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Der Spezialausrüster Tehag hat einen Großauftrag an Land gezgen. Bei der Flotte Hamburg werden sechs Schiffe mit modernen Systemen zur Abgasnachbehandlung ausgestattet. Weitere Bestellungen könnten noch folgen

Eigentlich will die EU eine deutlich »grünere« Binnenschifffahrt. Doch Motoren, die die strengen Emissionsgrenzwerte nach NRMM erfüllen, stehten derzeit nicht zur Verfügung. Erst im Lauf des Jahres wollen Hersteller wie Scania oder Volvo erste Exemplare anbieten.

Die Vorgaben gelten für Neubauten, Bestandsschiffe sind nicht betroffen, sondern dürfen weiter mit alten Motoren fahren. Doch in vielen Kommunen von der Spree bis zum Rhein wächst der Druck auf die Schifffahrt, ihren Anteil an der Luftbelastung deutlich zu verringern. Auch die öffentliche Hand sieht sich zunehmend in der Pflicht, mit gutem Beispiel voranzugehen.

In Hamburg ist das zu beobachten. Nach einem Senatsbeschluss von 2016 wurden rund 50 Schiffe von Hamburg Port Authority (HPA), der Feuerwehr, von Wasserschutzpolizei und LSBG in der sogenannten Flotte Hamburg zusammengefasst. Sie werden bereits seit längerem aussschließlich mit dem synthetischen Kraftstoff GtL betrieben, der vor allem in Bezug auf Rußpartikel als umweltfreundlicher gilt als herkömmlicher Diesel. Zusätzlich bekommen die ersten Schiffe jetzt moderne Abgasnachbehandlungssysteme, um den Schadstoffaustausch weiter zu reduzieren.

Für die Umrüstung von sechs Schiffen hat der Abgasnachbehandlungsspezialist Tehag aus Moers (Nordrhein-Westfalen) den Zuschlag erhalten. Installiert werden dabei sowohl SCR-Katalysator als auch Partikelfilter, also das »Rundum-sorglos«-Paket, sagt Tehag-Geschäftsführer Florian Franken. Zwei Eisbrecher sind dabei, dazu Kontrollboote und zwei Einheiten der Landespolizei. Jeweils mit einem Motor im Maschinenraum. Das letzte der Schiffe wird in diesen Tagen umgerüstet.

Mit der gesamten Ausrüstung samt Schweißtisch, Schweißgerät und Hundeten Metern an Kabeln sind die Tehag-Spezialisten angereist, um direkt in der HPA-Werft in Hamburg-Harburg die Arbeiten zu erledigen. Vier bis sechs Wochen waren dafür jeweils veranschlagt.

Die größte Herausforderung: der begrenzte Platz unter Deck. Denn als die Schiffe einst gebaut wurden, hatten die Konstrukteure eine spätere Nachrüstung mit solchen Anlagen nicht auf dem Zettel. »Dann wird es manchmal ganz schön eng«, sagt Franken. Oder auch hoch.

Auf den beiden Eisbrechern liegt die lichte Höhe im Maschinenraum bei 3 m, »da haben wir unser System unter die Decke gehängt«, berichtet der Tehag-Chef. Praktisch in jedem Fall musste ein aufwändiges »Bypass«-System installiert werden. Doch Aufwand und Einsatz lohnen ganz offensichtlich. Messungen der Prüforganisation Dekra ergaben eine Reduzierung der Partikel um nahezu 99%, auch Stickoxid-Emissionen (NOx) werden gut 90% verringert.

Doppelter Vorteil mit GtL

Die Verwendung von GtL bereitet dabei keine Schwierigkeiten. »Unsere Anlagen arbeiten mit konventionellem Diesel genauso gut wie mit GTL«, so Franken. Eher ist es sogar ein Vorteil. Da vorher schon weniger Partikel ausgestoßen werden, verlängern sich mit GtL die Wartungsintervalle beim Partikelfilter. Aber letztlich handle es sich immer um eine einzelne, angepasste Installation – je nach den Gegebenheiten an Bord bzw. unter Deck.

Das Unternehmen hofft auf weitere Aufträge. Es gebe bereits klare Signale seitens der Flotte Hamburg, weitere Bestandsschiffe nachzurüsten, sagt Franken. Angesichts fehlender NRMM-konformer Antriebe sei die Nachrüstung älterer ZKR I- oder ZKR II-Motoren mit Filtern und Katalysatoren ein richtiger Schritt, um Binnenschiffe umweltfreundlicher fahren zu lassen.

Erstmals seit vielen Jahren macht Tehag angesichts der gestiegenen Nachfrage in der Schifffahrt ebenso viel oder sogar mehr Geschäft als im Bahnbereich, vor allem mit Fahrgastschiffen. »Immer dann, wenn Menschen an Bord kommen, wird die Rußbelastung zum Thema«, sagt Franken. Die Frachtschifffahrt sei, auch wegen der schlechteren Finanzierungsmöglichkeiten, sehr viel zurückhaltender. Weitere Auflagen, wie etwa die Verbannung von ZKR I-Motoren aus Rotterdam ab 2025, könnten sich mittelfristig aber als Treiber für weiteres Geschäft erweisen.