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Wer ein Schiff auf Kurs und gleichzeitig in Fahrt halten will, brauchte lange Zeit zwei Dinge dafür: Ein Ruder und einen Propeller. Ruderpropeller können beides. In bestimmten Einsatzbereichen haben sich Ruderpropeller als unentbehrlich gezeigt

Die Technik, mit nur einem Werkzeug ein Schiff anzutreiben und zugleich den Kurs zu bestimmen, beherrscht man weltweit – und schon lange. Die »Wriggen« genannte Technik sorgt mit einem Ruderblatt (Riemen) für einen bescheidenen Vortrieb, mit der Ausrichtung des Ruders nach Back- oder Steuerbord kann – ebenfalls in bescheidenem Umfang – auch die Fahrtrichtung bestimmt werden.

Ob die Technik des Wriggens Pate gestanden hat, als Josef Becker 1950 den Schottel-Propeller erfand, ist nicht überliefert. Gleichwohl steht der Name Schottel fast synonym für Ruderpropeller der neuen Generation. Doch auch andere Hersteller haben Lösungen entwickelt, die auf diese Kombination von Antrieb und Kursgebung setzen.

Hydro Armor

Mit einem auf Hydraulikantrieb basierenden Konzept setzt die Hydro Armor einen eigenen Akzent. Kippbar, höhenverstellbar oder fest sind die Antriebe des niederländischen Herstellers zu haben. Die Hydraulikpumpen werden wahlweise mit Diesel, Gas oder elektrisch angetrieben und vorzugsweise auf dem Achterdeck montiert. Dabei ist der Aufstellort flexibel. Die eingehausten und somit schallgedämmten Aggregate geben ihre Energie an die im Propellergehäuse untergebrachten Hydraulikgetriebe ab. Neben geringeren Wartungskosten und hoher Effizienz sieht Hydro Armor deutlich Stärken im Flachwasserbereich.

Die Propelleraufhängungen sind, ähnlich wie bei manchen Außenbordern, mit einem Scherstift gesichert, der bei Kollision mit einem Hindernis eine Kippwirkung ermöglicht. So werden weitere Schäden am Antrieb vermieden. Einen weiteren Vorteil nennt Hydro Armor: die Reparaturfreundlichkeit. Bei Schäden am Propeller durch Treibgut oder ähnliches kann der Antriebsarm hochgeklappt und die Störung schnell beseitigt werden. Das hydraulische Powerpack lässt sich auch für den Antrieb anderer Systeme wie Krane, Winden oder auch Generatoren verwenden.

Der Hersteller mit Hauptsitz in Gendt führt fest montierte Ruderpropeller in Brunnenmontage, hochklappbare sowie höhenverstellbare Ruderpropeller ebenso wie Bugstrahlruder in herkömmlicher Bauweise, allerdings auch hydraulisch angetrieben. Die Hydro Armor Ruderpropeller und Bugstrahlanlagen decken ein breites Spektrum an Leistungen ab: Das Basic Rudder Propellers Sortiment sowie das Sortiment der einziehbaren Ruder gibt es im Bereich von 66kW bis 480kW, die Bugstrahler-Lösungen liegen zwischen 30 und 495 kW.

Jastram

Vom Bugstrahler bis zum Ruderpropeller reicht die Angebotspalette des Hamburger Unternehmens. »Mehr als 4.500 installierte Jastram-Thruster in nahezu jeder Ecke der Erde«, nennt der Spezialist seine Referenzen im Bereich diverser Antriebe. Mit Leistungen zwischen 130 kW bis 450 kW eignen sich die RP 230 (130 – 295 kW) und RP 380 (225 – 450kW) genannten Produktlinien für eine Vielzahl unterschiedlichster Anwendungen. Zur Verbesserung der Hydrodynamik wurde die Formgebung der Produkte mit Hilfe spezieller EDV optimiert.

Als universell einsetzbare Lösung bietet Jastram das Uniprop genannte Paket. Das aus einer Einheit bestehende Antriebskonzept lässt sich auf dem Deck verbauen. In der schallgedämmten Einheit können beide Typen der Ruderprops eingebaut werden. Ein besonderer Vorteil ist die schnelle Reaktion: innerhalb von nur sechs Sekunden, so heißt es bei Jastram, kann der Propeller um 180° gedreht werden.

Kräutler Elektromaschinen

Mit Ruderpropellern und Propellergondeln, elektrisch oder mit Dieselantrieb, bedient auch das österreichische Unternehmen Kräutler Elektromaschinen den Markt. Ein Beispiel ist die seit 2017 auf der Mosel agierende Fähre »Santa Maria II«. Mit vier um 360° drehbaren Ruderpropellern von je 20 kW und einem Energieangebot von 250 kWh aus einem Lithium-Polymer-Akkupack wird eine Geschwindigkeit von 13km/h erreicht. Jeweils zwei der Propeller werden mit einem Fahrhebel bedient. Die Pods sind dabei höher eingebaut als bei anderen Schiffen, die Propeller sind kleiner gewählt. So tritt bei den Manövern keine Grundberührung auf.

Ein aktuelles Projekt hat Kräutler mit der Berliner Circle-Line in Arbeit. Die »SunCat 120«, ein bei der Werft Kiebitzberg in Havelberg beauftragtes 36m langes Fahrgastschiff, wird ausschließlich elektrisch betrieben. Das Elektro-Fahrgastschiff speichert die Energie, die aus auf dem Dach verbauten Solarzellen oder von Land bezogen wird, in einem auf 608 kWh Kapazität ausgelegten Akkupackage und hat zwei 45 kW starke, Kräutler-Antriebe (KRP 75) an Bord. Diese speziell für die gewerbliche Schifffahrt neu entwickelte Lösung in kompakter Bauweise sei, so der Hersteller, optimal für Einheiten mit einem Gewicht von bis zu 150t. Der verstärkte Ruderpropeller mit Kegelradgetriebe und Gleitringdichtung ist um 360° elektrisch drehbar und sorgt so für beste Manövrierbarkeit. »Die SunCat120« und deren Schwester »SunCat 121« werden Anfang April in Berlin getauft.

Rolls-Royce

Ein breites Angebot in allen hier besprochenen Segmenten hat auch Rolls-Royce. Tunnel-Thruster, Azimuth-Pod-Antriebe und Azimuth-Thruster finden ein umfassendes Einsatzfeld. Für Sonderaufgaben bietet das Unternehmen Lösungen mit Waterjets an. Die Antriebe der Kamewa-Serie versprechen nach Herstellerangaben deutlich weniger Vibrationen und Geräusche bei höheren Geschwindigkeiten. Der Leistungsbereich dieser Antriebe, mit denen bislang vorzugsweise Lotsenboote oder andere Behördenschiffe ausgestattet sind, liegt zwischen 300kW und 2.000kW.

Schottel

Mit einem Auftrag für vier Fähren von 81m Länge für die kanadische BC-Ferries gab es für Schottel in Spay einen positiven Jahresauftakt. Ausgestattet mit jeweils zwei Schottel-Twin-Propellern können die bei Damen in Galati entstehenden »Road Ferry 8117 E3«- Schiffe 300 Passagiere und Besatzungsmitglieder sowie 47 Fahrzeuge aufnehmen.

Der Hauptantrieb besteht aus zwei Elektromotoren, die jeweils eine Leistung von 950 kW bei 1.700 U/min haben und für die Schottel STP 340 Azimutantriebe bereitstellt. Mit einem Propellerdurchmesser von 1,85m ermöglicht der STP eine Fahrtgeschwindigkeit von 14kn.

»Das Antriebssystem ist effizient, leise und nachhaltig und passt optimal zu unseren Fähren der Island Class«, wird Kapitän Jamie Marshall, Vice President Business Development and Innovation bei BC Ferries, zitiert. Mit den Fähren der Salish-Klasse, ausgerüstet mit Schottel Azimutantrieben, habe man beste Erfahrungen gemacht.

Allgemein sind Antriebe für die Binnenschifffahrt ein wichtiger Bestandteil des Portfolios von Schottel. Sie kommen in Europa vor allem auf Fahrgastschiffen, Flusskreuzfahrtschiffen, Doppelendfähren und Arbeitsschiffen zum Einsatz.

Aus der breiten Produktpalette von Ruderpropellern hat sich auch die Schweizerische Schifffahrtsgesellschaft Untersee und Rhein AG, kurz URh genannt, bei ihrer »Arenenberg« bedient. Das 1983 gebaute Schiff brauchte eine Rundum-Erneuerung. Sowohl die Motoren, die Schottel-Ruderpropeller-Antriebe und Generatoren sowie die gesamte technische Steuerung und Gerätschaft im Steuerhaus standen zur Erneuerung. Die Wahl fiel auf zwei Ruderpropeller Typ SRP 150 FP mit je 368 kW.

Um besondere Anforderungen, die zu erfüllen waren, ging es auch bei einer weiteren Order. Die Flotte Hamburg beauftragte zwei neue Feuerlöschboote, die mit Schottel-Antrieben ausgestattet werden (siehe S.31).

Bei einem weiteren Leuchtturmprojekt der Binnenschifffahrt, dem Neubau des Kanalschubbootes »Elektra« von der Berliner Behala ist Schottel auch mit »im Boot«. Das bei der Schiffswerft Hermann Barthel in Derben (Sachsen-Anhalt) im Bau befindliche hybride Schubboot wird von einer Kombination aus Brennstoffzellen, Akkumulatoren und elektrischem Antrieb angetrieben. Die 20m lange und 8,20m breite Einheit wird mit zwei Schottel-Ruderpropellern vom Typ SRP 100 mit Düse (je 200 kW) sowie einem Steuer- und Regelsystem desselben Herstellers ausgestattet.

Um die schon jetzt hohe Bandbreite der Produkte auch aus der Familie der Ruderpropeller weiter auf dem neuesten Stand halten zu können, investiert der Antriebsspezialist aus Spay am Rhein derzeit erneut in CFD. Mithilfe der numerischen Strömungsmechanik (Computational Fluid Dynamics) lassen sich komplexe physikalische Vorgänge untersuchen.

Für Manfred Heer, Vice President Technology bei Schottel, ist diese Investition im sechsstelligen Bereich gut angelegt: »Bei Schottel sind CFD-Simulationen schon seit Jahren fester Bestandteil der hydrodynamischen Auslegung. Mit Hilfe dieser Berechnungen lassen sich unterschiedlichste Anwendungen, wie beispielsweise die Freifahrt des Propellers, Schiffswiderstand und Schleppleistung, Manövrierfähigkeit, Kavitationsneigung oder die Geräuschentwicklung simulieren und analysieren. Darüber hinaus gewinnen wir mit dieser Methode wertvolle Belastungsdaten für die mechanischen Komponenten unserer Antriebssysteme.« Nur so, weiß Heer, ließen sich auch extreme Betriebsbedingungen simulieren, die man im realen Schiffsbetrieb aus Sicherheitsgründen nicht testen würde.

Die Erhöhung der CFD-Kapazitäten sichere die höchstmögliche Qualität der CFD-Berechnungen. Der Detaillierungsgrad der Berechnungen kann entsprechend der Aufgabenstellung quasi beliebig erhöht werden. »Wir können alles berechnen, was für die Strömung relevant ist. Außerdem ist es uns möglich, jedes Entwicklungsprojekt mit CFD zu unterstützen, um noch genauere Aussagen über das Strömungsverhalten treffen zu können«, ergänzt Heer.

Veth Propulsion

Aus dem niederländischen Papendrecht beliefert Veth Propulsion die Branche mit einem breiten Spektrum an Antrieben, die auf unterschiedliche Bedürfnisse eingehen. Eine der jüngsten Entwicklungen ist der integrierte L-Drive. Die komplette Neuentwicklung hat mit dem im Thruster selbst verbauten Elektromotor eine Aufbauhöhe von nur 41cm. Der Leistungsbereich wird zwischen 300kW und 2.350kW liegen. Anstelle der bisher verwendeten Asynchron-Motoren haben die Veth-Ingenieure einen Motor mit Permanentmagneten ausgewählt. Die Propeller der neuen Linie von Veth stammen vom deutschen Spezialisten Promarin.

Voith

Der Name Voith, speziell der Begriff Voith Schneider, steht als Synonym für einen ganz besonderen Antrieb und verspricht ein Alleinstellungsmerkmal. Die VSP (Voith Schneider Propeller) genannte Lösung wird als »einfach« beschrieben: Auf einer kreisförmigen Scheibe am Schiffsboden sind senkrecht bewegliche und steuerbare Flügelblätter angebracht – je nach Typ zwischen vier und sechs. Rotiert die Scheibe, wird Schub erzeugt. Die Drehzahl der Scheibe bestimmt dessen Kraft, die Stellung der Flügel seine Richtung. Dieses seit 90 Jahren in verschiedensten Anwendungen bewährte System ist beispielsweise bei Hafenschleppern, Fähren, Yachten oder Offshore-Versorgungsschiffen die Lösung erster Wahl. Durch seine Bauweise erzeugt der VSP Schub in jede beliebige Richtung. Er ist Antrieb und Steuerung in einem. Dank kurzer Reaktionszeiten auf Steuerbefehle ermöglicht der VSP zudem auch unter widrigen Bedingungen schnelles, sicheres und präzises Manövrieren und Positionieren. Überall dort, wo dies, auch unter schwierigen Bedingungen, gefragt ist, findet sich ein VSP-Antrieb.

Daneben ist der Voith Radial Propeller (VRP) Teil des Antrieb-Portfolios. Er arbeitet beispielsweise in der »Castoro Sei«, einem 152m langen Arbeitsschiff zum Verlegen von Pipelines. Voith Inline Thruster (VIT) und Voith Inline Propulsor (VIP) sind Propellerkonzepte, die als Strahlruder oder als Antrieb genutzt werden. Sie sind achslos und benötigen weder Welle noch Getriebe. Der Voith Linear Jet (VLJ) verbindet die Vorteile von Propellern mit denen des Waterjets. Er kommt neben VSP und VIT / VIP beispielsweise bei Fähren oder Yachten zum Einsatz.

Ein aktuelles Projekt mit Beteiligung von Voith-Schneider ist die neue bei Pella Sietas in Hamburg gebaute Bodensee-Fähre. Auftraggeber und Betreiber der 17,7Mio. € teuren Einheit mit dem Arbeitstitel »LNG-Fähre FS14« sind die Stadtwerke Konstanz. Das auf Basis von LNG betriebene Schiff soll ab dem kommenden Sommer zwischen Konstanz und Meersburg eingesetzt werden.

Im Neubau sind zwei 8-Zylinder MTU Gasmotoren (Baureihe 4000) mit jeweils 746 kW Leistung verbaut. Die MTU-Maschinen übertragen ihre Leistung auf zwei Voith-Schneider-Propeller vom Typ VSP21GII/110-2.

ZF Marine

Mit einem umfangreichen Programm an schwenkbaren Strahlantrieben bietet ZF Marine Propulsion Systems Antriebslösungen für kommerziell verwendete Schiffe, Yachten und Behördenschiffe. Neben vielen Versionen von Ruderstrahlern für unterschiedliche Antriebszwecke und Montagearten stehen auch Querstrahlantriebe mit Festpropellern und Verstellpropellern und Strahlantriebe für seichte Gewässer zur Verfügung.

Mit Diesel- und Elektromotoren als Hauptantrieb kann ein Leistungsbereich von 100 kW bis 2.000 kW abgedeckt werden. Montiert im Schacht, eingeschweißt im Rumpf oder ausfahrbar, sind Strahlantriebe von ZF Marine an verschiedenste Verhältnisse angepasst. Querstrahlantriebe können elastisch gelagert werden, um den Körperschall im Rumpf zu minimieren. Bei jedem Strahlantrieb ist eine Kontrolleinheit für Steuerung und Antrieb enthalten, die mit allen Arten von Hauptantrieben verbunden werden kann. Das Thruster Command Standard-Kontrollsystem besteht aus der Thruster Control Unit direkt am Strahlantrieb und dem Remote Control Panel auf der Brücke. Die Anbindung an andere Systeme wie Dynamic Positioning, Joysticks, Autopilot, Voyage Data Recorder, Alarm- und Monitoring ist optional.


Hermann Garrelmann