Durch die begonnene Fahrrinnenanpassung der Elbe wird ein positives Signal an die Hafenkunden gesendet, die dadurch Planungssicherheit bekommen. Dennoch steht der Hamburger Hafen weiterhin vor einigen Herausforderungen
Der Hamburger Hafen sei wieder auf Wachstumskurs. Dies war die zentrale Botschaft des Pressegesprächs des Unternehmensverbands Hafen Hamburg (UVHH) in der Hansestadt.
»Mit der Umsetzung der Fahrrinnenanpassung von Außen- und Unterelbe wird die seewärtige Erreichbarkeit des Hamburger Hafens deutlich verbessert. 1m mehr Tiefgang und die Schaffung einer Begegnungsbox haben eine höhere Auslastung der Schiffe und mehr Flexibilität bei der Abfertigung von Großschiffen zufolge«, so UVHH-Präsident Gunther Bonz.
Bonz erwartet für das laufende Jahr sowohl im Containerumschlag als auch im Gesamtumschlag Steigerungen. Beim Boxen-Handel rechnet er mit einem Umschlag von mehr als 9Mio. TEU. Dies sei ein Wachstum von rund 3,4% im Vergleich zum Vorjahr, in dem 8,7Mio. TEU umgeschlagen worden waren. Bonz begründet dies vor allem mit zusätzlichen Transatlantikdiensten des Reederzusammenschlusses THE Alliance sowie mit einem neuen Asiendienst von Ocean Alliance. Positiv wirke sich zudem der höhere Transshipmentumschlag aus.
Beim Gesamtumschlag erwartet Bonz für das laufende Jahr mit rund 140Mio.t ebenfalls einen Anstieg. Dies wäre ein Wachstum von 3,7% im Vergleich zu den 135Mio.t des Vorjahres.
Ausbau der Infrastruktur nötig
Damit der Hamburger Hafen den eingeschlagenen Kurs fortsetzen könne, bedürfe es aber weiterer Anstrengungen, so der UVHH-Präsident. Es gelte, den Ausbau des Nord-Ostsee-Kanals (NOK) zu beschleunigen, stabile Wassertiefen im Hafen zu gewährleisten sowie für einen flächendeckenden Breitbandausbau im Hafen und entlang der Unter- und Außenelbe zu sorgen. Diese sei »seit Jahren überfällig«, so Bonz. Wichtig sei auch eine neue Köhlbrandquerung sowie der Neubau der Autobahn A26 Ost/Hafenpassage. Hier zeigte sich Bonz jedoch irritiert, dass die Grünen das Projekt nicht mehr unterstützen wollen. Dies sei ein falsches Signal in Bezug auf die Verlässlichkeit, kritisiert er, und hofft aber dennoch, dass der Senat an diesem Projekt festhalten wird.
Verbesserungsbedarf sieht der UVHH zudem noch immer beim Baustellen- und Verkehrsmanagement. Darüber hinaus gelte es, wettbewerbsverzerrende Bedingungen wie die Einfuhrumsatzsteuer zu beseitigen. Hier gebe es zwar positive Signale. Da dafür die Verfahrensvorschriften der deutschen Zollverwaltung angepasst werden müssten, rechnet der UVHH frühestens im Jahr 2021 mit einer Beseitigung der durch die Einfuhrumsatzsteuer enstehenden Wettbewerbsnachteile.
Bahntransporte bleiben dominant
Positiv bewertet die Hafenwirtschaft die verkehrlichen Verbindungen Hamburgs nach Europa. Dies mache den Standort zu einem »attraktiven Umschlagplatz für viele Unternehmen.«
Auch beim Thema Umweltschutz und Nachhaltigkeit sei der Hamburger Hafen gut aufgestellt. 47,1% der für das Hinterland bestimmten Güter werden per Bahn transportiert, 42,8% per Lkw und 10,1% per Binnenschiff. Damit sei Hamburg der größte Eisenbahnhafen Europas. In der Hansestadt würden beispielsweise fast so viele Container per Bahn transportiert wie in Rotterdam, Antwerpen und Bremen zusammen, unterstrich Bonz.
Beim Thema Binnenschiffstransporte gibt es derweil noch Luft nach oben. Dies gilt auch für den Transport von Containern über die Wasserstraßen, der einen Anteil von 2,4% ausmacht. Im einst aufgestellten Hafenentwicklungsplan 2025 war als Zielsetzung von mindestens 5% die Rede. Davon ist man also noch ein gutes Stück entfernt. Dabei ist für Unternehmen wie die ADM Hamburg Aktiengesellschaft die Güterbeförderung mit Binnenschiffen von hoher Bedeutung. »Fast alle unsere Standorte befinden sich an Wasserstraßen«, sagt Jaana Kleinschmit von Lengefeld, Vorstandsvorsitzende von ADM Hamburg.
Wie wichtig die Binnenschifffahrt für den Hamburger Hafen ist, wurde nicht zuletzt in diesem Sommer deutlich, als im August fast 90 Schiffe wegen eines Schadens am Stauwehr Geesthacht vor dem Schiffshebewerk Scharnebeck nicht weiterfahren konnten, da der Wasserspiegel der Elbe abgesenkt werden musste. So etwas könne immer vorkommen, so Bonz, der betonte, dass der Schaden in Geesthacht nicht auf das Alter des Bauwerks zurückzuführen gewesen sei.
Um solch einen Zwischenfall dennoch künftig zu verhindern, wurden Maßnahmen eingeleitet, die nun kurz vor dem Abschluss stehen. Kurz nach dem Unglück wurden als Erstmaßnahme durch das zuständige Wasserstraßen und Schifffahrtsamt (WSA) Lauenburg rund 4.000t Schüttmaterial herbeigeschafft, die nun mit einem Deckwerk aus Betonsteinen belegt worden sind. Das soll zu einer Verfestigung führen. An der Durchgängigkeit des Stauwehrs für Fische gibt es aber weiter Probleme, denn durch den abgerutschten Damm am Nordufer und durch eine eingeknickte Spundwand ist sie noch immer massiv eingeschränkt. An der großen Fischtreppe fehlt die für die Tiere wichtige »Lockströmung« auf ihrem Weg in die Laichgebiete. Um die Spundwand zu stabilisieren, ist die kleine Fischtreppe inzwischen sogar vollständig verfüllt worden.
Landstrom im Fokus
In das Thema Landstrom kommt unterdessen Bewegung: Nach Kenntnis von Bonz plant die Hamburg Port Authority (HPA) bis zum Jahr 2022 den Bau von zehn Landstromanlagen. Betreiber sollen aber nicht die Terminals sein, sondern die HPA beziehungsweise von ihr beauftragte Unternehmen. Grundvoraussetzung sei jedoch, dass der Bezug von Landstrom nicht mit der EEG-Umlage berechnet werde. Ansonsten sei es schlicht zu teuer auf diese Weise Energie zu beziehen. Für die verschiedenen Terminals bedürfe es aber individueller Lösungen. Allen gemein sei aber, dass die Kabel unter der Terminalfläche verlegt werden sollen.
Viele Unternehmen im Hafen würden darüber hinaus freiwillige Umweltschutzmaßnahmen leisten. Dies betrifft die Eigenerzeugung und den Bezug von Strom aus erneuerbaren Energien, Maßnahmen an Gebäuden und Flächen und die Modernisierung von Maschinen sowie die Optimierung von Prozessen. Dadurch würden Einsparungen von mehr als 71Mio. kWh Energie pro Jahr erzielt sowie der jährliche CO2-Ausstoß um knapp 100.000t verringert.
Einen Beitrag zur Umweltschonung leistet auch das Hamburg Vessel Coordination Center (HVCC). Durch passgenaue Geschwindigkeiten im Zulauf zur Elbe würden Einsparungen von bis zu 22t Bunker und etwa 66t weniger CO2-Emissionen pro Schiff erzielt werden können.
Verhaltene Prognose
Der Ausblick von Bonz für das Jahr 2020 fällt weniger positiv aus. Er sei froh, wenn man die Umschlagbilanz von 2019 erreiche. Grund für die eher skeptische Prognose seien politische Unsicherheiten und die Eskalation der Handelskonflikte. Diese würden sich auch im kommenden Jahr auf die Weltwirtschaft und auf die deutsche Exportwirtschaft auswirken.
Thomas Wägener