Andernach sucht nach Platz

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Der trimodale Hafen Andernach ist der größte seiner Art am Mittelrhein. Weil der Boxenumschlag stetig wächst, wurde ein zusätzlicher Containerkran bestellt. Zudem rechnet der Hafen künftig mit einer steigenden Nachfrage für Lagerkapazitäten

Andernach hat sich in den vergangenen Jahren von einem reinen Hafen zu einem Logistikdienstleister entwickelt. Dazu beigetragen hat ein breites Dienstleistungsspektrum rund um den Umschlag von Containern, über Stück- und Schütt- bis hin zu Schwerlastgütern. Eine wichtige Rolle nehmen auch Logistik-Partner wie Haeger & Schmidt Logistics ein. Auch Dank der engen Zusammenarbeit mit diesem Unternehmen, das im November vergangenen Jahres sein 50-jähriges Bestehen am Standort Andernach gefeiert hat, können individuelle Lösungen vor allem im kombinierten Ladungsverkehr im trimodalen KLV-Terminal CSA – Container Service Andernach -angeboten werden. Auch die auf dem Gelände ansässige Firma Schreiber Logistik leistet hierzu einen wichtigen Beitrag.

Durch die trimodale Anbindung kann der Hafen Andernach flexibel reagieren, sofern sich die Rahmenbedingungen ändern. Deshalb ist es für Jan Deuster, dem technischen Geschäftsführer bei den Standwerken Andernach, dem Betreiber des Hafens, wichtig, dass auch das Personal flexibel eingesetzt werden kann, beispielsweise in der Lagerung oder im Stuffing und Stripping von Containern. Das gelte insbesondere in Krisenzeiten.

Binnenschiffe dominieren

Mit großem Abstand führt in Andernach das Binnenschiff. Deuster gibt den Anteil der wasserseitigen Transporte mit 93 bis 95% an. Zwischen 5 und 7% der Warentransporte entfallen demnach auf die Schiene. Seit Sommer 2019 bietet Haeger & Schmidt Logistics auch Vor- und Nachläufe per Lkw an und vervollständigt somit das Portfolio, ergänzt Felix Zocher, General Manager der Division Intermodal bei Haeger & Schmidt Logistics.

»Ohne das Niedrigwasser wäre 2019 ein Jahr mit einem neuen Umschlagrekord gewesen«, sagt Deuster. Am Jahresanfang sei das Schüttgut-Geschäft besonders gut gelaufen, auch wegen Nachholeffekten aufgrund der langen Niedrigwasserperiode 2018. In der zweiten Jahreshälfte sei der Umschlag dann deutlich abgeebbt, sodass es »insgesamt ein eher durchschnittliches Jahr war.« Die Intermodal-Verkehre waren 2019 sehr gut ausgelastet, ergänzt Zocher. Besonders das Aufkommen von Forstprodukten lag auf hohem Niveau, um hier nur ein Beispielzu nennen. Diese Güter werden in Container gestufft und im weiteren Verlauf dann überwiegend nach China exportiert.

Nach Angaben der ­Stadtwerke Andernach gehen jährlich etwa 150.000TEU über die Kaikanten. Vor dem Hintergrund, dass man die genormten Stahlbehälter erst seit etwa 20 Jahren umschlage, sei die Entwicklung sehr erfreulich. Insbesondere die Seehäfen Antwerpen und Rotterdam stehen im Fokus bei der Güterbeförderung in Containern. Jeweils zwei wöchentliche Schiffsabfahrten gibt es zu beiden Destinationen. Aufgrund der hohen Nachfrage werden oftmals noch Zusatzschiffe eingesetzt.

Ergänzt wird das Angebot mit zwei Zugabfahrten pro Woche. Eine dritte sei geplant, so Deuster. Wann der Betrieb nun aufgenommen wird ist wegen der Corona-Krise offen. Zocher ergänzt, dass mittel- bis langfristig auch eine Bahnverbindung nach Rotterdam geplant sei. Dadurch würde man dann die beiden größten europäischen Seehäfen per Binnenschiff und Bahn anbinden und der gesamten Wirtschaftsregion um Andernach herum einen zuverlässigen Anschluss an die beiden Westhäfen bieten.

Zweiter Containerkran kommt

Und der Hafen rechnet mit weiterem Wachstum. Deshalb wurde ein neuer Containerkran bei der Firma Künz in Österreich in Auftrag gegeben. Bisher kann effektiv lediglich ein Binnenschiff am CSA-Terminal abgefertigt werden. Mit der neuen Containerbrücke können künftig theoretisch bis zu drei Einheiten gleichzeitig bedient werden, zwei hintereinander und, zumindest am neuen Kran, auch zwei nebeneinander.

»Die neue Umschlageinrichtung eröffnet uns neue Möglichkeiten«, sagt Deuster. Damit meint er auch, dass man künftig besser reagieren kann, falls eines der Umschlaggeräte ausfällt. Dann könne man immer noch arbeiten und müsse beispielsweise nicht während der Nacht mögliche Reparaturen ausführen. Zocher unterstreicht dies: »Durch den zusätzlichen Kran steigen Wachstum, Sicherheit und Flexibilität.«

Bei der Auswahl des neuen Containerkrans haben die Stadtwerke besonderen Wert auf Energieeffizienz gelegt, so verfügt das Umschlaggerät über ein Energierückgewinnungssystem.

Rund um die Containertransporte bieten die Andernacher in ihrem Hafen auch zahlreiche boxenspezifische Dienstleistungen an, darunter Reparatur, Reinigung, Stuffing und Stripping, etc. Lagerhaltung und Weiterverarbeitung gehören ebenfalls dazu. Das Serviceangebot rund um Container werde gut angenommen, sagt Deuster.

Neben Containern sind Schüttgüter die führende Warengruppe. Etwa 2Mio.t pro Jahr werden hier umgeschlagen. Vor allem Bodenschätze der Osteifel werden exportiert. Darüber hinaus sei das Weißblechwerk thyssenkrupp Rasselstein ein langjähriger und wichtiger Geschäftspartner, so Deuster. Die Endprodukte werden teils als veredelte Weißbleche als Stückgut verladen – aktuell etwa 200.000 t pro Jahr im Direktumschlag.

Für den Umschlag konventioneller (Stück-)Güter verfügen die Stadtwerke über eine überdachte Umschlaganlage. Dadurch sei beispielsweise der Umschlag von Stahlprodukten und anderen nässeempfindlichen Gütern ganzjährig witterungsunabhängig möglich. Dies sorge bei den Kunden für Planungssicherheit, so Zocher.

Kunden suchen Lagerflächen

Deuster sieht derweil einen sich abzeichnenden Trend zu einer vermehrten Nachfrage nach Lagerungsmöglichkeiten. »Wir haben bei vielen Kunden beobachtet, dass sie über Jahre aus Gründen der Kosteneffizienz ihre Lagerbestände zurückgefahren haben, weil sie sich darauf verlassen haben, dass die Lieferkette reibungslos funktioniert. Wenn man aber Situationen wie das Niedrigwasser erlebt hat, wo das nicht lückenlos gegeben war, bekommt die eigene Lagerhaltung oder die Zwischenlagerung in Ortsnähe eine völlig andere Wertigkeit.«

Entsprechend stellt man fest, dass Lagerraum an »logistisch sinnvollen Standorten« wieder verstärkt nachgefragt wird. »Deshalb suchen wir derzeit nach Möglichkeiten auch hier unser Angebot zu erweitern«, sagt Deuster.

Eine Erweiterung der Liegeplätze sei im Gegensatz dazu nicht vorgesehen. Es gebe zwar immer mal wieder Tage, an denen man an die Kapazitätsgrenze stoße, noch käme dies in der Regel aber nicht über längere Zeiträume vor.
Thomas Wägener