Hamburg setzt aufs Hinterland

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Fast 60% aller Güter im Hinterlandverkehr des größten deutschen Seehafens werden umweltfreundlich per Bahn und Binnenschiff befördert. Online-Plattformen sollen helfen, noch mehr Güter auf den Wasserweg zu verlagern

Mit einem Modal-Split Anteil von 49,4% übernimmt die Bahn beim Warentransport ins Hinterland im Hamburger Hafen den Löwenanteil, aber auch das Binnenschiff leistet mit rund 10% einen wichtigen Beitrag. Allerdings ging der Gütertransport über die Wasserstraße nach Angaben von Axel Mattern, Vorstand von Hamburg Hafen Marketing (HHM), im vergangenen Jahr um 9% zurück. Grund seien fehlende Kohletransporte. Betrachtet man nur das Segment Container, so lag der Anteil der per Binnenschiff beförderten Boxen wie im Vorjahr bei 2,4%.

Die Bedienung wichtiger Wirtschaftszentren in Niedersachsen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Nordrhein-Westfalen erfolgt über das Kanalsystem. Die natürliche Wasserstraße Elbe sei, wie auch der Rhein, dagegen von längeren Niedrigwasserperioden betroffen. Einhergehend mit der fehlenden Instandhaltung wirken sich diese auf der Elbe jedoch stärker aus. Durch die trimodale Anbindung der Häfen und Wirtschaftszentren können die meisten Güter in solchen Phasen dennoch ihren Weg nach Hamburg finden, dann per Bahn oder Lkw.

Stärker betroffen sind jedoch namhafte Anlagenhersteller in Mitteldeutschland und Tschechien. Der Transport ihrer meist übermaßigen Güter kann in der Regel nur auf dem Wasserweg per Binnenschiff erfolgen. So führte das Ende der Niedrigwasserperiode 2019 zu einem regelrechten Boom, da die im Binnenland gelagerten Produkte endlich wieder per Binnenschiff nach Hamburg und zu anderen Seehäfen transportiert werden konnten.

Elbe-Schiffbarkeit sicherstellen

Solche Einschränkung sind auf Dauer aber nicht haltbar, wie Vladimir Dobos, Repräsentant von HHM in Prag, erläutert: »Für unsere tschechischen Kunden ist die Elbe der einzige Wasserweg zu den Seehäfen und muss daher dringend ertüchtigt werden.« Hohe Erwartungen setzt Dobos in die Umsetzung von Maßnahmen aus dem Gesamtkonzept Elbe.

Aber auch beim Elbe-Seitenkanal (ESK) behindert der Zustand der Infrastruktur ein stärkeres Verkehrswachstum. Die Troglänge des Schiffshebewerkes Scharnebeck entspricht nicht mehr dem Stand der Schiffstechnik. Ein Ersatzbauwerk ist in Planung. Durch die Generalreparatur des Westtroges ist die Kapazität des Hebewerkes jedoch stark eingeschränkt.

Um die Leistungsfähigkeit des Verkehrsträgers zu verbessern, setzen viele Beteiligte stark auf Möglichkeiten der Digitalisierung. So wurde unter Federführung von HHM das Tool »Bischi Online« entwickelt, das Informationen zur Wasserstraße und den darauf fahrenden Binnenschiffen in Echtzeit liefert.

Verkehrssteuerung ist auch ein Thema, dem sich für die Anläufe von See-, Feeder- und auch Binnenschiffen das HVCC Hamburg Vessel Coordination Center (HVCC) widmet. Daten austauschen und durch möglichst viele Beteiligte das Gesamtsystem Hafen stetig verbessern ist seit über zehn Jahren die Aufgabe des HVCC.

Für die Binnenschifffahrt wurde dabei eine eigene Plattform entwickelt. »Sie digitalisiert die Planung von Binnenschiffsanläufen in Hamburg, die Koordination der Rundläufe im Hafen sowie die Liegeplatzvergabe und Terminalabfertigung und macht die Prozesse deutlich transparenter«, so HVCC-Geschäftsführer Gerald Hirt. Die Plattform vernetzt Binnenschiffsreeder, Schiffsführer, Terminals sowie die Behörden miteinander und sorgt für einen reibungslosen Datenaustausch zwischen allen Beteiligten.