Nachhaltigkeit in der Binnenschifffahrt wird zum dominierenden Thema

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Auch die Schifffahrt blieb 2020 von den Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie nicht verschont. Die Fahrgastschifffahrt ist durch die monatelangen Verbote, den Beruf auszuüben, in die schwerste wirtschaftliche Krise der Nachkriegszeit geraten. Der BDB setzt sich vehement dafür ein, den entstandenen Schaden wenigstens teilweise zu ersetzen, z.B. durch den Ausgleich von entstandenen Vorhaltungs- und Vorleistungskosten.

Leider misst die Regierung im Verkehrssektor mit zweierlei Maß: Was dem Omnibusgewerbe und voraussichtlich der Luftverkehrswirtschaft bereitwillig gewährt wird, bleibt der Fahrgastschifffahrt bis dato versagt. Der BDB wird hier weiterbohren, denn eines ist schon jetzt klar: Zum Saisonbeginn im März 2021 werden Abstandsregelungen und darauf basierende, reduzierte Fahrgastzahlen das Gewerbe weiterhin massiv belasten.

In der Güterschifffahrt verlief das Jahr uneinheitlich. Hier trafen im Frühjahr 2020 die Auswirkungen der Pandemie auf eine insgesamt bereits deutlich abgekühlte Konjunktur. Das hat insbesondere in der Großschifffahrt auf dem Rhein Mengenrückgänge im Massengut von ca. 30 % zur Folge gehabt, z.B. bei Kohle, Baustoffen und Eisenerz. Offizielle Statistiken liegen noch nicht vor. Über Verluste in dieser Größenordnung klagt auch die Güterbahn, die im Wettbewerb gegenüber der Schifffahrt zunehmend aggressiv auftritt.

Diese insgesamt schwierige Marktlage trifft auf eine wachsende Bereitschaft in der Politik, die Nachhaltigkeit der Binnenschifffahrt weiter zu verbessern. So entwickelt die ZKR eine Art Fahrplan, wie die Schifffahrt bis 2050 etappenweise weitgehend emissionsfrei gestellt werden kann. Der europäische Green Deal setzt große Hoffnungen in die Binnenschifffahrt, die die Straße entlasten und deutlich mehr Güter transportieren soll. Gute Fortschritte finden auf nationaler Ebene statt: Der »Masterplan Binnenschifffahrt« wird konsequent umgesetzt. Ein neues Flottenmodernisierungsprogramm soll technologieoffen angelegt sein und deutlich höhere Fördersätze für die Aus- und Umrüstung des Schiffes mit neuen Motoren u.ä. bieten. Wasserstoff, Brennstoffzelle und synthetische Kraftstoffe sind in der Erprobung. Alternative Antriebe und Innovationen im Schiffbau sollen helfen, die Schifffahrt noch umweltschonender zu machen. Forschungseinrichtungen wie etwa dem in Duisburg ansässigen DST, mit dem der BDB kooperiert, kommt eine Schlüsselfunktion zu.

Die Umsetzung des Masterplans dauert allerdings sehr lange. So wartet das Gewerbe dringend auf die Ergebnisse der Studie zu »flachgehenden« Binnenschiffen und zum tatsächlichen Bedarf kleineren Schiffsraums, mit dem neue Märkte erschlossen werden könnten. Die werden erst im Oktober 2021 vorliegen, also nach der Bundestagswahl. Auch für die erbetene Öffnung der 44-t-Regelung für den Massenguttransport im Vor- und Nachlauf der Binnenhäfen lässt das BMVI erst ein Gutachten schreiben. »Einfach machen und die erwarteten Auswirkungen nach ein paar Jahren evaluieren«, lautete der pragmatische Gegenvorschlag des BDB, der leider kein Gehör in Berlin fand. Deutlich früher werden Ergebnisse der Arbeitsgruppe erwartet, die sich mit Maßnahmen zur stärkeren Verlagerung von großvolumigem und schwerem Stückgut auf die Wasserstraßen befasst. Andreas Scheuer sollte den Empfehlungen der AG seines Hauses dann Beachtung schenken.

2021 ist Bundestagswahl. Der BDB wird sich erneut dafür einsetzen, dass die künftige Regierung nicht nur die Potenziale der Schiene fördert, sondern auch dem System Wasserstraße die erforderliche Unterstützung zukommen lässt: Ohne staatliche Förderung geht es nicht! Brüssel setzt dabei die Leitplanken. Zu hoffen ist, dass die Wettbewerbsbehörde der EU-Kommission nach über acht Monaten Prüfzeit möglichst bald das neue Programm zur Modernisierung der Flotte genehmigt. Dann kann der »große Wurf« für die Binnenschifffahrt, von dem der Bundesverkehrsminister 2019 in Berlin gesprochen hat, in 2021 endlich starten.

Jens Schwanen
Geschäftsführer
Bundesverband der Deutschen Binnenschifffahrt e.V. (BDB)