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Der Erkenntnisstand der Abwasserentsorgung auf Flusskreuzern hat wegen der Polizeikon-trollen zugenommen. Der Regelkreis zu Produktion, Zulassung, Einbau und Überwachung von Bordkläranlagen wurde geschlossen und Rückkopplungsprozesse damit angestoßen

Der Einsatz von Bordkläranlagen ist durch die Gesetzeslage seit jeher fakultativ und nicht zwingend vorgeschrieben. Mit Bezug auf der im (ES-TRIN) gewählten sprachlichen Regelung ist der Einsatz vielmehr als alternative Möglichkeit zur Abwassersammlung an Bord mit anschließender Abgabe an externen Annahmestellen vorgesehen. Der Gesetzgeber schreibt nicht vor, dass ausschließlich ein Entsorgungsverfahren zu wählen ist. Kombinationslösungen in jeder erdenklichen Form sind zugelassen. Bordkläranlagen und Sammeltanks sind daher nur Bauteile eines ganzheitlichen Abwasserentsorgungssystems, dem ebenfalls die an Bord installierten Abwasserleitungen und sogenannte Bypass-Leitungen, über die ungeklärte häusliche Abwässer direkt in die Wasserstraßen eingebracht werden können, zuzuordnen sind. Gemäß CDNI ist allein von Bedeutung, dass zu jedem Zeitpunkt und in allen Betriebsphasen von betroffenen Flusskreuzfahrtschiffen kein Abwasser unbefugt eingeleitet wird.

Mit dem Leuchtturmprojekt »Überwachung von Bordkläranlagen auf Fahrgastschiffen in Bayern« wurde im Auftrag des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz durch das Bayerische Landesamt für Umwelt erstmals ein Konzept erarbeitet, das den zuständigen Kontrollbehörden ermöglichen soll, die einwandfreie Funktionsfähigkeit der Bordkläranlagen auf Fahrgastschiffen effizient überwachen zu können. Im Rahmen der Fachtagung im Oktober 2019 in Augsburg wurden die im Projekt gesammelten Erfahrungswerte über den Zustand der Bordkläranlagen und der stichprobenartig untersuchten Fahrgastschiffe präsentiert.

Mängel an Bordkläranlage

Auf Basis der einzuhaltenden CSB-Überwachungswerte wurde aufgezeigt, dass nur zwei Drittel der untersuchten Bordkläranlagen während der Kontrollen im regelkonformen Zustand waren. Nur drei von 13 Bordkläranlagen, die aufgrund ihrer Einbaujahre unter die Härtefallregelung des CDNI fallen, hielten den Überwachungswert von 250mg/l ein. Zudem wurden direkte Einleitungen ungeklärter Abwasserteilströme in die Wasserstraße festgestellt. Valide Nachweise erfolgten hier durch Tracer-basierte Untersuchungen unter Anwendung von Uranin. Alle untersuchten Fahrgastschiffe verfügten über Bypass-Leitungen.

Mögliche Sanktionen

Auf der Fachtagung wurden zudem umfassend die Sanktionierungsmaßnahmen aufgezeigt, die aufgrund der Rechtslage bei Verstößen zu treffen sind. Neben den schifffahrtsrechtlichen Regelungen ist bei Verstößen gegen das CDNI ggfs. das Strafrecht anzuwenden. Dieses sieht gemäß § 324 StGB Absatz 1 vor: »Wer unbefugt ein Gewässer verunreinigt oder sonst dessen Eigenschaften nachteilig verändert, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.«

Die Überschreitung von zulässigen Höchstwerten ist üblicherweise als nachteilige Veränderung gemäß § 324 StGB zu werten. Die Abwassereinleitung erfolgt in diesen Fällen unbefugt, da die Erlaubnis auf die Einhaltung der festgesetzten Höchstwerte beschränkt ist. Die strafrechtlichen Regelungen sollen so eine effektive Basis bilden, um das Umweltmedium Wasser als wichtigen Bestandteil in wirtschaftliche Prozesse mit einbeziehen, es jedoch gleichzeitig vor negativen Folgen dieser Nutzung wirksam schützen zu können. Es gilt zu bedenken, dass ein wirksamer Gewässerschutz nur dann gewährleistet werden kann, wenn es für die Bejahung der Tathandlung einer Gewässerverunreinigung genügen muss, dass die Verschlechterung Nachteile für das Gewässer haben kann. Zu verlangen, dass auf Basis immissionsseitiger Betrachtungen eine strafbare Verunreinigung erst dann bejaht werden sollte, wenn ein konkreter Nachteil des Gewässers nachgewiesen werden konnte, widerspricht dem Vorsorgeprinzip und anerkannter Sorgfaltspflichten zum Schutz des Gewässerzustandes.

Überschreitung der Grenzwerte

Die Gesetzeslage lässt für den Betrieb von Bordkläranlagen keinen Ermessensspielraum zu. Sowohl im CDNI und in ES-TRIN sind keine Sonderbefugnisse für spezielle Betriebsphasen vorgesehen, die ein Überschreiten der Grenzwerte zulassen. Als maximale Konsequenz soll zukünftig mit Inkrafttreten des neuen Ausführungsgesetzes zum CDNI bzw. durch einschlägige länderrechtliche Regelungen ein Weiterfahrverbot gelten, falls die Bordkläranlage ihre Leistungsfähigkeit nicht erreicht und das ganzheitliche Abwasserentsorgungssystem an Bord nicht in der Lage ist, dieses durch eine Zwischenspeicherung der unzureichend behandelten Abwässer zu kompensieren. Eine Weiterfahrt würde dann unweigerlich zu einer Gewässerverunreinigung als Straftatbestand im Sinne von § 324 StGB führen.

Die Komplexität einer regelkonformen Abwasserentsorgung mit all ihren betrieblichen und technischen Konsequenzen scheint bisher unterschätzt worden zu sein. Primär stehen Bordkläranlagenhersteller und die Technischen Dienste mit ihren Prüfaufgaben und erst im Anschluss das Gewerbe in der Verantwortung. Es sollten Konsenslösungen u.a. zu folgenden Punkten gefunden werden:

Liegt ein regelkonformes Abwasserentsorgungskonzept auf Basis einer Bordkläranlageninstallation vor, wenn kein ausreichendes Speichervolumen für Notfallsituationen (Ausfall von Bordkläranlagenkomponenten) vom Hersteller vorgesehen ist?

Welche Präventivmaßnahmen hat ein Hersteller im Rahmen seiner Betriebskonzepte und welche Prüfmethoden haben Technische Dienste im Rahmen der Typprüfung hierbei vorzusehen?

Welche Prüfkriterien werden Technische Dienste zusätzlich für ihre Stichprobenmessungen festlegen müssen, um nachweislich die Funktionsfähigkeit von Bordkläranlagen im Gesamtkontext des bordseitigen Abwasserentsorgungskonzepts testen zu können?

Welche Kontrollmaßnahmen und Handlungsvorgaben sieht ein Hersteller für die Fälle vor, für die aus technisch-betrieblicher Sicht her eine Einhaltung der Grenzwerte nicht sichergestellt werden kann; wie z.B. Einfahrbetriebe oder ein zu hoher Feststoffabtrieb. Ein Feststoffabtrieb von 1 mg/l aus der Nachklärung erhöht die CSB-Konzentrationen im Ablauf um 0,8 mg/l bis 1,4 mg/l (DWA, 2016). Bereits ein Schlammabtrieb im geringen Umfang kann zu Grenzwertüberschreitungen führen.

Betriebsanleitung kann helfen

Eine transparente und qualitativ hochwertige Betriebsanleitung eines Herstellers bietet die Chance, sich mit gut gestalteten Prozessbeschreibungen und Verfahrensanweisungen von Konkurrenten abzuheben. Nicht sorgfältig ausgearbeitete Betriebsvorgaben könnten beim Betreiber zu Verstößen gegen das CDNI führen. Dies gilt es, zu verhindern.

Der Einbauzweck von Standrohren oder Bypass-Leitungen, die eine direkte Einleitung von unbehandelten Abwässern in das Gewässer ermöglichen, sollte neu bewertet bzw. mit Hinweisen auf Sicherheitsaspekte legitimiert werden. Entsprechende Bedienanweisungen wären festzulegen und zu prüfen. Das Einleitverbot gemäß CDNI gilt selbstverständlich auch hier.

Für das Zulassungsverfahren von Bordkläranlagen wurde in Kapitel 18 ES-TRIN ein moderner und innovativer Qualitätssicherungs-Ansatz gewählt. Um sicherzustellen, dass nur die Behandlungssysteme an Bord installiert werden, die über eine entsprechende Qualität, im Sinne der Leistungs- und Funktionsfähigkeit, verfügen, stützt sich das Kapitel auf wesentliche Qualitätssicherungs-Instrumente. Hierzu zählt, dass nur Hersteller, die nach der Qualitätsnorm ISO 9001 zertifiziert sind, ihre Bordkläranlagen zulassen dürfen. Zusätzlich können Bordkläranlagen im Rahmen der Zulassung nur von Technischen Diensten geprüft werden, die gemäß der Norm ISO 17025 akkreditiert sind. Beide Normen erheben hohe Ansprüche an die Kompetenz und verlangen sorgfältiges, dokumentiertes Arbeiten von Unternehmen. Das auf Qualitätsnormen beruhende Gerüst des Zulassungsverfahrens ist demnach durch die implementierten kontinuierlichen Verbesserungsprozesse im Rahmen der Plan-Do-Check-Act-Zyklus-Strategie äußerst flexibel und an sich ändernde Gegebenheiten anpassbar. Die Umsetzung gefundener Konsenslösungen bedarf keineswegs zwingend einer Änderung des Kapitels 18 ES-TRIN.

Bei der Diskussion zum Einsatz von Bordkläranlagen sollte die Abwasserentsorgungsstrategie, die auf einer Sammlung der Abwässer an Bord beruht, nicht vergessen werden. Der in Artikel 9.03 Absatz 4 CDNI verwendete Ausdruck »in geeigneter Weise« sollte dringend präzisiert werden in der Form, dass z.B. an Bord ein transparenter Abgabe-Managementplan zu führen ist, mit der die Abwasserabgaben entsprechend gängiger Qualitätsstandards dokumentiert werden. Dieser Abgabemanagement-Plan wäre schließlich auch für »Notsammeltanks« zu führen in den Fällen, in denen unbefugte Einleitungen durch Bordkläranlagen verhindert und Abwässer zwischengespeichert werden müssen.

Die im Rahmen des Zulassungsverfahrens angewendeten Verfahren und Methoden könnten dahingehend ergänzt werden, dass zukünftig für neu entwickelte Technologien oder Betriebsstrategien klare Anwendungsregeln für die Implementierung zur Verfügung stehen. Mit Blick in die Zukunft kann davon ausgegangen werden, dass zahlreiche technologische und betriebliche Innovationen die Abwasserentsorgung an Bord vereinfachen und kosteneffizienter machen.

Die regelkonforme Abwasserentsorgung an Bord eines Flusskreuzfahrtschiffes wird also mehr und mehr von übergeordneter Bedeutung für seinen regulären Betriebsablauf zu werten sein.


Autor: Arndt Kaiser, Prüf- und Entwicklungsinstitut für ­Abwassertechnik an der RWTH Aachen