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Den Entschluss, ein neues Schiff zu bauen, hat der Harener Reeder Martin Deymann

schon öfters getroffen. Diesmal ist aber einiges anders

Es ist Anfang Juni 2020. In Werkendam bei Concordia Damen zeigt das Thermometer über 30° Celsius. Zahlreiche Männer im Blaumann gehen ihren Aufgaben nach. Aus der Halle schallt es metallisch. Draußen wird geschweißt und geflext, wohin man auch blickt, ist Betriebsamkeit angesagt. Die Werkendamer Hafenbecken, Beatrixhaven und Biesboschhaven genannt, sind nahezu randvoll belegt. Kaskos, Schiffe zur Reparatur und fast fertige Neubauten liegen dicht an dicht. Das ausgemusterte Lotsenschiff »Gotthilf Hagen«, die »Anna«, ein Akku-betriebenes Schiff aus der Portliner-Serie, der Gastanker »Argie«.

Ganz unauffällig an der Kaje auch der Kasko CS 863. Demnächst wird der Name »Reinhold Deymann« an der Seite prangen. Diesen Schriftzug wird es gleich doppelt geben, denn zum Schiffskasko gibt es mit der »Bak« eine zweite Einheit. Es wird ein Koppelverband für die Reederei Deymann aus Haren.

Bis Ende Juli, so der Plan von Martin Deymann, soll der jüngste Neubau fertig sein. Bis dahin ist noch einiges an Arbeit nötig. Die Kaskos der beiden Schiffsteile waren Mitte April aus China in Werkendam angekommen, gerade noch rechtzeitig vor dem Höhepunkt der Coronakrise. »Die Kaskos aus China haben mittlerweile eine recht hohe Qualität«, sagt der Reeder.

Die betriebsfertige Ausstattung der beiden Schiffe erfolgt bei Concordia Damen. Dass Deymann den Auftrag nach Werkendam gegeben hat, liegt nicht an der Unzufriedenheit mit bisherigen Partnern. Es ist eher in der Person von Simon Provoost begründet, mit dem Deymann eine jahrelange Freundschaft verbindet und der seit einigen Jahren für die niederländische Werft arbeitet.

Ihr Ruf ist tadellos. Mit namhaften Aufträgen, zuletzt für das niederländische Ausbildungsschiff »Ab Initio« oder für den »Sendo Liner«, 2019 »Schiff des Jahres«, hat die direkt an der Nieuwe Merwede gelegene Werft ihre Qualität nachgewiesen. Nicht nur Werftchef Chris Kornet genießt in Schifferkreisen große Anerkennung, auch das Werkendamer Netzwerk von Betrieben »rund um den Schiffbau«, prägt das Renommé dieses Standorts.

Beim Koppelverband für Deymann wird allerdings eine Ausnahme gemacht: Die Wohnungseinrichtung, die Tischler-, Fliesen- und Sanitärarbeiten und auch die Ausstattung des Steuerhauses und der Masten kommen von der Harener Tischlerei & Alubau Wessels, ein langjäjhriger Partner der Reederei Deymann.

Der 172m lange und 9,60m breite Koppelverband basiert auf erfolgreich fahrenden Schiffen ähnlicher Bauart. »Robust und zuverlässig«, sagt Deymann.

Als Antrieb bekommt das Hauptschiff (»Schip«) zwei von Koedood gelieferte ZKR-II konforme Wärtsilä-Maschinen mit je 520 kW Leistung. Den Vortrieb übernehmen zwei 1.200mm große Schrauben in Düse. Vier »Easy Flow«-Ruderblätter von De Waal sorgen für die Manövrierfähigkeit. Im Steuerhaus wird ein umfangreiches nautisches Paket mit Radar, Autopilot und Einmannbedienung installiert, komplett von Alphatron konzipiert.

Im »Schip« und »Bak« sind auch die Unterkünfte für die Besatzung vorgesehen. Dafür stehen vier Schlafräume im Achterdeck des Hauptschiffs und zwei im Vordeck des »Bak« zur Verfügung, zuzüglich der entsprechenden Nebenräume wie Küche, Bad und Salon. Selbstverständlich sind alle Wohnräume nach ZKR-Vorgaben schallisoliert.

Auf dem Schubschiff wird ein Hub­steuerhaus mit einer dreiteiligen Hebekolonne verbaut. Sie garantiert, dass bei einer dreilagigen Containerfracht und einer zweilagige Beladung auf dem »Bak« eine ausreichende Sicht gegeben ist. Der Koppelverband ist universell einsetzbar. Er soll in den kommenden Jahren Kohle zwischen Rotterdam und Schmehausen transportieren, kann aber auch anderes Schüttgut oder Trockenladung aufnehmen oder eben Container fahren. Insgesamt 240 TEU einschließlich von Reefer-Anschlüssen sind möglich.

Das »Bak« erhält zwei Veth-Bugstrahler, jeweils im Vor – und im Achterschiff. Verbunden werden die beiden jeweils 86m langen Einheiten durch Koppeldrähte, die auf zwei Koppelwinden mit einer Zugkraft von je 40t liegen.

Bis zur geplanten Probefahrt in der zweiten Julihälfte wird alles fristgerecht fertig sein, sagt Pieter Baggerman, Naval Architect bei Concordia Damen. Denn bei rund fünf bis sechs komplett neuen Schiffen pro Jahr und zusätzlichen rund 15 bis 20 Kaskos, die die Werft verlassen, gehört absolute Termintreue zu den ungeschriebenen Gesetzen der niederländischen Werft.


Hermann Garrelmann