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Angesichts der Corona-Pandemie und der damit verbundenen Einschränkungen

soll die Überschreitung der Gültigkeitsdauer von Zeugnissen, Erklärungen und anderen Binnenschifffahrtsdokumenten nicht geahndet werden

In Erwartung anstehender gesetzgeberischer Maßnahmen, insbesondere auf ZKR– oder EU-Ebene, sprach sich die Sitzung des Europäischen Ausschusses zur Ausarbeitung von Standards in der Binnenschifffahrt (CESNI) in ihrer jüngsten Videokonferenz dafür aus, einen offenen Brief zu verfassen und den Mitgliedstaaten zu empfehlen, eine etwaige Überschreitung der Gültigkeitsdauer von Zeugnissen, Erklärungen und anderen Binnenschifffahrtsdokumenten, die von nationalen Behörden ausgestellt werden, nicht zu sanktionieren. Gleichzeitig will man am Ziel einer sicheren und nachhaltigen Binnenschifffahrt festgehalten.

Der Ausschuss lud zudem die Branche und die Untersuchungskommissionen ein, die Untersuchung und Zertifizierung von Schiffen so weit wie möglich fortzusetzen und/oder wieder aufzunehmen. Des Weiteren kam der CESNI überein, sein Arbeitsprogramm 2019-2021 mit Unterstützung seiner Arbeitsgruppen vor dem Hintergrund der Gesundheitskrise zu überprüfen.

CESNI fordert Schulterschluss

Angesichts der aktuellen Krise und ihrer gravierenden Auswirkungen auf die europäische Binnenschifffahrt sollte die Zusammenarbeit zwischen allen Akteuren des Sektors, einschließlich der Staaten, der Europäischen Kommission, der Flusskommissionen und der Gewerbe- und Branchenvertreter, in den kommenden Monaten mehr denn je fortgesetzt werden. Die Arbeit des CESNI und seiner Arbeitsgruppen in den Bereichen technische Vorschriften für Binnenschiffe, Berufsbefähigungen und Informationstechnologien sei für die nachhaltige Sicherung der Prosperität und Sicherheit der europäischen Binnenschifffahrt von wesentlicher Bedeutung.

Brennstoffzellen im Blickfeld

Im Bereich der technischen Vorschriften für Binnenschiffe wurde die Einrichtung einer nichtständigen Arbeitsgruppe für Brennstoffzellen auf Binnenschiffen beschlossen. Den Vorschlag dafür hatte Deutschland unterbreitet, in enger Zusammenarbeit mit den anderen Mitgliedstaaten und dem Sektor. Die Hauptaufgabe der neuen nichtständigen Arbeitsgruppe besteht darin, einen Entwurf für technische Vorschriften für den Einsatz von Brennstoffzellensystemen auf Binnenschiffen zu erstellen, der auch auf die Lagerung, Verteilung und Aufbereitung von Brennstoffen (insbesondere Methanol und Wasserstoff) eingeht.

Zudem billigte CESNI die Veröffentlichung eines Merkblatts zur »Berichtsvorlage für die Untersuchung des Schiffskörpers« auf seiner Website. Diese Vorlage, die auf Vorschlag Kroatiens im Anschluss an den fruchtbaren Austausch bei der Tagung der Schiffsuntersuchungskommissionen 2018 in Wien entwickelt wurde, sei für die Untersuchungskommissionen bestimmt, die noch nicht über ein solches Instrument verfügten.

Neue technische Vorschriften

Der Standardentwurf ES-TRIN 2021/1

wurde ebenfalls fertiggestellt, wobei auf der CESNI-Sitzung die letzten noch offenen Fragen erörtert wurden und die Annahme des Entwurfs für Oktober 2020 geplant wurde. Das Inkrafttreten dieser neuen Ausgabe des Europäischen Standards der technischen Vorschriften für Binnenschiffe ist vorbehaltlich der notwendigen Anpassung der Regelwerke (insbesondere der EU und der ZKR) für Anfang 2022 vorgesehen. Die wichtigsten Themen der Ausgabe 2021 lauten:

• Tragbare Feuerlöscher

• Lithium-Ionen-Akkumulatoren

• Bereitstellung und Benutzung individueller Gehörschutzmittel

• Senkung der Lärmgrenzwerte für fahrende und liegende Schiffe

• Türen in Wohnungen

• Klarstellungen zur Gültigkeit des Unionszeugnisses auf dem Rhein

Das CESNI-Sekretariat arbeitet derzeit an einem Erläuterungsentwurf zu diesen Änderungen.

Des Weiteren lud der Ausschuss seine Arbeitsgruppe CESNI/PT ein, die Arbeit zu den Einrichtungen zum Sammeln und Entsorgen von häuslichen Abwässern fortzusetzen. Dieses vorrangige Thema betrifft Einrichtungen auf Fahrgastschiffen, die bereits in Betrieb sind. Im Rahmen weiterer Arbeiten sollen die Auswirkungen einer solchen Maßnahme auf europäischer Ebene bewertet werden. Diese sollen 2020 durchgeführt und bei der nächsten Sitzung des Ausschusses vorgestellt werden.

Standards bei Berufsbefähigungen

Im Bereich der Berufsbefähigungen prüfte CESNI auf der Sitzung zwei neue Standards, die von der Arbeitsgruppe CESNI/QP bei ihrer virtuellen Sitzung am 22. April fertiggestellt worden waren:

Standards für die grundlegende Sicherheitsausbildung von Decksleuten: Das Hauptziel ist die Schaffung eines harmonisierten europäischen Ausbildungsrahmens. Die Richtlinie (EU) 2017/2397 verlangt für Decksleute auf Einstiegsebene den Abschluss einer grundlegenden Sicherheitsausbildung entsprechend den nationalen Anforderungen. Solche nationalen Anforderungen gibt es oft noch nicht. Die Standards sorgen daher für ein hohes Niveau der Sicherheitsanforderungen für alle Besatzungsmitglieder

Standards für Standardredewendungen in vier Sprachen: Die Richtlinie (EU) 2017/2397 verlangt die Fähigkeit zur Verwendung von Standardwendungen für die Kommunikation über nautische Belange sowohl auf Betriebsebene (Matrose, Bootsmann, Steuermann) als auch auf Führungsebene (Schiffsführer). Gegenwärtig gibt es keinen offiziellen Katalog von Standardredewendungen, der alle relevanten nautischen Situationen abdeckt. Die Arbeitsgruppe CESNI/QP hat sich auf die nützliche Arbeit der Ausbildungsinstitute im Rahmen des deutsch-niederländischen INTERREG-Projekts gestützt, das Redewendungen in die mobile Anwendung LE SINCP integriert.

Die Annahme dieser beiden neuen Standards sei für die CESNI-Sitzung im Oktober 2020 geplant, heißt es. Sie ergänzen den Europäischen Referenzrahmen ES-QIN, den Europäischen Standard für Qualifikationen in der Binnenschifffahrt.

ES-RI als neuer Standard

Im Bereich der Informationstechnologien (CESNI/TI) hat CESNI eine Grundsatzentscheidung getroffen, wonach ein neuer europäischer Standard für Binnenschifffahrtsinformationsdienste, ES-RIS, geschaffen werden soll. ES-RIS soll alle technischen Spezifikationen für Binnenschifffahrtsinformationsdienste (Inland ECDIS Standard, Inland AIS Standard, Standard Nachrichten für die Binnenschifffahrt, Standard für elektronische Meldungen und Test Standard für Inland AIS) bündeln. Ein erster Entwurf könnte Ende 2020/Anfang 2021 vorliegen, so CESNI.

Bei der Sitzung im April wurde zudem der Entwurf des Test Standards für Inland AIS 2021/3.0 im Hinblick auf eine Annahme im Herbst 2020 erörtert. Dieser Standard legt die Anforderungen an Prüfmethoden und erforderliche Ergebnisse für Inland AIS-Geräte an Bord fest. Der Test Standard für Inland AIS wurde überarbeitet, um mit der technischen Entwicklung und dem neuen normativen Rahmen Schritt zu halten.

CESNI erkennt EADINS an

CESNI hat zudem der EADINS (European Association of Developers of Inland Nautical Software) den Status eines anerkannten nichtstaatlichen Verbandes verliehen. Ferner wurde die Vereinigung eingeladen, sich künftig an den Arbeiten, insbesondere im Bereich der Informationstechnologien, zu beteiligen. EADINS ist eine nichtstaatliche Organisation nach belgischem Recht, ohne Erwerbszweck. Sie vertritt eine Vielzahl von Unternehmen, die an der Entwicklung von an Bord oder an Land verwendeter Software im Bereich der Binnenschifffahrtsinformationsdienste (RIS) beteiligt sind. Sie wirkt aktiv an der Implementierung der RIS und der Umsetzung von Lösungen für die Automatisierung und Digitalisierung der Binnenschifffahrt mit.

Kommende Veranstaltungen

CESNI plant für den 12. Oktober in Straßburg einen Workshop zur Datenerhebung über Unfälle in der Binnenschifffahrt. Die Veranstaltung konzentriert sich auf die Harmonisierung der Datenerhebung über Unfälle in der Binnenschifffahrt in Europa und geht insbesondere auf den Datenaustausch und Unterschiede in der Methodik ein. Weitere Informationen sollen zu einem späteren Zeitpunkt bekannt gegeben werden.

Die nächste CESNI-Sitzung ist für den 13. Oktober in Straßburg terminiert. Wenn es die Corona-Zahlen erlauben, will der Ausschuss bald wieder seine Mitglieder im Palais du Rhin willkommen heißen.