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Auch ein halbes Jahr nach der Verkündung des »Masterplans Binnenschifffahrt« stehen die altbekannten Forderungen auf der Agenda – Infrastruktur und Flottenmodernisierung. BDB und BÖB fordern eine zügige Umsetzung der Maßnahmen

Geladen hatte die Parlamentarische Gruppe Binnenschifffahrt (PGBi), der Zusammenschluss von Bundestagsabgeordneten aller Parteien. Gut 100 Gäste hatten den Weg ins Maritim-Hotel in Berlin gefunden.

Im Mai hatte Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) den Masterplan verkündet und darauf hingewiesen, dass dem System Wasserstraße bei der gewünschten Verkehrsverlagerung und der Klimawende eine entscheidende Rolle zukommen. Von 8% auf 12% solle und müsse der Anteil am bundesweiten Güteraufkommen steigen.

Ein halbes Jahr später sei es Zeit für eine erste Zwischenbilanz, fand auch Martin Staats, Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Binnenschifffahrt (BDB) in seiner Eröffnungsrede. »Wir brauchen eine schnellere Umsetzung der angekündigten Maßnahmen«, sagte er.

Mehr denn je ist die Binnenschifffahrt auf Unterstützung angewiesen, wenn sie die ihr zugedachte Rolle erfüllen soll. Staats verwies auf die jüngste Prognose des Bundesamtes für Güterverkehr. In der »Gleitenden Mittelfristprognose« wird zwar eine Steigerung der Transportleistung auf den Wasserstraßen um 5% auf gut 222 Mio. t vorausgesagt, doch angesichts der massiven Verluste durch das Niedrigwasser des vergangenen Jahres »reden wir in Wahrheit von einem Realverlust«, so der BDB-Präsident.

Analog zur aktuellen Konjunkturlage schwächelt auch die Binnenschifffahrt. Insbesondere der absehbare Schwund an Kohlemengen müssen vom Gewerbe kompensiert werden. »Daher benötigen wir jetzt dringend eine rasche Umsetzung der wichtigsten Maßnahmen aus dem ›Masterplan Binnenschifffahrt‹«, fordert Staats.

Norbert Salomon, als Nachfolger von Reinhard Klingen noch immer recht frisch im Amt als Abteilungsleiter im Bundesverkehrsministerium, hat wenig Konkretes im Gepäck. Man arbeite an den Themen, versichert er gegenüber den Branchenvertretern. So habe der Beirat mit Vertretern aus dem Gewerbe und alle relevanten Verbänden erstmals getagt, eine Arbeitsgruppe zum Thema »Negativbescheinigung« eingesetzt worden.

Dieses Instrument soll sicherstellen, dass – wann immer möglich – für Schwerguttransporte die Wasserstraße vorrangig berücksichtigt wird. Die Binnenschifffahrt sei aber auch selbst gefordert, wenn es um die öffentliche Wahrnehmung und Unterstützung ihrer Themen gehe und müsse sich nach alternativen Güteraufkommen umsehen. »Es ist wichtig, dass wir künftig auch andere Güter auf die Wasserstraße bekommen. Da müssen wir künftig kreativer und innovativer herangehen.«

Immerhin scheint sich die Sorge verflüchtigt zu haben, dass künftig weniger Geld für den Ausbau der maroden Infrastruktur zur vorhanden ist. Zwar wurde der Etatansatz im Haushaltsentwurf reduziert, doch dank der vereinbarten »überjährigen« Verwendung der Mittel sind noch bis zu 1,4 Mrd. € aus den Vorjahren verfügbar. Auch weitere Planstellen in der chronisch unterbesetzten Wasserstraßenverwaltung sollen nun doch genehmigt werden. Die Rede ist von bis zu 120 neuen Mitarbeitern, die gezielt an Schlüsselstellen im Wasserstraßensystem eingesetzt werden sollen.

Die Klimaziele können laut BÖB-Präsident Joachim Zimmermann (bayernhafen) nur durch eine konsequente Verlagerung von Langstreckenverkehren weg von der Straße auf Bahn und Binnenschiff erreicht werden. Gemeint sind vorrangig Container, ein Segment, dass auch in den kommenden Jahren stark wachsen wird. Gerade beim Transport von schweren und großvolumigen Gütern gebe es zum Binnenschiff angesichts des maroden Straßennetzes und der überlasteten Brücken keine sinnvolle Alternative, betonte Roland Hörner, BÖB-Präsidiumsmitglied und Hafenchef in Mannheim.

Gebraucht würden eine »faire Arbeitsteilung« zwischen den Verkehrsträgern. Hafenstandorte müssten gesichert und weiterentwickelt werden, heißt es aus den Häfen. Ein Anliegen, dem sich auch der FDP-Politiker Bernd Reuther anschließt: »Man kann nicht für klimaneutralen Güterverkehr sein und gleichzeitig wichtige Hafenausbauprojekte blockieren.«

BDB-Präsident Staats monierte zudem, dass die Planungs- und Genehmigungsverfahren für die Realisierung sinnvoller Bauprojekte derzeit viel zu lange dauerten. Daher sei der Ansatz der Regierung, wichtige Projekte – darunter auch fünf Wasserstraßenprojekte – mit Maßnahmengesetzen zu schleunigen, richtig. Auch Roland Hörner lobte das Vorhaben: »Es ist gut, diesen Weg auszuprobieren.«

Das zweite, ebenfalls noch ungelöste große Thema ist die nötige Flottenmodernisierung. Zum 1. Januar 2020 greift die NRMM-Richtlinie der EU mit ihren strengen Emissionsgrenzwerten auch für Motoren mit mehr als 300 kW. Partikulier Tobias Zöller (MSG) machte deutlich, dass sich das Gewerbe mit einer großen Unsicherheit konfrontiert sieht. »Es stehen schlichtweg keine geeigneten Motoren zur Verfügung«, sagt der Binnenschiffer. Es sei daher nicht nachvollziehbar, dass man bei einer umweltgerechten Nachrüstung eines bestehenden Motors keine Zertifizierung entsprechend der NRMM-Verordnung erhalte. »Wenn ich keine Investitionsicherheit habe, werde ich auch nicht investieren«, so Zöller.

Ein neues Motoren-Förderprogramm des Bundes kommt frühestens 2021. Bundesverkehrsminister Scheuer hatte im Mai Fördersätze von bis zu 80% in Aussicht gestellt – das müsste allerdings von der EU notifiziert werden. Ausgang: offen. Auch Salomon konnte nicht mehr als den altbekannten Sachstand vortragen.

Die Grünen-Abgeordnete Claudia Müller kritisierte, dass die Binnenschifffahrt im Klimaschutzpaket der Bundesregierung zu wenig Beachtung findet. In der Frage, welche alternativen Antriebskonzepte künftig zum Einsatz kämen, dürfe die Politik das Gewerbe nicht allein lassen. »Die Politik eine gut begründete und mit einer fundierten Datengrundlage unterlegte Richtung vorgeben«, so Müller. Die Binnenschifffahrt sei ja eine verhältnismäßig kleine Branche, in der man mit staatlicher Unterstützung geeignete Technologien ausprobieren kann«, sagte Mathias Stein (SPD), Koordinator der PG BiSchi.


Krischan Förster