Print Friendly, PDF & Email

In Häfen fällt eine Vielzahl raumbezogener Daten an. Um sie effizient zu nutzen, sollten sie einheitlich erhoben und vorgehalten werden. Hansa Luftbild ist seit 95 Jahren auf solche Erfassungs- und Verarbeitungstechniken spezialisiert – früher analog, heute digital

Gegründet wurde das Unternehmen, das heute in Münster sitzt, 1923 in Berlin. Damals war der Informationsfluss bei weitem noch nicht so ausgeprägt, auch war die Datenlage weitaus überschaubarer als heute. Digitale Erfassungs- und Verarbeitungstechniken lagen noch in ferner Zukunft. Hansa Luftbild erkannte dennoch früh den Nutzen von Geoinformationssystemen (GIS) und entwickelte in den 1980er-Jahren die entsprechende Software dafür.

Gerade in diesem Bereich ist die Technik bekanntlich rasant fortgeschritten, heute setzt die nach eigenen Angaben älteste Photogrammetriefirma Techniken wie Airborne Laserscanning, Mo­bile Mapping und eigene Spezialsoftware im Geobereich ein.

Informationen über Betriebe

Auf der Grundlage des flexiblen WebGIS Frameworks »ExperMaps« ist hier vor allem die Software »Hansa GeoPort« zu nennen. Sie dient als Integrationsplattform für raumbezogene Informationen und Prozesse des Hafenmanagements sowie des digitalen Hafenatlas.

Die Funktionalität reicht je nach Bedarf des Nutzers von der reinen Auskunftslösung über den Erfassungsarbeitsplatz bis hin zur kompletten Fachanwendung. Es geht darum, Daten der unterschiedlichen Fachdisziplinen (Wassertiefen, AIS, Wasser- und Ingenieurbauwerke, Liegenschaften, E-Technik etc.) unter einer »einheitlichen und intuitiven Oberfläche für eine bedarfsgerechte und fachübergreifende Visualisierung, Auswertung und fallweise Datenpflege verfügbar zu machen«, so das Unternehmen. Beispielsweise könnten auf diese Weise aktuelle Peilpläne und Mindertiefen zeitnahe zentral bereitgestellt werden.

Durch die Offenheit des Systems bestimmt der Hafenbetreiber, welche Datenbestände, Prozesse und Funktionen zur Pflege, Visualisierung und Auswertung in der intuitiven Weboberfläche verfügbar sein sollen. Editierfunktionen der Geometrie- und Fachinformationen ermöglichten es, die Datenstände stets auf dem aktuellen Stand zu halten. Jeder Benutzer des Systems könne genau die Daten bearbeiten, die er für die Erledigung seiner Aufgaben benötige. Der Einsatz moderner, ständig weiterentwickelter Technologien ermögliche eine nahtlose Integration jeweiliger Lösungen in die Hafen-IT, kombiniert mit hoher Ausfallsicherheit und geringem Administrationsaufwand, so Hansa Luftbild.

Der Duisburger Hafen (duisport) sowie die Hafengesellschaft bremenports sind nur zwei Beispiele, die auf die Technik der Münsteraner setzen. Thorsten Döscher, Leiter Peilerei/Vermessung bei bremenports, erläutert die Funktionsweise anhand eines aktuellen Beispiels: Im Zuge der Löschung der havarierten »MSC Zoe« an der Stromkaje in Bremerhaven – die im Sturm in der Nordsee fast 300 Container verloren hatte – seien weitere Teile der Ladung über Bord gegangen. Bei der anschließenden Kontrollpeilung im Bereich des Liegeplatzes sei in 14,30m Tiefe ein größeres Hindernis festgestellt worden.

»Bei der offiziellen Hindernismeldung an das Hafenamt, den Hafenmeister und weitere Beteiligte leistete die mit dem HafenGIS ad hoc erzeugte Darstellung auf Basis der aktuellen Peilung in Verbindung mit den AIS-Schiffsdaten und der interaktiv erzeugten Bemaßung ein anschauliches Bild der Lage«, so Döscher.

Für Verbände und Netzwerke von Häfen kann »Hansa GeoPort« überdies als digitaler geografischer Hafenatlas fungieren. In einem Hafen gibt es eine Vielzahl von Flächen, die verwaltet und vermarktet werden wollen. Das Portal gibt einen schnellen Überblick über verteilte Standorte, Liegenschaften, Infra- und Suprastruktur sowie deren zugehörige Kennzahlen. Der Liegenschaftsbestand und die unterschiedliche Nutzung – durch wen und wofür – sind so auf einen Blick ersichtlich. Erweiterte Informationen wie Pächter, Pachtzins und beispielsweise die Vertragsdauer, lassen sich ebenfalls integrieren und anzeigen.

Suchfunktion für Umschlagplätze

Neben der Visualisierung ist das System auch in der Lage, Häfen zu ermitteln, die konkrete Anforderungen erfüllen. Dies geschieht ebenfalls anhand der entsprechenden Kennzahlen der einzelnen Standorte und der dargestellten Objekte. So können etwa Orte identifiziert werden, die Kapazitäten für bestimmte Umschlaggüter in Verbindung mit einem minimalen Tiefgang und einer definierten Anbindung an Schiene und/oder Straße bieten. »Filtert man diese nun noch zusätzlich nach räumlichen Gesichtspunkten, erhält man unmittelbar fundierte Entscheidungsgrundlagen«, so Hansa Luftbild. Die möglichen Fragestellungen, die sich auf diese Weise schnell beantworten ließen, seien praktisch unbegrenzt. Über eine Suchfunktion lassen sich zudem Flächen mit gemeinsamen Eckdaten ermitteln, die Ergebnisse werden tabellarisch aufgelistet und in einer Karte dargestellt.

Datenbestände öffentlicher Provider wie Katasterinformation (ALK), Tiefendaten, Pegel, ENC-Daten von der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung (WSV) können dank der Verwendung von ISO/OGC-konformer Online-Schnittstellen ebenfalls verwendet werden.

Nach Auskunft der Entwickler kann »Hansa GeoPort« auch behilflich sein, wenn ökologische Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen geschaffen werden sollen. Dann gilt es, neue Areale zu erschließen. Kompensationsmaßnahmen wollen aber geplant, entwickelt und überwacht werden. Die Software könne unterstützen, geeignete Gebiete zu identifizieren, so die Münsteraner Firma. Laufende Maßnahmen, Umweltgutachten und betroffene Flächen könnten anschaulich dargestellt und publiziert werden. Eigene oder öffentlich verfügbare aktuelle Luftaufnahmen der Landes- und Kommunalbehörden könnten hierfür zusätzliche Details liefern. Die Ergebnisse ließen sich in das Portal einpflegen und könnten dokumentiert werden.

Daneben ergibt sich aus veränderten Umweltbedingungen Handlungsbedarf, zum Beispiel im Hochwasserschutz. Die Hafenanlagen und das Umland müssen vor Hochwasserereignissen geschützt werden. Hier gilt es, Sperrvorrichtungen, Deiche und Durchlässe regelmäßig zu prüfen. Auch hier dient »Hansa GeoPort« als Unterstützung. So können beispielsweise durch die Einbindung aktueller 3D-Laservermessungsdaten Geländehöhen oder auch ganze Querprofile direkt und per Klick in der Karte ermittelt und dargestellt werden.

Weiter ist »Hansa GeoPort« in der Lage, Live-Daten unterschiedlicher Sensoren zu integrieren und anzuzeigen. Ein Beispiel ist die Visualisierung von AIS-Schiffspositionen mit allen gesendeten Daten als zusätzlich einblendbare Ebene neben allen anderen dargestellten Kartenebenen. Eine Suchfunktion nach Schiffsname, IMO-Nr., Typ usw. ist ebenfalls möglich.

»Durch die einheitliche, raumbezogene Informationsgrundlage der unterschiedlichen Datenbestände sind viele unserer Arbeitsprozesse deutlich effektiver geworden. Wir haben jetzt buchstäblich eine gemeinsame Sicht auf die Dinge – das ist in einem komplexen System wie dem unseren von unschätzbarem Wert«, sagt Ralf Franz, MBA – Leiter Team IT Projekte bei bremenports.


Thomas Wägener