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Die deutschen Werften haben im vergangenen Jahr weniger Neubauten abgeliefert als 2017. Ein Trend zu bestimmten Schiffstypen ist anders als in den Jahren zuvor nicht festzustellen

Das lange anhaltende Niedrigwasser des vergangenen Jahres hat auch Folgen für einige deutsche Werften nach sich gezogen, denn wegen zu geringer Wasserstände konnten einige Einheiten nicht planmäßig ausgeliefert werden. Da die Neubauten das Werftgelände nicht verlassen konnten, blockierten sie zumindest teilweise gewissermaßen den Start neuer Projekte.

Nunmehr im fünften Jahr in Folge ist kein Frachter in Deutschland mehr gebaut worden. Die hiesigen Schiffbauunternehmen fertigen vor allem Arbeits- und Fahrgastschiffe, auch Prähme werden hierzulande immer mal wieder gebaut. Die Herstellung von Fähren und Spezialschiffen gehört ebenfalls seit Jahren zu den Kernkompetenzen deutscher Schiffbauer.

Die Werften Hermann Barthel und Bolle werden traditionell von verschiedenen Wasserstraßen- und Schifffahrtsämtern mit Neubauten beauftragt. Zumeist sind dies Arbeitsschiffe, die auf diversen Wasserstraßen eingesetzt werden. Im vergangenen Jahr lieferte Hermann Barthel einen Schwimmbagger und zwei Hilfseisbrecher ab, während Bolle drei Prähme, ein Arbeitsboot und ein Fahrgastschiff fertigstellte. Die Schiffbau- und Entwicklungsgesellschaft Tangermünde (SET) vollendete eine Doppelendfähre, einen Hydraulikschwimmbagger, ein Injektionsschiff und ein Flachwasserschiff. Zwei Prähme und eine Klappschute kamen von der Neuen Oderwerft in Eisenhüttenstadt. Die Neue Ruhrorter Schiffswerft versorgte ihren langjährigen Kunden ThyssenKrupp Veerhaven mit drei weiteren Schubleichtern, ferner erhielt die Reederei Jaegers den Kasko für die »Rain Express«.

Insgesamt drei Fahrgastschiffe wurden 2018 von der Lux Werft abgeliefert, darüber hinaus stellte das Unternehmen ein Elektroboot fertig sowie einen Rumpf für einen Neubau der Bayerischen Seeschifffahrt. Die Reederei Schweiger freute sich über ihr neues Fahrgastschiff »Renate« von Stahlbau Müller. Auch das Hamburger Traditionsunternehmen Hadag erhielt von Pella Sietas ein neues Fahrgastschiff. Seit November vergangenen Jahres wird die »Kehrwieder« im Hamburger Hafen eingesetzt. Ein neues Hilfeleistungslöschboot, gefertigt von Neckar Bootsbau Ebert, darf die Feuerwehr Hanau ihr Eigen nennen, und die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) setzte ihre Serie neuer rund 10m langer Seenotrettungsboote fort. Drei weitere Einheiten dieses Bautyps lieferte Tamsen Maritim ab.

Flusskreuzfahrtschiffe wurden während des kompletten Jahres nur zwei fertiggestellt. Sie wurden von MV Werften für die Reederei Crystal River Cruises gefertigt, die damit ihre Viererserie abgeschlossen hat. Wie es aussieht, werden es für längere Zeit die letzten Einheiten von MW Werften für den Binnenschiffbereich sein, denn das Unternehmen hat angekündigt, sich künftig auf den Bau von Seeschiffen zu spezialisieren.

Erstmals seit mehreren Jahren hat die Neptun Werft ihrem langjährigen Großkunden Viking River Cruises im vergangenen Jahr kein Flusskreuzfahrtschiff übergeben. Sechs Einheiten der Longship-Klasse, die in diesem Frühjahr abgeliefert werden sollen, wurden aber bereits fertiggestellt. So blieb die »Norderau«, eine Fähre für die Wyker Dampfschiffs-­Reederei Föhr Amrum (W.D.R.), neben dem 164 m langen Tanker »EnergICE« für Anthony Veder, die einzige Ablieferung 2018.

Dazu produzierte das zur Werftgruppe Meyer zählende Unternehmen insgesamt vier Maschinenraum-Module (FERU –Floating Engine Room Unit) für die großen Kreuzfahrtschiffe der Meyer Werft. »Wir haben damit den entscheidenden Schritt vollzogen, die Neptun Werft weiter als strategischen Partner der Meyer Gruppe für hochkomplexe Maschinenraum-Module zu stärken, sagt Manfred Ossevorth, Geschäftsführer der Neptun Werft.

Ferner konzentrierten sich die Rostocker darauf, die Kapazitäten auszubauen, denn es wurden die Weichen für den Bau neuer Hallen und die Schaffung neuer Arbeitsplätze gestellt. Ein Meilenstein sei im Frühjahr 2018 die Inbetriebnahme einer neuen 180 m langen und 65 m breiten Produktionshalle gewesen. »Die Halle bietet alle baulichen und technischen Voraussetzungen, um vier FERUs pro Jahr abzuliefern und perspektivisch sogar sechs. Zudem steigern wir unsere Produktivität deutlich«, so Ossevorth.

Die FERUs bilden das Herzstück der Kreuzfahrtschiffe, die in Papenburg und Turku gefertigt werden. In den Modulen sind auf vier Decks sämtliche Antriebs- und Versorgungssysteme installiert. Von den Motoren über Stromaggregate, Heizungs- und Klimatechnik bis hin zu Tanks für Flüssiggas (LNG).

Ende 2018 hat die Neptun Werft zudem die Wisag Industrie Service Gruppe mit der Optimierung der Hallenbeleuchtung in zwei ihrer Werfthallen beauftragt. Für die insgesamt rund 13.000 m2 großen Hallen 7 und 8 liefert und montiert der Industriedienstleister das neue Kabelnetz samt Kabelhalterungen sowie die neuen Verteilungen. Darüber hinaus gehören die Demontage der alten Leuchten und der Verkabelung sowie die Montage und Inbetriebnahme der neuen Leuchtmittel zu den Aufgaben. Die Arbeiten sollen im ersten Quartal 2019 abgeschlossen werden.

Ausblick auf 2019

Das Orderbuch vieler Werften umfasst auch zu diesem frühen Zeitpunkt im Jahr bereits einige Eintragungen. Da nicht zuletzt die deutschen Wasserstraßen- und Schifffahrtsämter sukzessive ihre Flotte erneuern wollen, sind auch in diesem Bereich weitere Aufträge zu erwarten. Viking River Cruises hat zusätzlich zu den sechs Einheiten der Longship-Klasse, die im April abgeliefert werden sollen, weitere Schiffe bei der Neptun Werft in Auftrag gegeben. Auch Tamsen Maritim baut in den kommenden Jahren die nächsten Einheiten der bewährten Rettungsboote für die DGzRS. ThyssenKrupp Veerhaven setzt beim Bau der Schubleichter unterdessen weiter auf die Neue Ruhrorter Schiffswerft. Im Abstand von drei Monaten sollen im Jahresverlauf die nächsten vier Einheiten abgeliefert werden. Kiebitzberg hat derweil drei Neubauten im Orderbuch, die allesamt solarbetrieben werden. Die Yacht- und Bootswerft Rathje in Kiel-Friedrichsort will in diesem Jahr mit dem Bau der ersten Wohnschiffe beginnen. Die luxuriösen Hausboote sind knapp 19m lang und rund 6,50m breit. Zwei Bestellungen seien bereits eingegangen, sagt Kai Dürschke, Projektleiter bei der Kieler Werft.

Die Werft Stahlbau Müller ist zuversichtlich, in Kürze zwei neue Aufträge zu erhalten. Dem Vernehmen nach geht es um eine Fähre und um ein Fahrgastschiff. Das Unternehmen hofft, die Verträge im Februar zu unterzeichnen.

In der folgenden Übersicht sind die Ablieferungen sowie die Orderbücher der einzelnen Werften aufgelistet. Die Angaben stammen größtenteils von den Werften, oder wurden durch Eigenrecherche ermittelt.


Thomas Wägener