Sorgen um die Schiffbarkeit der Elbe

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Der Sächsische Hafen- und Verkehrsverein (SHV) beklagt die fehlende Umsetzung des Gesamtkonzeptes Elbe und will weiter um die Zukunft dieses Verkehrsweges kämpfen

Wenn alljährlich der Sächsische Hafen- und Verkehrsverein (SHV) zu seiner Jahreshauptversammlung einlädt, richtet sich der Blick naurgemäß auf die Elbe. Und wie bei fast allen Treffen zuvor, fällt das Fazit nicht unbedingt postiv aus. »Bei der Erfüllung der konzipierten Maßnahmen lahmt es«, beklagte Detlef Bütow, Vereinsvorsitzender des SHV. Es gebe kaum Fortschritte.

Engagement und Kampf um die Verbesserung der Schifffahrtsbedingungen auf der Elbe würde den SHV deswegen auch in Zukunft begleiten. Dies werde immer bedeutsamer, denn nicht zuletzt der Klimawandel betreffe auch die Elbe und werde den Fluss als »Gesamtsystem von Verkehr und Natur« vor große Herausforderungen stellen, hieß es.

Eine geregelte Schifffahrt war im vergangenen Jahr tatsächlich nur von Januar bis in den Mai hinein möglich. Danach war die Elbe aufgrund des extremen Niedrigwassers nur noch teilweise befahrbar. Die geringen Wasserstände hatten bis über den Jahreswechsel hinaus angehalten – die Probleme bestehen also weiter.

Die künftige Vereinsarbeit, so Bütow, werde neben den regelmäßigen Wirtschaftstreffen auch durch die jährliche Fachexkursion getragen, wie sie die Vereinsmitglieder im vergangenen Jahr zur Mosel geführt hatte. Bei der Besichtigung der Baustelle der Schleuse bei Trier sei deutlich geworden, so berichtet Bütow, dass mit einem staugeregelten Wasserweg die Transportleistungen nachhaltig gesteigert werden und dabei gleichzeitig eine gesunde Flora und Fauna erhalten werden könnten.

Besondere Höhepunkte bei den Wirtschaftstreffen 2019 waren die Vorträge der international tätigen Firmen »Obermeyer« und »IMA«. Bütow dazu: »Aus dem Kennenlernen der weltweiten Tätigkeiten dieser Firmen kann insbesondere geschlussfolgert werden, wie gut und wichtig es ist, einfach mal über den Tellerrand zu schauen.«

Ganz besonders würdigte Bütow in seinem Rückblick die Arbeit am historischen Terminal, vor allem auf dem letzten Großplauer-Maßkahn »Waltraud«, einem 1913 in Havelberg gebauten Schiff. Es ist innen wie außen wieder so hergerichtet und schmuck in Farbe, wie es einst die Werft verlassen hatte. Mehr als 200 Stunden ehrenamtlicher Arbeit seien dafür von mehreren Vereinsmitgliedern im vorigen Jahr geleistet worden. Die Laderäume sind inzwischen zu Ausstellungsräumen hergerichtet und die Kajüten vorn wie achtern im damaligen Ambiente neu ausgebaut worden.

Zum »Tag des offenen Denkmals« am 8. September 2019 hatten sich 706 Besucher ins Gästebuch eingetragen. Höhepunkte wie solche werde es auch in diesem Jahr wieder geben, versprach Bütow.

Loroff folgt auf Bütow

Seit der Gründung 1998 stand Detlef Bütow, ehemaliger Kapitän auf Großer Fahrt und langjähriger Geschäftsführer der Sächsischen Binnenhäfen Oberelbe (SBO), an der Spitze des Vereins. Nun aber, nach 21 Jahren, gibt er den Staffelstab weiter. Bütow bat zum Abschluss seiner Ausführungen darum, aus Altergründen von der Funktion des SHV-Vorsitzenden entbunden zu werden. Als seinen Nachfolger schlug er Heiko Loroff vor, der von Bütow ja bekanntlich schon die Position des Geschäftsführers bei den SBO übernommen hatte. Die Wahl der Vereinsmitglieder fiel einstimmig aus. Bütow versprach allerdings, auch künftig in der Vereinstätigkeit aktiv zu bleiben.

Im anschließenden 258. Wirtschaftstreffen des SVH ging es um die Auswirkungen des Klimawandels auf die Binnenschifffahrt im Elbegebiet und was man tun könnte, um diesen Verkehrsweg am Leben zu erhalten.

Veränderungen in Tschechien

Wie Ji í Aster, Vize-Vorsitzender der Kammerunion Elbe/Oder (30 Handelskammern aus Deutschland, Tschechien und Polen), ausführte, verzeichnet die tschechische Binnenschifffahrt Einbußen bei den Gütermengen. In den 1990er-Jahren wurden noch jährlich rund 2 Mio t an Ex- und Importgütern über die Elbe verschifft. Im vergangenen Jahr waren es nur noch rund 50.000 t im grenzüberschreitenden Verkehr.

Die tschechischen Binnenschiffer hätten sich daher auf das westdeutsche Kanal-und Rheingebiet verlegt, weil sie anders nicht überleben könnten. Die größte tschechoslovakische Elbereederei (CSPL), die 2022 ihr 100. Jubiläum hätte feiern können, gehört seit 2019 zur Duisburger Rhenus PartnerShip. Einer der letzten CSPL-Direktoren, Lubomir Fojtu, ist jetzt Chef der tschechischen Direktion der Wasserstraßenverwaltung.

Die Regierung in Prag hält dennoch an der Verbesserung der Schiffbarkeit der Elbe fest und plant den Ausbau der Staustufe bei D ín. Damit beauftragt ist die tschechische Wasserstraßendirektion, die momentan das Problem der kompensierenden Maßnahmen für die schlammige Anschwemmungen löst, die durch den Bau der Staustufe D ín ständig unter Wasser bleiben würden. Zwei Gutachten vom Umweltministerium schlossen eine Kompensierung aus, jetzt aber ließ das Landwirtschaftsministerium ein neues Gutachten ausarbeiten, in dem nachgewiesen ist, dass die vorherigen Studien nicht alle Möglichkeiten in Bezug auf die Ausgleichmaßnahmen ausgeschöpft haben. Deshalb können die Vorbereitungen für den Bau weiterlaufen.

Die Staustufe D ín schließt sich an die deutschen Absichten an, die Elbe für eine Wassertiefe von 1,60m und damit für eine Tauchtiefe von 1,40m auszubauen. Tschechien widmet sich aber auch der Planung einer Elbe-Oder-Donauverbindung in Zusammenarbeit mit der polnischen Wasserstraßenverwaltung (siehe BS 11/18, S. 75).

Bei einer Beratung zur Realisierung des Gesamtkonzeptes Elbe im vergangenen Monat im Bundesverkehrsministerium (BMVI), hatte Aster eine Bilanz der Niederschläge von der Böhmischen Wetterstation Lhenice im Einzugsgebiet der Moldau vorgelegt. Demnach ist die jährliche Niederschlagsmenge seit 2006 von 653,7mm³/l auf 361,6 mm³/l im Jahr 2019 gesunken. Da die Moldau die größte Wassermenge für die Elbe bringt, sei es erforderlich, das bisherige Management der Wasserhaltung der Elbe zu überdenken.

Gesamtkonzept Elbe im Verzug

Auch der Vorstandsvorsitzende der Elbe-Allianz und Leiter der Repräsentanz Deutschland-Ost des Hamburger Hafens, Stefan Kunze, bestätigte, dass sich die Realisierung des Gesamtkonzeptes Elbe in Verzug befindet. Eine Ursache sei die schleppende Umsetzung der personellen Ausstattung in den Ämtern. Von 34,5 bewilligten Stellen sei erst die Hälfte besetzt. Für die restlichen Positionen liefen die Ausschreibungen, so dass im Jahresverlauf alle Stellen besetzt sein sollten.

Parallel hätten bereits einzelne Planungsprojekte begonnen, so zum Beispiel für die Erosionsstrecken Klöden und Coswig/Anhalt. Dort könne nach Kunzes Einschätzung der Baubeginn 2022 erfolgen.

Für die sogenannte Reststrecke zwischen Dömitz und Hitzacker soll die Ausschreibung für den Untersuchungsauftrag zur Variantenfindung im ersten Halbjahr erfolgen, die Untersuchungsergebnisse würden demnach frühestens Ende 2021 vorliegen.

Vor dem Hintergrund der Trockenheit in den beiden Vorjahren sieht auch Kunze die Notwendigkeit, das Wassermanagement im Einzugsgebiet der Elbe zu überprüfen. Denn das Extremwetter habe zu massiven Problemen nicht nur für die Schifffahrt, sondern auch für die Land- und Forstwirtschaft geführt. Elbauen seien ausgetrocknet und wiesen schwerste Schäden auf. Kunze unterstrich, dass das Gesamtkonzept Elbe zügig umgesetzt werden müsste, um das wenige verfügbare Wasser künftig besser nutzen zu können. Darüber hinausgehende Überlegungen dürften diesen Prozess nicht verzögern.

Oberelbe-Häfen setzen auf Züge

Der SBO-Geschäftsführe und nunmehr Vorsitzender des SHV, Heiko Loroff, dankte Detlef Bütow für seine »unermüdliche Arbeit« seit Gründung des SHV im Jahre 1998. Er habe den SHV zu einem der wichtigsten Vertreter der Elbeschifffahrt entwickelt und sich große Achtung in der Wirtschaft erarbeitet. Loroff versprach, die Arbeit beim SHV mit der gleichen Intensität fortzusetzen wie sie Bütow gezeigt habe.

Bei den SBO sind vier deutsche und zwei tschechische Häfen versammelt, de alle trimodal betrieben werden. Laut Loroff ist sein Unternehmen gezwungen, wegen der mangelnden Schiffbarkeit der Elbe zunehmend auf Bahnverkehre zu setzen. Mit der Transfracht habe man dafür aber einen zuverlässigen Partner. Dadurch könnten die Containerverkehre in Ganzzügen von Riesa nach Hamburg befördert werden.

Bei Projektladungen und Schwergütern, die von Dresden aus mit Ziel Übersee oder umgekehrt transportiert werden, benötige man wenigstens eine Tauchtiefe von 1m und breite flachgehende Transportgefäße. Andernfalls müsse man auch mit diesen Gütern auf Bahn und/oder den Lkw umsteigen.


Christian Knoll