Bayern will mehr Güter auf dem Wasser

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Die Teilnehmer des 2. Bayerischen Wasserstraßen- und Schifffahrtstages haben sich

klar dafür ausgesprochen, mehr Güter auf die Wasserstraße zu bringen. Zuvor müssten vom Bund nachhaltig mehr Mittel für Sanierung und Ausbau bereitgestellt werden

Rund 170 Teilnehmer waren zu der zweitägigen Veranstaltung nach Bamberg gekommen, die unter der Schirmherrschaft des Bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder stattfand. Ziel war es, die Akteure rund um die Wasserstraße – Schifffahrt, Häfen, Verlader, Unternehmen, Kammern, Verbände, Tourismus, Politik, Verwaltung, Kommunen, etc. – zu vernetzen, Anstöße zur Weiterentwicklung der Wasserwege zu geben und der Öffentlichkeit ihre Bedeutung näher zu bringen.

Im Mittelpunkt der Fachforen standen die Themen »Innovation und Digitalisierung«, die »Bedeutung der Wasserstraße für Schifffahrt und Wirtschaft«, »Personenschifffahrt und Tourismus« sowie die »Optimierung von Infrastruktur und Verkehr«. Zudem hatte das Forum der »Netzwerkinitiative geMAINsam« ihre Unterstützer nach Bamberg eingeladen.

Michael Fraas, Wirtschafreferent der Stadt Nürnberg und Vorsitzender des Deutschen Wasserstraßen- und Schifffahrtsvereins Rhein-Main-Donau (DWSV), begrüßte den im Mai beschlossenen »Masterplan Binnenschifffahrt« von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer. Man wolle die Binnenschifffahrt stärken und so viele Güter wie möglich auf der Wasserstraße transportieren. Ein Binnenschiff mit einer Tragfähigkeit von 3.000t könne bis zu 150 Lkw-Ladungen ersetzen. Die Wasserstraße sei deutschland- und europaweit der leistungsfähigste und ökologisch effizienteste Verkehrsträger mit dem geringsten Ressourcenverbrauch und Emissionsausstoß. Darüber hinaus seien Wasserstraßen bereits vorhanden und hätten noch erhebliche Kapazitätsreserven.

Bei Übermaß- und Schwertransporten böte das Binnenschiff »unschlagbare Vorteile«, ergänzte Peter Sonnleitner, Bereichsleiter International und Verkehr bei der IHK Niederbayern in Passau. Große und sperrige Güter wie bestimmte Betonfertigteile und Transformatoren könnten nur auf dem Wasserweg optimal transportiert werden, pflichtete Thomas Schmid bei, Hauptgeschäftsführer des Bayerischen Bauindustrieverbands in München.

Infrastrukturausbau gefordert

Jedoch sei eine Verbesserung der nautischen Bedingungen – national und international – weiterhin notwendig, so Sonnleitner weiter. Der »Masterplan Binnenschifffahrt« sei ein wichtiger Ansatz und sollte konsequent umgesetzt werden. Die Infrastruktur müsse aber noch stärker an überregionalen und globalen Herausforderungen orientiert werden. Auch Schmid forderte einen Ausbau der Wasserstraßen sowie deren laufende Wartung, »sodass sie die an sie gesetzten Erwartungen auch zuverlässig erfüllen können.«

Sorgen bereiten insbesondere überalterte Schleusen und Wehre. Etwa 85% der Schleusen seien älter als 40 Jahre, rund 45% sogar älter als 80 Jahre, hieß es bei dem Branchentreff in Bamberg. Die Altersgrenze bei vielen Schleusen sei somit deutlich überschritten, sagte Silke Dorn, Sachbereichsleiterin Schleusenneubau beim Wasserstraßenneubauamt (WNA) Aschaffenburg.

Fraas forderte unterdessen eine verbesserte Kooperation der Branchenakteure, »um dem Verkehrsträger Wasserstraße gemeinsam eine stärkere Stimme zu verschaffen.« Sonnleitner kritisierte, dass »das Binnenschiff als Teil der Logistikkette unterbewertet und unterschätzt ist.«

Auch die Bayerischen Häfen hätten mit einem jährlichen Umschlag von rund 8Mio.t Güter ihren Anteil an der Entwicklung hin zu einem »enormen Wirtschaftsfaktor«, sagte Melanie Huml, Bayerische Staatsministerin für Gesundheit und Pflege. Auch sie begrüße daher den »Masterplan Binnenschifffahrt«. Jetzt sei es wichtig, dass sich alle Akteure daran beteiligten und aktiv würden. Sowohl für die Sanierung maroder Bundeswasserstraßen als auch für den Ausbau des Bundeswasserstraßensystems müssten nachhaltig mehr Mittel bereitgestellt werden, dies belegten die immer häufigeren Defekte bei Schleusen. Die Donau könnte weit mehr Transportkapazitäten aufnehmen, wenn sie zwischen Straubing und Vilshofen entsprechend ausgebaut wäre. Zudem sei die Mülhamer Schleife eine potenzielle Unfallstelle mit möglichen ökologischen Gefahren. Ingrid Rossmeier, Repräsentantin des Rotterdamer Hafenbetriebs für Süddeutschland, geht der Ausbau indes viel zu langsam. »Die Infrastrukturprojekte des Bundesverkehrwegeplans 2030 müssen deutlich zügiger umgesetzt werden«, forderte sie.

Flusskreuzfahrt verbucht Rekorde

Die Donau ist auch eine beliebte Kreuzfahrtdestination. Überhaupt sind Flusskreuzfahrten weiter sehr gefragt bei den Reisenden. Laut der Studie »Der Flusskreuzfahrtmarkt« verzeichnete die Branche 2018 neue Rekorde. Wie der Branchenverband IG River Cruise berichtete, hatten rund 496.000 Urlauber diese Reiseform gewählt, 5,5% mehr als im Vorjahr. Der Rhein sei mit 35,9% das beliebteste Fahrtgebiet der Passagiere, dicht gefolgt von der Donau (35,2%). Deutliche Zuwächse habe es bei Flussreisen in Frankreich gegeben. Bei außereuropäischen Fahrtgebieten sei dagegen ein starker Rückgang von rund 50% festgestellt worden. Doch nicht alle können den Flusskreuzfahrtschiffen etwas Positives abgewinnen. Vor allem Anwohner in Großstädten haben mit diesem Business Probleme. Sie störe vor allem, dass nachts die Motoren der Schiffe an den Liegestellen durchgehend laufen gelassen würden, informierte Torsten Köhler, der bei Siemens für den Bereich Smart Infrastructure / Future Grids zuständig ist. Lärm und auch Schadstoffemissionen störten die Anwohner am meisten. Liegestellen mit Landstromanschluss könnten hier Abhilfe schaffen.

Auch die Ver- und Entsorgung von Personenschiffen rückt immer wieder in den Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit, wie Gerhard Skoff vom Unternehmen stage4solutions berichtete. Die Müllentsorgung entwickele sich an etlichen Anlegestellen zum Problem. Grund dafür seien häufig nicht ausreichende Deponiermöglichkeiten.

Fäkalien wurden illegal entsorgt

Im Sommer 2018 sorgte die illegale Entsorgung von Fäkalien durch Personenschiffe für Aufregung bei Behörden, in der Bevölkerung und in den Medien. Die Donau war durch ungeklärtes Abwasser einzelner Flusskreuzfahrtschiffe verschmutzt worden. Die Ursache seien vermutlich nicht funktionierende oder falsch bediente Schiffskläranlagen gewesen. Neben Fäkalien wurden offenbar auch Essenreste über Bord gekippt. Dem Vernehmen nach wurde gegen die Besatzung zweier Schiffe sogar Anzeige erstattet.

Die Polizei reagierte darauf mit regelmäßigeren und intensiveren Kontrollen. Den Angaben zufolge wurde etwa ein Drittel aller internationalen Schiffe überprüft sowie etwa die Hälfte der nationalen Ausflugsschiffe.

Der österreichische Verkehrsminister initiierte einen »Runden Tisch« für alle Beteiligten und versuchte, eine Lösung zu finden. Mit der Unterzeichnung einer Vereinbarung ist nun wieder mehr Ruhe eingekehrt. Etwa 90% der Unternehmen würden nun freiwillig die ordnungsgemäße Entsorgung dokumentieren, hieß es.

Digitalisierung schafft Chancen

Über die Möglichkeiten der Digitalisierung in der Binnenschifffahrt wurde in Bamberg ebenfalls diskutiert. Elmar Ockenfels, Repräsentant des Hafens Antwerpen in Deutschland und der Schweiz, informierte über die Maßnahmen, die Belgiens größter Seehafen diesbezüglich trifft. Ein Beispiel ist die Plattform NxtPort, die Unternehmen und Prozesse im Hafen sowie entlang der Warenströme vernetzt.

Die neueste Entwicklung von NxtPort sei die kollaborative »Bulkchain«, berichtete Ockenfels. Teilnehmer könnten hier gemeinsam an den administrativen Prozessen für den Versand von Stückgut arbeiten und so Transparenz und Effizienz steigern. »Der Hafen der Zukunft schafft die Voraussetzungen für die intelligente Steuerung und Verwaltung der Verkehre«, so Ockenfels. Pilotprojekte wie die zentrale Binnenschiffsplanung, die aktuell in Antwerpen getestet werde, gäben einen ersten Einblick, wie Digitalisierung die Prozesse für alle Beteiligten verbessern werde.

Autonome Schiffe

Auch das Thema »Autonome Binnenschiffe« könnte die Branche künftig verändern. Solche Einheiten könnten in Zukunft auch zur Entschärfung des Fachkräftemangels beitragen, die Attraktivität des Berufsbildes erhöhen, das Sicherheitsniveau anheben und zu einem reduzierten Kraftstoffverbrauch führen, sagte Jens Ley vom Entwicklungszentrum für Schiffstechnik und Transportsysteme (DST) in Duisburg.