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Das Bremer Unternehmen HGM Energy steigt in den Markt für GTL ein. Der synthetische Diesel könne im Energie-Mix der Zukunft eine wichtige Rolle spielen, auch in der Schifffahrt

Im Bremer Tanklager in den Industrie­häfen ist zuletzt noch einmal kräftig investiert worden. Für rund 20 Mio. € wurde die Lagerkapazität mit neuen Tanks erweitert, auch eine zweite Kesselwagen-Anlage und ein neuer Jetty kamen dazu. Vom dort aus wird vor allem der Nordwesten des Landes mit jährlich rund 2 Mio. m3 Benzin- und Dieselkraftstoffen versorgt. Künftig auch mit GTL.

Der synthetische, aus Erdgas gewonnene Diesel gilt als umweltfreundliche Alternative zu konventionellen Bunkerkraftstoffen. Shell hatte zuerst dieses Produkt auf den Markt gebracht, HGM zieht jetzt nach. Möglich macht es eine Kooperation mit dem Unternehmen Qatar Petroleum, das eine von weltweit nur vier großem Raffinerien für die Produktion von »gas to liquid« betreibt.

Zweimal bereits machten große Tanker wie die »Navig8 Amethyst« an der Pier von HGM in Bremen fest und löschten ihre Ladung GTL. Lieferant ist ORYX GTL, ein Joint Venture von Qatar Petroleum und der südafrikanischen Sasol. »Wir sind der deutsche Vertriebspartner«, sagt Bernd Sturmheit, Geschäftsführer bei HGM Energy. »Darauf sind wir als Mittelständler schon stolz, dass wir in dieser Liga mitspielen können.«

Das Bremer Unternehmen ist noch dabei, den Markt zu erschließen und maritime Kunden zu gewinnen. Beliefert werden unter anderem die Fähren, die zwischen Bremerhaven und Nordenham über die Weser pendeln. Der Tankwagen fährt direkt an Bord und bebunkert die Schiffe während der Überfahrt. Auch die bundeseigenen Forschungsschiffe in Bremerhaven tanken den alternativen Kraftstoff. Noch liegt der Anteil von GTL am Gesamtgeschäft zwar bei unter 1%. »Aber wir sehen dafür eine Zukunft, auch und gerade im maritimen Bereich«, sagt Sturmheit.

GTL kann ohne technische Umrüstung getankt werden. Der synthetische Diesel ist umweltfreundlicher als der klassische, aus Erdöl gewonnene Kraftstoff. Bei einer vergleichbaren CO2-Bilanz lassen sich anderen Schadstoffe deutlich reduzieren. Laut HGM verursacht GTL bis zu 25% Prozent weniger an Feinstaub (Ruß) und Stickoxiden (NOx). Außerdem sei die Leistungsausbeute höher bei gleichzeitig geringerem Wartungsaufwand. Daher rechne sich unterm Strich der Aufpreis von etwa 10% gegenüber herkömmlichen Kraftstoffen.

Noch aber zögern viele Kunden, vor allem aus der Privatwirtschaft. Zum einen, weil eine Zulassung für den Straßenverkehr fehle. So wird GTL bislang an den Tankstellen nur beigemischt. Zum anderen wegen der Kosten, die keiner der Beteiligten in der Transportkette nur dem Umweltschutz zuliebe unbedingt schultern möchte. »Wir brauchen noch mehr Akzeptanz«, räumt Sturmheit ein. Angesichts der erwiesenen Entlastung der Umwelt könnte der Staat die Verwendung von GTL fördern, etwa mit einem Nachlass auf die Mineralölsteuer oder, in der Schifffahrt, mit Rabatten bei den Hafengebühren. »Aber soweit sind wir leider noch nicht.«

Kommunale Unternehmen seien leichter zu überzeugen, lehrt die bisherige Erfahrung. In sogenannten geschlossenen Transportketten sei GTL erlaubt. Also zum Beispiel im öffentlichen Personennahverkehr, auf Flughäfen oder auch auf Hafen-Terminals – die Fahrzeugflotte von Hanse-Wasser fährt bereits mit GTL, ebenso die Transporter von Vilsa. »Mit anderen Unternehmen stehen wir in Verhandlungen«, so Sturmheit. Yachthäfen, Fähren auf Nord- und Ostsee, Behördenschiffe – das Potenzial sei groß.

In der Schifffahrt könnte das Hamburger Beispiel Schule machen, wo Shell über den Bunkerlieferanten HBS bereits die sogenannte »Hamburg-Flotte«, rund 60 Behördenschiffe von der Schute bis zum Bagger, aber auch etliche Hafenbarkassen beliefert. Shell verweist zudem auf die Reederei B. Dettmers, die Weiße Flotte in Potsdam und die Kreuzfahrtreederei Scylla als Kunden. Zuletzt wurde in Magdeburg ein neuer Bunkerstandort eröffnet, im süddeutschen Raum soll bald eine weitere Station dazukommen.

Mit der Hafengesellschaft bremenports sei man in Gesprächen, aber spruchreif sei da noch nichts, sagt der HGM-Geschäftsführer. »Alle reden derzeit lieber von Elektromobilität, aber auch das ist kein Allheilmittel.« Schon gar nicht im Gütertransport über lange Distanzen. GTL eigne sich schon jetzt, in der Gegenwart, dazu, schnell und nachhaltig die Emissionen zu senken. Auch andere alternative Treibstoffe wie LNG müssten eine stärkere Rolle spielen, um überhaupt in die Nähe der Klimaziele zu kommen.

Auch das Thema ist bei HGM besetzt. Ursprünglich war sogar eine Bunkerstation für das gekühlte Erdgas im Bremer Industriehafen geplant. Das Vorhaben wurde mangels Nachfrage wieder verworfen, stattdessen setzt das Unternehmen jetzt auf eine mobile Lösung.


Krischan Förster