RIS Comex zieht Zwischenbilanz

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Die Europäische Union treibt die Digitalisierung an den Wasserstraßen voran. Es sollen internationale Standards entwickelt werden, dafür ist ein intelligentes Korridor-Management von hoher Bedeutung. Noch aber gibt es Schwächen bei der Datenqualität

Seit Anfang 2016 will man mit dem von der österreichischen Wasserstraßengesellschaft viadonau geleiteten und von der Europäischen Union unterstützten Projekt RIS Comex einen Digitalisierungs- und Harmonisierungsschub an den europäischen Wasserstraßen bewirken. Das Ziel der 14 Partner aus 13 Ländern ist ein gemeinsamer Standard in Sachen Verkehrs- und Fahrwasserinformationen durch die internationale Nutzung der River Information Services (RIS). Ende Oktober 2018 lud viadonau im Rahmen der EU-Ratspräsidentschaft Österreichs zum RIS Comex Stakeholder-Symposium nach Wien, um gemeinsam mit Vertretern der europäischen Wasserstraßenverwaltungen, der Politik sowie Wirtschafts- und Schifffahrtstreibenden den aktuellen Status der gemeinschaftlichen Vorhaben auszuleuchten. 80 Vertreter nahmen an diesem Symposium teil.

Im Jahr 2018 wurde einmal mehr sichtbar: Als natürlicher Verkehrsträger sind die Binnenwasserstraßen Europas in besonderem Maße äußeren Bedingungen unterworfen, die die Nutzbarkeit der Flüsse als Verkehrsweg entscheidend beeinflussen. Niedrige Wasserstände, wie sie seit Mitte vergangenen Jahres auf der Donau vorherrschen, stellen die Binnenschifffahrt vor große Herausforderungen. Umso wichtiger sei es, aktuelle und verlässliche Fahrwasserdaten bereitzustellen, die dabei helfen, den steten Wandel einer Wasserstraße im Blick zu haben und vorausschauend in multimodale Transportplanungen miteinzubeziehen, so der Tenor bei diesem Symposium. Speerspitze dieser Entwicklung in Europa ist das internationale Projekt RIS Comex. Die Stoßrichtung der 13 Partnerländer ist klar: Ein harmonisiertes Informationssystem für Europas Wasserstraßen. Der innovative Ansatz des Projekts ist ein intelligentes Korridor-Management. Darin stimmten alle Akteure beim Symposium überein.

Modernisierung in den Korridoren

Bei der Veranstaltung erklärte Projektleiter Mario Kaufmann das grundlegende Prinzip des internationalen Projekts: Mit Unterstützung der in den jeweiligen Ländern vorhandenen nationalen Ressourcen setzen die Projektpartner zwischen Rotterdam und Schwarzem Meer in ihren Wasserstraßen-Korridoren entlang der Donau, Rhein, Elbe, Mosel, etc. bis 2020 gemeinsam abgestimmte Modernisierungsschritte um. Auf diese Weise sollen sich die einzelnen Korridore fortschreitend angleichen, um so das gemeinsame Ziel eines einheitlich hohen Informationsstandards zu Infrastruktur-, Verkehrs- und Logistikdaten zu erzielen.

Bereits in zahlreichen früheren Projekten im Rahmen von RIS wurden eine Reihe nützlicher Dienste bereitgestellt wie beispielsweise Inland ECDIS, der Informationsdienst »Notices to Skippers« und die Möglichkeit Gefahrengut elektronisch zu melden. Die internationale Verfügbarkeit spielt dabei eine ebenso wichtige Rolle wie der Umfang der Informationsservices. »Derzeit werden zum Teil noch sehr unterschiedliche Plattformen, Systeme und Interfaces genutzt, auch die Service-Verfügbarkeit und vor allem die Datenqualität variiert stark zwischen den Korridoren und den einzelnen Ländern. Mit RIS Comex geben sich die Partnerländer eine Lösung zur Harmonisierung an die Hand, die die spezifischen Gegebenheiten der jeweiligen Korridore berücksichtigt«, ist Kaufmann überzeugt.

RIS sind unumgänglich

Eine der wichtigsten Herausforderungen für die Projektpartner ist es, Bereitschaft für die konsequente Implementierung von RIS zu erzeugen. Es gilt, die Aufmerksamkeit für damit entstehende Vorteile zu erhöhen und so zugleich Anreize zur verstärkten Nutzung der Wasserstraße zu kreieren. »Bei solchen Vorhaben muss es auch darum gehen, eine Community zu schaffen, für die die Nutzung einer gemeinsamen Plattform selbstverständlich ist. Dazu muss man offen sein für Neues«, konstatierte Catherine Rivoallon, Vorstandsvorsitzende von Port de Paris.

Den praktischen Nutzen eines europaweiten RIS-Standards zu erkennen ist dafür eine wesentliche Voraussetzung. So betonte Manfred Seitz von Pro Danube International vor allem wirtschaftliche Faktoren und stellte klar: »Die zentrale Frage für Wirtschaftstreibende an der Wasserstraße ist, ob die transportierten Güter rechtzeitig ankommen. Planbarkeit von Transporten ist das wichtigste Kriterium.« Dafür benötige man vor allem aktuelle und jederzeit zugängliche Verkehrsinformationen wie grenzunabhängige Positionsdaten. Indem Transporte so besser planbar werden, entstünde ein wirtschaftlicher Vorteil und die Bereitschaft der Schifffahrtstreibenden, ihre Verkehrsdaten bereitzustellen, würde steigen. Neben Awareness-Steigerung und technischer Umsetzung sind für den Erfolg von RIS Comex noch weitere Hürden zu nehmen. Nik Delmeire, Generalsekretär des European Shippers Council, gab zu bedenken, dass im Zuge der Digitalisierung bestehende Abläufe in der Abwicklung von Schiffstransporten entsprechend angepasst werden müssten. Die Beseitigung administrativer Barrieren ist daher eine wichtige Wegmarke für RIS Comex.

Es braucht verbindliche Gesetze

Und schließlich gilt es, den neuen Standard auch rechtlich zu würdigen. Vera Hofbauer, Abteilungsleiterin Schifffahrt im bmvit nahm politisch zum Thema Stellung: »Dass wir für die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wasserstraßen einen gemeinsamen Informations- und Instandhaltungsstandard brauchen, ist klar. Diesen auch gesetzlich zu verankern, ist allerdings nationale Angelegenheit.« Die Europäische Kommission sieht sich als wichtiger Motivator, um diesen Prozess zu beschleunigen. »Unter dem Dach der Europäischen Strategie für den Donauraum und mit Projekten wie RIS Comex und FAIRway Danube schaffen wir gute Grundlagen, um unser Ziel eines gemeinsamen RIS-Standards zu erreichen«, erklärte Désirée Oen, EU-Koordinatorin für den Rhein-Donau-Korridor, und appellierte pointiert: »Auch an unseren Flüssen müssen wir anfangen gemeinschaftlich und modern zu denken, dann kommen wir vorwärts.«


Josef Müller