei Rhein-km 793,8 bis 794,5, ist der Hafen in Orsoy eher ein Solist für den Umschlag von Schüttgut. Weitgehend unabhängig vom Wasserstand des Rheins werden hier bis zu 3Mio. t p.a. umgeschlagen, hauptsächlich zwischen Schiff und Schiene. Betrieben von der NIAG (Niederrheinische Verkehrsbetriebe) arbeitet der Hafen im 24/7-Rhythmus. Drei Gleise mit Doppelzugängen sorgen für einen zügigen Abfluss der per Schiff angelieferten Güter.
Fünfter im Bunde der Marketinggesellschaft Niederrheinhäfen ist der Hafen in Emmerich. Hier werden jährlich »nur« rund 1Mio.t Güter umgeschlagen, die in 2017 über die Kaikanten gegangenen 115.148TEU im Containerbereich stellen aber etwa 75% des Boxenumschlags innerhalb der Hafenorganisation dar.
Flächenmäßig ist der Port Emmerich an seine Kapazitätsgrenzen angekommen, die regionalen Gegebenheiten machen eine Erweiterung schwierig. Zwar gibt es Flächen an der Wasserkante, die allerdings in einem Naturschutzgebiet liegen. Das macht eine weitere Ausdehnung zumindest aufwendig.
Insofern beschränken sich die Empfehlungen aus dem Hafenkonzept auf wenige Bereiche: Die Sicherung des Containerterminals an die zukünftig dreigleisige Betuwe-Linie, die Prüfung von Erweiterungspotenzialen für das Containerterminal und die hafenbezogene Vermarktung vorhandener Flächen an Standorten außerhalb des Hafengebiets in der Grenzregion. Die Empfehlung, eine Kooperation im Containerumschlag mit dem Hafen Emmelsum einzugehen, ist mit dem Engagement bei den Niederrheinhäfen bereits auf gutem Weg. Profitieren können sie auch von den in Grenznähe liegenden und expandierenden Logistikzentren.
Hermann Garrelmann