Antwerpen
In Antwerpen sollen künftig mehr Güter von der Straße auf andere Verkehrsträger verlagert werden (© Hafen Antwerpen)
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Mit einem neuen Mobilitätsprogramm will Antwerpen das Hinterland besser anbinden – über die Binnenschifffahrt, die Bahn und Shortsea-Angebote. Mobility Manager Tom Verlinden erläutert die Maßnahmen für die Zukunft

2020 war ein bewegtes Jahr – auch in den Bereichen Logistik und Mobilität. Gemeinsam mit seinem Team arbeitet Mobility Manager Tom Verlinden an intelligenten Lösungen. Vieles dreht sich alles um »BRaiNS«. Zentrales Ziel ist es, bis 2030 weitere Verkehre von der Straße auf andere Verkehrsträger zu verlagern.

Welche Schritte haben Sie im Jahr 2020 unternommen?

Tom Verlinden: »BRaiNS« steht bei uns für Binnenschifffahrt, Railverkehr, Nachtlogistik und Shortsea, also um alle Alternativen, die wir anbieten, um den Straßengüterverkehr – vor allem tagsüber – auf ein Minimum zu reduzieren. Wir konzentrieren uns dabei hauptsächlich auf den Containerverkehr, den größten und am schnellsten wachsenden Bereich unseres Umschlags. Noch geht mehr als die Hälfte der Hinterlandtransporte über die Straße.

Warum sind die Bemühungen zum Modal Shift so wichtig?

Verlinden: Es handelt sich nicht um einen plötzlichen Kurswechsel. Wir arbeiten ja schon seit langem daran, Verkehre zu verlagern. Aber natürlich spielen die Arbeiten an der Oosterweel-Verbindung auf dem Antwerpener Ring eine große Rolle. 2020 war natürlich auch ein sehr untypisches Jahr: Wegen des Lockdowns ging der Personenverkehr zurück, der Güterverkehr hingegen nicht. Dies zeigt noch einmal, wie wichtig es ist, sich auf Alternativen zu konzentrieren.

Worauf setzen Sie dabei?

Verlinden: Die logistische Lage des Hafens Antwerpen ist unser größter Trumpf: zentral in Europa, am Knotenpunkt dreier großer Schienenkorridore und mit Binnenschiffverbindungen über Schelde, Rhein und Maas. Diesen Trumpf müssen wir voll ausspielen. Außerdem sind wir über Shortsea-Routen mit vielen Regionen in Europa verbunden. In Bezug auf die Umwelt können all diese Alternativen punkten. Allein ein Shortsea-Schiff holt beispielsweise Tausende Lkw von der Straße.

Haben Logistikmanager Angst vor einer Verkehrsverlagerung, zum Beispiel vom Lkw aufs Binnenschiff?

Verlinden: Sie haben keine Angst, aber eine gewisse Zurückhaltung ist durchaus vorhanden. Schließlich geht es darum, eingespielte Routinen zu verändern. Dennoch ist es sinnvoll, die vorhandenen Alternativen zu prüfen. Dabei kommt es vor allem auf vier Faktoren an: die Kosten, die Frequenz, die Laufzeit und die Zuverlässigkeit des Transportmittels. Ist die zurückzulegende Strecke kürzer als 100 km, mag der Lkw das passende Transportmittel sein. Aber auch das Binnenschiff bietet auf kurzen Strecken großartige Lösungen. Bei Transport­wegen über 100 km gibt es zahlreiche Alternativen, die oft sogar zuverlässiger und günstiger sind als die Straße.

Was haben Sie konkret unternommen, um diese Alternativen attraktiver und bekannter zu machen?

Verlinden: Wir haben eine Reihe zusätzlicher Bahn- und Shortsea-Verbindungen etablieren können sowie die durchgehende Öffnung der größten Terminals im Hafen erreicht, auch über Nacht. Da tut sich also einiges.

Was genau ist für die Binnenschifffahrt getan worden?

Verlinden: Wir haben uns mit Akteuren der gesamten Branche an einen Tisch gesetzt, um die Prozesse im Hafen zu optimieren. Wir haben unter anderem ein Zeitfenstermanagement-Verfahren für Binnenschiffe eingeführt und vereinbart, die Minimum-Call-Size an den Terminals auf 20 Containerbewegungen festzulegen. Dies erfordert einen großen Aufwand von allen Akteuren, die ihre Transportmengen vor dem Hafen bündeln mussten. Aber das Ergebnis ist spürbar: Wir haben jetzt 40 % weniger Schiffe an den Terminals, was die Abfertigung deutlich effizienter und zuverlässiger macht. Eine Win-Win-Situation für alle.

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Mobility Manager Tom Verlinden (© Hafen Antwerpen)