Parlamentarischer Abend der BG Verkehr: Liegeplatzsituation in der Binnenschifffahrt thematisiert

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Auf Einladung der Vorsitzenden des Vorstandes der BG Verkehr Klaus Peter Röskes und Wolfgang Steinberg sowie der Vorsitzenden der Geschäftsführung, Sabine Kudzielka, fand am 20. März 2019 in Berlin ein parlamentarischer Abend der BG Verkehr statt. Zu den Gästen zählten die verkehrspolitischen Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Kirsten Lühmann und der FDP-Bundestagsfraktion Oliver Luksic sowie die Bundestagsabgeordneten Michael Donth (CDU), Björn Simon (CDU), Gero Storjohann (CDU), Florian Oßner (CSU), Udo Schiefner (SPD), Mathias Stein (SPD) und Wolfgang Wiehle (AfD).

Thema der Veranstaltung war vor allem die Prävention an der Schnittstelle zwischen Arbeitssicherheit und Verkehrssicherheit, auch in der Binnenschifffahrt. Detlef Maiwald, stellvertretender Vorsitzender des BDS-Binnenschifffahrt und Mitglied im Präventionsfachausschuss Binnenschifffahrt, berichtete über die unzulängliche Liegestellensituation und was diese oftmals für die Besatzungen an Bord der Binnenschiffe bedeutet.

Einhaltung der Ruhezeiten

Ein Binnenschiff ist für alle Besatzungen während der Zeit an Bord nicht nur der Arbeitsplatz, sondern gleichzeitig Wohn- und Lebensbereich. Es müssen zum einen die gesetzlich vorgeschriebenen Ruhezeiten eingehalten werden wie z.B. die acht Stunden Mindestruhezeit in der A 1-Fahrt. Wenn man in dieser Zeit tatsächlich Ruhe im Sinne des Wortes haben möchte, macht es z.B. wenig Sinn, vor Anker zu gehen. Dort »ruht« man laut und unsicher, immer mit der Gefahr, dass das Schiff sich losreißt, so dass de facto, zumindest für den die Verantwortung tragenden Schiffsführer von Ruhezeit kaum die Rede sein kann. Leider bleibt auf vielen Strecken nichts anderes übrig, als vor Anker zu gehen oder die Fahrzeit zu überschreiten. Viele glauben, die Häfen seien die Liegestellen für die Schiffe. In den Häfen findet aber der Umschlag statt und die dortigen Liegestellen werden von den Umschlagfirmen gebraucht und stehen daher nicht zur Verfügung.

Stadtnahe Liegeplätze

Liegeplätze werden darüber hinaus gebraucht für Reparaturen und Personalwechsel. Oftmals muss für eine dringende Reparatur ein Techniker oder Handwerker an Bord kommen oder man muss Ersatzteile oder Material kaufen.Das Personal der Besatzung hat Anspruch darauf, nach Hause fahren zu können, neues Personal muss an Bord kommen. Dafür ist es wichtig, auch stadtnahe Liegeplätze zu haben, mit guter Anbindung an den Personennahverkehr.

Wie jeder andere auch müssen die an Bord lebenden Menschen Einkäufe erledigen oder mal zum Arzt gehen. Oder auch ganz einfach am sozialen Leben teilnehmen, mal ins Kino, zum Essen gehen oder Familie und Freunde besuchen. Auch dafür ist Stadtnähe wichtig, ebenso wie die Möglichkeit, ein Auto an Land setzen zu können. Der Mensch an Bord ist in der Liegestellendiskussion der letzten Jahre viel zu kurz gekommen!

Schöner Wohnen am Wasser

Leider kollidiert die Notwendigkeit stadtnaher Liegestellen immer häufiger mit Interessen von Anwohnern der Wasserstraße. Wohnen am Wasser ist angesagt, Luxuswohnungen entstehen, wo die Schifffahrt vor der Haustür stört. Liegeplätze werden zurückgebaut oder es gibt massive Konflikte mit den neuen Anwohnern, die alle Hebel in Bewegung setzen, um Liegestellen zu verhindern, wie derzeit z.B. in Mainz. Da zählt es nicht, dass dort immer schon Liegestellen waren.

Natürlich ist Wohnen am Wasser schön, es ist aber auch mit Schifffahrt schön. Bei unseren Nachbarn in den Niederlanden ist das selbstverständlich. Auf einem Fluss fahren Schiffe, das gehört dazu und das weiß man eigentlich, wenn man dorthin zieht.

Liegeplätze sind systemrelevant

In den Niederlanden findet man Übernachtungshäfen, die den heutigen Anforderungen genügen, in der Regel nicht länger als zwei Fahrtstunden auseinander. Das ist in Deutschland auf vielen Strecken nicht der Fall. Natürlich gibt es auch bei uns gut ausgestattete Liegeplätze, aber leider viel zu wenige! Eine vernünftige Planung der Betriebszeiten – nicht zuletzt auch mit Blick auf die vielfach marode Infrastruktur – ist schwierig bis unmöglich.

Ein guter Liegeplatz hat eine stadtnahe Lage mit Anschluss an den Personennahverkehr, Einkaufs- und Versorgungsmöglichkeiten und bietet die Möglichkeit, ein Auto an Land zu setzen. Er hat einen gut zugänglichen und bezahlbaren Landstrom, was mit Blick auf mögliche Belästigungen der Anwohner besonders wichtig geworden ist.

Schließlich bedarf es der Möglichkeit zur Hausmüllentsorgung und eines sicheren Übergangs an Land mit guter Beleuchtung.

Liegeplätze sind systemrelevant. Ohne sie kann die Sicherheit des Schiffsverkehrs nicht gewährleistet werden und ein Leben und Arbeiten an Bord ist nicht denkbar. Wenn die Zurückdrängung von Liegestellen so weiter geht, wird es kritisch für das gesamte System. Politik und Verwaltung sind gefordert, gegenzusteuern!