Hyperhafen Hamburg

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Magnetschwebetechnik + kein Luftwiderstand = effizienter Hinterlandtransport + attraktiver Hafenstandort: Der Hamburger Terminalbetreiber HHLA entwickelt mit Hyperloop Transportation Technologies (HTT) die Technik, um Container mit Hunderten km/h durch eine Röhre zu schießen

Deutschland als Innovationsstandort, und dann noch für eine so extravagante Idee wie den Hyperloop – die HHLA und ihr amerikanischer Partner HTT wagen es. Ziel des neuen Gemeinschaftsunternehmens Hyperport Cargo Solutions ist die Entwicklung und spätere Vermarktung eines Transportsystems für Seecontainer. Zunächst ist der Aufbau einer Übergabestation mit 100m Strecke für Testzwecke an einem Hamburger HHLA-Terminal sowie die Entwicklung einer Transportkapsel für Standardseecontainer geplant. Die Gründung des 50/50 Joint Ventures wurde Anfang Dezember 2018 besiegelt.

Der Fokus liegt auf dem automatisierten Containerterminal Altenwerder (CTA), wo die bereits im Betrieb befindlichen AGVs in die Arbeit mit dem Hyperloop-System integriert werden sollen. Es geht ausdrücklich – zumindest in dieser ersten Projektphase – nicht darum, eine Strecke ins Hinterland des Hamburger Hafens oder für Umfuhren zwischen den Terminals zu bauen, sondern um die Technologieentwicklung und internationale Vermarktung.

Nachdem die Pläne im November bekannt geworden waren, wurden sofort von vielen Seiten Bedenken geäußert. »Das verwundert mich schon. Es wird einerseits immer beklagt, dass Deutschland bei innovativen Technologien hinterherhinkt, andererseits wird jede neue Idee sofort zerredet«, sagt die HHLA-Vorstandsvorsitzende Angela Titzrath. Keine Frage, das Vorhaben sei »mutig und visionär«, allerdings habe die HHLA diesen Mut bereits vor 40 Jahren im Zuge der Containerisierung bewiesen, ebenso vor 16 Jahren bei der Automatisierung des CTA.

Bei superschnellem Transport und Magnetschwebetechnik ist in der Diskussion der Name Transrapid unvermeidlich. Dirk Ahlborn, Gründer und CEO von HTT, sieht das Scheitern des Magnetschwebezuges aber nicht als technisches, sondern als politisches Problem: »Der Zug war vor 50 Jahren seiner Zeit weit voraus, und er fährt ja heute in Schanghai. Es gab technische Probleme, aber man hätte das eben weiterentwickeln müssen.« Das Energie- und Kostenproblem des Transrapid habe man heute in den Griff bekommen, indem man eine passive Magnetschwebetechnik mit Permanentmagneten ohne aktive Stromversorgung nutze, und somit eine drastische Kostenreduktion erreiche. Die Hyperloop-Technologie nutzt die Magnetschwebetechnik, um Transportkapseln nahe der Schallgeschwindigkeit durch eine Röhre zu befördern, in der ein Teilvakuum herrscht – Bedingungen wie in 30km Höhe über der Erde. Das minimiert den Luftwiderstand und reduziert die Energiekosten für den Antrieb.

Der Fokus liegt für Ahlborn weniger auf der möglichen Geschwindigkeit der Kapseln: »Wir adressieren Probleme, die wir heute im Schienen- und Straßenverkehr haben.« Die Technologie zielt auf den effizienteren Transport, auf die Entlastung der Verkehrsinfrastruktur und der Luft sowie auf die Reduktion der Kosten durch ein insgesamt wirtschaftlicheres Transportsystem ab. »Man könnte vom Standort Hamburg aus theoretisch jeden Ort im Land innerhalb einer Stunde erreichen, das birgt großes Potenzial für eine On-demand-Wirtschaft«, sagt er. Durch einen schnelleren Abtransport der Boxen – 4.100 Container pro Tag, eine Box alle 40 Sekunden wären laut Titzrath technisch möglich – würden Lagerkapazitäten am Terminal frei, der Umschlag effizienter, die Hinterlandanbindung besser und der Hafen attraktiver.

Auf einer Teststrecke bei Toulouse geht demnächst eine Passagierkapsel in die Erprobung. Ahlborn ist zuversichtlich: »Wenn wir Passagiere befördern können, können wir das auch mit Waren. In der Personenbeförderung sind die Ansprüche hinsichtlich Sicherheit und Komfort viel höher. Das wollten wir zuerst können.« Technische Hürde gebe es es nicht mehr, vielmehr stelle sich die Frage nach der »cleversten Art der Umsetzung«. Als Budget plant das Joint Venture zunächst mit 7Mio. € – das klingt nicht nach viel, wie Titzrath und Ahlborn zugeben. Rechne man allerdings die Erfahrung der HHLA und die bereits entwickelte Technologie von HTT hinzu, sehe das ganz anders aus. 2021 soll die Entwicklung präsentiert werden – rechtzeitig zum dann in der Hansestadt stattfindenden ITS-Weltkongress.


Felix Selzer