Hafentag feiert Premiere in Emmerich

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Gemeinsam Marketing ist eine der verbindenden Klammern der Anfang dieses Jahres gegründeten Gesellschaft Deltaport Niederrheinhäfen. Nun gab es in Emmerich den ersten Hafentag

Der Schirmherr des Hafentages, der nordrhein-westfälische Verkehrsminister Hendrik Wüst, schob alle Argumente gegen eine Verlagerung der Verkehre auf die Wasserstraße in nur einem Satz beiseite: »Das Bewusstsein, das etwas geändert werden muss, ist da, das Geld dafür ist auch da.«

Natürlich passte diese Ansage zum Leitgedanken des Hafentages: »Binnenhäfen gegen den Verkehrsinfarkt« und zur Erkenntnis, dass man auf allen Ebenen selbigem vorbeugen müsse.

Dass den NRW-Binnenhäfen vor dem Hintergrund einer drohenden Überbelastung der Verkehrsinfrastruktur in den Ballungsräumen eine wachsende Bedeutung zukomme, war eine der Kernaussagen der Organisatoren. »Politik und Wirtschaft müssen gemeinsam die Verlagerung der Straßengüterverkehre auf die Wasserstraße fördern, um auch in Zukunft einen effizienten Warenfluss zu gewährleisten«, hatten sie dabei als Botschaft kommuniziert. Dass die Niederrheinhäfen, bestehend aus dem Port Wesel, dem Stadthafen Wesel, dem Rhein-Lippe-Hafen, dem Hafen in Emmelsum, der NIAG mit den Häfen Rheinberg und Orsoy, dem Port Emmerich und dem Hafen Emmerich, diese Botschaft ernst nehmen, zeigte sich in der Agenda des Hafentages.

Andreas Stolte, der Geschäftsführer der Deltaport Niederrheinhäfen, nutzte sein Grußwort für eine deutliche Botschaft. In keinem anderen Bundesland, so Stolte, sei die Verkehrslage so angespannt wie in Nordrhein-Westfalen. Was für die Pendler lästig und nervenaufreibend sei, könne für die Wirtschaft erhebliche Folgen haben, wenn Waren oder Produkte wegen maroder Straßen, gesperrter Brücken und täglicher, kilometerlanger Staus nicht rechtzeitig an ihren Bestimmungsort gelangen würden. »Binnenhäfen können helfen, den Verkehrsinfarkt abzumildern.« Alle notwendigen Elemente sowie eine Vielzahl von Logistikbetrieben seien vorhanden, um große Teile des Güterverkehrs von der Straße auf das Wasser zu verlagern, konstatierte Stolte. 720km Wasserstrassen in NRW und 120 Häfen, davon 97 privat betrieben, stünden als Knotenpunkte zur Verfügung. Allenfalls das Bewusstsein für die Verlagerung fehle zum Teil noch, da müsse bei allen Ladungsbeteiligten Überzeugungsarbeit geleistet werden. Zudem gelte es, an weiteren Baustellen zu arbeiten, beispielsweise an der Praxis der Genehmigungsverfahren für Infrastrukturprojekte. Es könne nicht sein, dass man in Deutschland an der Komplexität von Genehmigungsverfahren ersticke. Politik und Verwaltung müssten die Rahmenbedingungen drastisch verändern, die Menschen stärker mitnehmen und der Bevölkerung die Vorteile geplanter Verkehrsprojekte klar machen. Möglicherweise müsse ihnen auch ein angemessener Ausgleich angeboten werden, um Proteste und Bürgerinitiativen unnötig zu machen.

»Die Verkehrsverlagerung beginnt im Kopf«, brachte es Stolte auf den Punkt. Der Einsatz von Lkw sei auf die so genannte »letzte Meile« zu reduzieren. Deltaports nehme die Zukunft aktiv in die Hand, auch was Schlagworte wie Digitalisierung, Blockchain-Technologie und innovative Logistikkonzepte betreffe. »Alle Ampeln für eine Verkehrsverlagerung müssen auf grün gestellt werden«, appellierte Stolte.

Dem konnte und wollte Verkehrsminister Hendrik Wüst nicht widersprechen. »Das Bewusstsein der Menschen ist heute da, dass Verkehrsprojekte, die zur Entlastung der Straßen dienen, vorangetrieben werden müssen.« Gerade bei der Binnenschifffahrt gebe es noch Luft nach oben. »Deshalb kann ich Sie zum Zusammenschluss nur beglückwünschen. Danke, dass Sie diesen Schritt gemacht haben«, so der Verkehrsminister.

Wüst hat für den Verkehrsträger Wasserstraßen nach eigenen Angaben im Haushaltsausschuss »Klinken geputzt«. Mit Erfolg: Neben 30 neuen, bundesweiten Stellen in der Wasserstraßenschifffahrtsverwaltung konnte er für NRW 15 Stellen »on top« herausschlagen. »Ich freue mich, dass Sie die Initiative zur Stärkung des Hafenlogistikstandorts am Niederrhein vorantreiben. Wir unterstützen die Belange der Binnenschifffahrt gerne«, sagte Wüst und verwies auf die Anstrengungen, die das Land NRW unternimmt. »Wir werden die Infrastruktur sanieren, modernisieren und bedarfsgerecht ausbauen«, versprach er den versammelten Logistik-Fachleuten. Dabei seien nicht fehlende Mittel das Problem, vielmehr gebe es aktuell Schwierigkeiten, die zur Verfügung stehenden Gelder vollständig verbaut zu bekommen, weil Planer- und Ingenieursstellen in den Verwaltungen fehlten.

Rhein soll vertieft werden

Dennoch könne man heute »Dinge machen, von denen Verkehrspolitiker früher geträumt haben«, so Wüst. Das gelte auch für die Binnenschifffahrt und die Binnenhäfen, die ihre Chancen und Potenziale nutzen müssten. Seitens der Politik in NRW sei man mit Planungen für eine Rhein-Vertiefung aktiv und in Gesprächen mit niederländischen Kollegen. Auch der besondere Schutz der Häfen sei als Thema auf dem Tisch. »Wir arbeiten gerne Hand in Hand mit Ihnen zusammen, nehmen Sie mich in Anspruch, wenn es um die Beschleunigung von Plänen geht«, so der Verkehrsminister.

»Wir sind prädestiniert, die Straßen und die Umwelt zu entlasten«, bekannte auch Sanne Maris vom Port of Rotterdam, die das Zusammenspiel zwischen den Binnenhäfen entlang der Rheinschiene und dem Hafen Rotterdam beschrieb.

Dieter Lindenblatt, Repräsentant des Port of Antwerp für Deutschland, bestätigte, dass sowohl Antwerpen als auch Rotterdam sich mit enormen Gütermengen konfrontiert sähen, die zum Teil nicht immer zeitnah umgeschlagen werden könnten. »Wir benötigen Hinterland-Hubs – wie die Niederrheinhäfen. Durch unsere Zusammenarbeit können wir den Gütertransport optimieren und die Straßen entlasten.«

Bei der abschließenden Podiumsdiskussion, an der auch die Bundestagsabgeordneten aus der Region Niederrhein teilnahmen, standen die politischen Rahmenbedingungen im Mittelpunkt. »Es liegt nicht am Geld, das ist da. Es liegt an der Umsetzung«, stellte auch Stefan Rouenhoff, MdB aus Wesel, fest. »Als ich Mitte der 1990er-Jahre in die Politik gegangen bin, haben wir schon über die Betuwe-Linie gesprochen, heute reden wir immer noch darüber. Ich hoffe, dass das geplante Planungsbeschleunigungsgesetz hier Abhilfe schaffen wird.«

Sein Kollege Bernd Reuther setzt große Hoffnungen in den »Masterplan Binnenschifffahrt«, der derzeit vom Bundesverkehrsministerium erarbeitet wird. »Wir müssen an allen Verkehrsträgern arbeiten – aber an der Binnenschifffahrt im Besonderen. Ihr ist in der Vergangenheit seitens der Politik zu wenig Bedeutung beigemessen worden«, so Reuther.

Die vielfältigen Vorteile des multimodalen Verkehrs als Lösungsansatz des Verkehrsinfarktes beleuchtete Jürgen Albersmann, Geschäftsführer der Contargo, als Betreiberin von 24 Terminals entlang der Rheinschiene. Darüber hinaus gebe es, so Albersmann, auch handfeste Umweltvorteile. An einem Praxisbeispiel verdeutlichte er, wie viel Kohlenstoffdioxid (CO2) sich beim Gütertransport mit einem Binnenschiff einsparen lässt. »Beim Gütertransport von unserem Terminal in Karlsruhe nach Rotterdam fallen per Lkw 505 kg CO2 an. Legt man nur die 60km vom Kunden bis zum Terminal per Lkw zurück und steigt dann auf das Binnenschiff um, spart man 334 kg CO2.«

Udo Jessner, Geschäftsführer von Port Emmerich, lenkte noch einmal den Blick auf eine mögliche Kontinuität eines Hafentags am Niederrhein. »Mit dem Hafentag, der jedes Jahr oder alle zwei Jahre stattfinden soll, wollen wir Themen ansprechen, die unsere Häfen stärker ins Bewusstsein bringen«, so Jessner. Man wolle damit zeigen, dass auch nördlich von Duisburg sehr interessante Hafenstandorte bestünden, die wichtige Funktionen für die Logistikwirtschaft erfüllten. Insbesondere stellte Jessner die Geschichte und die Potenziale des Port Emmerich vor. Schon 1904 sei dort ein Industriehafen entstanden. Inzwischen habe sich die Containerverladung als Schwerpunkt herausgebildet. Aktuell sei eine weitere, dritte Containerbrücke in Planung.

Jessner machte auch deutlich, dass man von den zu erwartenden Steigerungen im Containerumschlag in der Region gern einen Anteil in Emmerich sehen würde.


Hermann Garrelmann