Auf dem Weg zu einer europäischen Besatzungsordnung

Print Friendly, PDF & Email

Seit Anfang 2019 diskutieren die in der temporären Arbeitsgruppe CESNI/QP/Crew engagierten Experten über die Ausgestaltung einer europäischen Besatzungsordnung. Hieran ist auch der BDS für die ESO intensiv beteiligt. Aufgabe ist es, auf der Grundlage der Ergebnisse des TASCS-Projekts einen Fahrplan, für ein Rechtsinstrument und Standards für Besatzungsanforderungen auf europäischer Ebene zu erarbeiten.

Nach der letzten Sitzung im April, die in Zeiten der Corona-Pandemie als Video-Konferenz stattfand, wurden jetzt Schlussfolgerungen und Empfehlungen festgehalten und diskutiert.

Mit dem Ergebnis sind die Vertreter von ESO und EBU zufrieden, denn es finden sich darin wesentliche Elemente wieder, die Kernpunkte der von den beiden europäischen Organisationen erarbeiteten Vorschläge sind. Der Entwurf der Schlussfolgerungen wurde daher von ESO und EBU ausdrücklich begrüßt.

Modern und flexibel

Zunächst sind alle Experten einig, dass eine europäische Regelung sinnvoll ist, da es ja auch eine einheitliche Standards für die Berufsausbildung gibt. Das gemeinsame Hauptziel ist es dabei, die Sicherheit zu gewährleisten. Die TASCS-Studie hat einen Kompetenz-basierten Ansatz gewählt. Die Kompetenzen, die in den Standards der Richtlinie Berufsqualifikationen aufgeführt sind, müssen sich auch in der Berechnung der Mindestbesatzung wiederfinden.

Eine neue europäische Regelung muss nach Überzeugung von ESO und EBU auf der einen Seite genügend Flexibilität im Hinblick auf die verschiedenen Schiffe, ihren unterschiedlichen Einsatz, die unterschiedlichen Bedingungen auf den Wasserstraßen und die sich rasch ändernden technischen Entwicklungen aufweisen, auf der anderen Seite muss sie Rechtssicherheit und Verlässlichkeit bieten und dabei einfach zu kontrollieren und durchzusetzen sein.

Noch keine Festlegungen gibt es in Bezug auf die Rechtsform einer solchen Regelung – Richtlinie, Verordnung oder eine internationale Konvention? Einigkeit herrscht jedenfalls, dass eine Regelung zukunftstauglich in dem Sinne sein muss, dass sie schnell auf neue technische Entwicklungen reagieren und Antworten finden kann auf Fragen wie etwa Automatisierung oder neue Antriebssysteme.

ESO und EBU hatten dazu vorgeschlagen, ähnlich wie bei den Regelungen zu Berufsqualifikationen und technischen Anforderungen, CESNI-Standards zu entwickeln, um größtmögliche Differenzierung und schnelle Reaktionsmöglichkeiten zu erreichen. Auch in den Schlussfolgerungen von CESNI/QP/Crew wird konstatiert, dass die Nutzung von Standards für detaillierte Verweise auf technische Entwicklungen die Gesetzgebung für Fortschritte in dieser Beziehung reagibler machen kann.

Neue Ansätze, bewährte Elemente

In mehreren Diskussionen mit Unternehmen aus ESO und EBU hatte sich ergeben, dass seitens der Schifffahrt einerseits zwar großer Bedarf an Modernisierung und Flexibilisierung gesehen wird, dass man andererseits aber in der geltenden RheinSchPersV und anderen Besatzungsregelungen Elemente sieht, die es wert sind, ebenfalls Berücksichtigung zu finden, da sie einen sicheren und verlässlichen Rahmen bilden. Daher wollten wir uns nicht ausschließlich auf die TASCS-Elemente beschränken. Zu den bewährten Elementen gehört unter anderem die Darstellung der vielen möglichen Konstellationen in Tabellenform ebenso wie die Benutzung einer Form von Betriebszeiten, die für die Frage der vorgeschriebenen Anwesenheit der Mindestbesatzung von Bedeutung sind.

Die Schlussfolgerungen heben hervor, dass Betriebsformen sowohl für Arbeitgeber als auch für Arbeitnehmer als Orientierung genutzt werden können, jedoch untersucht werden sollte, wie Kontrollmechanismen effizienter gestaltet werden könnten. Die Besatzungstabellen der RheinSchPersV und aller anderen maßgeblichen Vorschriften können als Basis für verschiedene Schiffstypen und Wasserstraßen dienen.

Wichtig war auch, dass künftig weiter sowohl der Auszubildende als auch der Decksmann Berücksichtigung als Mitglieder der Mindestbesatzung finden. Die Schlussfolgerungen greifen dies auf. Auch Decksleute, die eine grundlegende Sicherheitsausbildung vorweisen können, sollen nach wie vor zur Mindestbesatzung gehören, ebenso wie die verschiedenen Funktionen von Decksmannschaftsmitgliedern und Maschinenpersonal.

Digital-Tool nur optional

ESO und EBU verweisen darauf, dass ein elektronisches Tool zur Berechnung der Mindestbesatzung natürlich nicht eine detaillierte gesetzliche Regelung ersetzen kann. Angesichts der erforderlichen Flexibilität und den vielen möglichen unterschiedlichen Konstellationen würde aber der Einsatz eines Tools auf freiwilliger Basis Sinn machen, das der Unternehmer einsetzen könnte, wenn er von den Vorgaben einer Besatzungstabelle abweichen möchte. Ein solches Tool könne lediglich die Anwendung des Rahmens erleichtern.

Moderne, flexible Tabellen mit möglichst vielen Elementen aus dem TASCS-Tool sollen anstelle einer obligatorischen Anwendung zur Berechnung der Besatzung stehen. Die Tabellen müssen einfach zu benutzen und transparent sein, gegebenenfalls unter Einbeziehung der Betriebsformen. Ihr Inhalt könnte für ein freiwilliges Tool verwendet werden, beispielsweise zur Überprüfung der Möglichkeit von Abweichungen.

All diese Überlegungen sollen in die sogenannte »Roadmap« eingespeist werden. Erst wenn dieser Fahrplan Zustimmung findet, kann im nächsten Schritt die konkrete Ausgestaltung einer neuen europäischen Besatzungsordnung diskutiert werden.