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Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) steht der Schifffahrt auf der Elbe kritisch gegenüber und hält sie für nicht mehr zeitgemäß. Aktueller Anlass ist das lang anhaltende Niedrigwasser des vergangenen Jahres. In der Branche regt sich Widerspruch

Der BUND in Sachsen-Anhalt hat in einem Artikel, der von der Zeitung Magdeburger Volksstimme abgedruckt worden ist, der Elbschifffahrt die Zukunft abgesprochen. Iris Brunar vom Landesableger des BUND begründete dies mit dem sieben Monate anhaltenden Niedrigwasser des Vorjahres. »Die transportierende Wirtschaft hat sich schon längst von der Elbe verabschiedet und Alternativen gesucht«, so Brunar. Ein so unberechenbarer Verkehrsträger sei ungeeignet in Zeiten von »just-in-time« und pünktlicher Lieferung.

Die Position des BUND kann man insofern bemerkenswert finden, als er selbst an der Erarbeitung des Gesamtkonzepts Elbe (GKE) mitgearbeitet und dieses abschließend auch mit unterschrieben hat.

Schon länger als das GKE verpflichtet die Elbschiffahrtsakte vom 21. Juni 1821 alle Elbanrainerstaaten dazu, für die Schiffbarkeit der Elbe und die Schifffahrtsfreiheit zu sorgen. Als sie beschlossen wurde, gab es viele Anrainerstaaten, heute nur noch zwei, Deutschland und die Tschechische Republik. Diese Elbschiffahrtsakte gilt auch heute noch. Somit ist Deutschland verpflichtet, die Elbe als Schifffahrtsweg zu erhalten.

Elbe ist »wichtige Lebensader«

Stefan Kunze, Vorsitzender der Elbe-Allianz, hat auf den BUND Sachsen-Anhalt mit folgender Stellungnahme reagiert: »Zukunftsfähige Konzepte sichern die Entwicklung der Elbstromregion. Seitdem der Mensch den Raum zwischen Harz, Erzgebirge und Oder besiedelt, nutzt er die Elbe als Transportweg. Die Elbe ist eine wichtige Lebensader und sie wird es auch bleiben. Der Mensch hat die Elbe gebändigt, um Hochwasser zu verhindern und die Landschaft nutzbar zu machen. Er hat sie gleichzeitig gestaltet, um Güter effizienter zu transportieren, Städte zu verbinden und das Tor zur Welt für die Produzenten der Region aufzustoßen. Der Mensch lebt seit vielen Jahrhunderten nicht nur am, sondern mit dem Fluss«. Die Elbe sei somit die Voraussetzung für die Entwicklung der gesamten Region, unterstrich Kunze.

Ein solch trockenes Jahr wie 2018 habe es seit langem nicht gegeben. Der Wassermangel habe nicht nur die Binnenschifffahrt, sondern die gesamte deutsche Volkswirtschaft in Bedrängnis gebracht, so Kunze. Ernteausfälle, Schädigungen der Wälder und Grundwasserrückgang waren die Folge. Versorgungsengpässe, zum Beispiel bei der Mineralölversorgung, konnten nur mit erheblichen Mehraufwendungen reduziert werden. Auf der Elbe kamen die Güter- und Personenschifffahrt zwischen Juni und Dezember fast vollständig zum Erliegen. 2018 sei angesichts der Länge der Trockenheit ein Extremjahr gewesen. Ansonsten kenne die Schifffahrt auf der Elbe Niedrigwasser und wisse damit umzugehen, erklärt der Chef der Elbe-Allianz. Mit flachgehenden Schiffen könnten Güter umweltfreundlich und mit weniger Treibhausgasemissionen als per Bahn oder gar Lkw transportiert werden. Daher sei die Schifffahrt auch nach dem Niedrigwasser sofort wieder in Gang gekommen.

Kapazitäten auf der Wasserstraße

»Wer dem Klimawandel begegnen will, braucht die Binnenschifffahrt, denn nur hier gibt es noch freie Kapazitäten, die bei Straße und Schiene ansonsten nur mit viel Lärm von Güterzügen und Staus auf Straßen (leider kein Horrorbild mehr, sondern tägliche Realität) zu haben sind. Auch das ist eine Wahrheit, die gern weggelassen wird«, sagt Stefan Kunze.

Deswegen sei es richtig gewesen, das Gesamtkonzept Elbe zu beschließen. Dieses Konzept soll die Elbe als Strom in einer Kulturlandschaft sowohl als verlässlichen und umweltfreundlichen Transportweg für den Gütertransport als auch den Naturraum erhalten und aufwerten. Das haben Anfang 2017 sowohl Bund und Länder als auch Wirtschaft- und Umweltverbände in einem großen gemeinsamen Bekenntnis beschlossen. Damit verbunden ist ein Ja zur Schifffahrt und zur Umwelt sowie der Wille, einen gemeinsamen Weg zu finden.

»Es liegt in der Natur von Kompromissen, dass jeder Beteiligte Abstriche von Maximalforderungen machen und die berühmte Kröte schlucken muss«, so Kunze.

Es helfe daher nicht, gefundene Kompromisse alle paar Monate in Frage zu stellen. Die Schifffahrt für tot oder die Natur für nicht wertvoll genug zu erklären, führe auf dem Weg zu einer naturnah gestalteten Elbe mit verlässlichen Rahmenbedingungen für eine wirtschaftliche Nutzung nicht weiter. Im Gegenteil, dadurch werde der Eindruck vermittelt, dass ein gemeinsames Bekenntnis nur abgegeben werde, wenn es gerade passe. »Morgen kann man ja etwas anderes fordern oder auch nicht. Dieses Hü und Hott ist zu Recht ein Grund für die Verdrossenheit und Skepsis der Bürger, dass in diesem Land nichts mehr vorangeht und alles zerredet wird«, wird Kunze deutlich. Bis heute sei noch keine einzige Maßnahme des Gesamtkonzeptes Elbe umgesetzt worden, daher habe sich die Wettersituation 2018 auch so dramatisch sowohl für die Wirtschaft als auch für die Umwelt ausgewirkt.

Neben der Umsetzung des Konzeptes sollte auch gemeinsam über Maßnahmen zum Wassermanagement nicht nur der Elbe, sondern des gesamten Gebietes inklusive der Zuläufe, Talsperren etc. nachgedacht werden. Dann werde es gelingen, auch unter schlechten Niederschlagsbedingungen das Leben in der Region am Fluss zu halten, so Kunze in seiner Reaktion auf die Meinung der BUND-Vertreterin. (Anm.d.Red.: Die Magdeburger Volksstimme hat unseres Wissens auf den Brief des Vorsitzenden aller Schiffer- und Fördervereine der Elbanrainerländer noch nicht reagiert.)

Schifffahrt ist zurück

Seit Jahresende 2018 hat sich die Wasserführung der Elbe wieder normalisiert und es zeigt sich, dass die Schifffahrt sich keinesfalls von der Elbe abgewendet hat. Nun, da die Frachter wieder ausreichend Wasser unter dem Kiel haben, kann die Ladung auch wieder in der vorgesehenen Menge befördert werden.

Beim Vergleich der Verkehrsträger werden die Vorzüge des Binnenschiffs – und die Notwendigkeit der Erhaltung der Elbe als Schifffahrtsweg – deutlich. Beispiel: Ein Containerschubverband mit einer Länge von rund 190m kann die Boxen hier dreilagig breit und zweilagig hoch transportieren. Auf den hinteren beiden Schubleichtern werden so 78TEU befördert und auf dem Kopfleichter zusätzlich zwölf Tankcontainer, insgesamt also 90TEU plus die Schwergüter dahinter. Alles in allem wären das auf der Autobahn mindestens 45 Sattelzüge mit je zwei Containern plus die Schwergüter.

Vor kurzem kam – als weiteres Beispiel – der Frachter »Drebkau« mit 800t Schüttgut die Elbe talwärts, was auf der Straße ebenfalls 40 Zwanzigtonner-Lkw entspräche. Das Schubschiff »TR 30«, das mit drei Schwerlastleichtern für die Deutsche Binnenreederei fährt, befördert Kolli, die so breit und hoch sind, dass sie auf Straße und Schiene gar nicht zu transportieren wären, weil sie Brücken nicht unterqueren und Spurbreiten auf Autobahnen nicht einhalten könnten, was zeitweise Sperrungen verursachen würde. Weil das so ist, wurde für das Siemens-Turbinenwerk in Görlitz eine Montagehalle im Dresdner Alberthafen errichtet, in der solche großen Stücke montiert werden, weil sie ausschließlich per Binnenschiff zum Seehafen kommen können, um nach Übersee verladen zu werden.

Ein Blick in den Jahresbericht der Zentralkommission für die Rheinschifffahrt (ZKR) für 2017 verdeutlicht die Unterschiede bei den CO2-Bilanzen der einzelnen Verkehrsträger. Der Bericht zeigt, dass nur die Bahn niedrigere Emissionswerte als die Binnenschifffahrt vorweisen kann. Der Lkw kann in dem Vergleich nicht nicht mithalten.


Christian Knoll