Krischan Förster
Krischan Förster © Binnenschifffahrt
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Keine drei Jahre ist es her, dass der damalige Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) den lang ersehnten »Masterplan Binnenschifffahrt« vorstellte. In dem 28-seitigen Papier wurden zahlreiche Maßnahmen aufgelistet, die helfen sollten, mehr Güter aufs Wasser zu bringen. Der Anteil der Binnenschifffahrt am Modal Split von damals 9 % sollte auf 12 %, mittelfristig sogar auf 15 % gesteigert werden.

Das große Ziel wurde jetzt von Scheuers Nachfolger Volker Wissing mal eben kassiert. Gestützt auf die jüngste Verkehrsprognose verkündete der FDP-Politiker, dass er seine Politik »an Zahlen, Daten und Fakten und nicht an politischem Wunschdenken« ausrichten werde. Heißt im Klartext: mehr Geld für die Straße, weil sie laut der Studie den meisten Verkehr aufnehmen wird. Und vermutlich (noch) weniger Geld für die Binnenschifffahrt, weil ihr Stagnation und ein Absinken des Modal-Split-Anteils auf gut 5 % prophezeit werden.

Wissing will also der Macht des Faktischen folgen und die Investitionen in Richtung des vermeintlich größten Bedarfs lenken. Der in diesem Jahr um 400 Mio. € geschrumpfte Etat für die Wasserstraßen, der Ausbaustopp am Neckar oder die ausbleibende Anpassung des Mittelrheins waren offenbar nur die Vorboten einer fatalen Umkehr: Macht Wissing seine Ankündigung wahr, würde er sich von jeglichen Bemühungen verabschieden, künftige Gütermengen in die richtigen Bahnen zu lenken. Dann wären alle Pläne für eine Verkehrswende und alle Bekenntnisse zur Binnenschifffahrt Makulatur.

Insofern kommt die Debatte, die gerade von den Akteuren des »nassen« Ver­kehrsträgers mit Unterstützung großer Industrieverbände angestoßen wird, genau zum richtigen Zeitpunkt und keine Minute zu spät. Das Impulspapier der »Initiative System Wasserstraße« legt den Finger tief in die klaffende Wunde und formuliert jene Ziele, die doch eigentlich das zuständige Ministerium längst hätte vorgeben müssen.

Dass dem Sanierungsstau an Wehren, Brücken, Schleusen und Ufern nicht mit einem Etat nach Kassenlage beizukommen ist, dürfte mittlerweile unbestrittenes Allgemeinwissen sein. Warum also nicht die pro Jahr benötigten 2 Mrd. € über eine Leistungs- und Finanzierungvereinbarung (LuF) bereitstellen, wie es sie für die Bahn ja auch schon gibt? Warum dafür nicht eine Bundesbehörde umkrempeln und hoheitliche von den operativen Aufgaben trennen, wie bei Bahn und Straße bereits praktiziert?

Veränderte Strukturen in der Verwaltung allein sorgen nicht für mehr Güter auf den Wasserstraßen, das ist richtig. Aber ein verlässlicher Finanzierungsrahmen kombiniert mit einer effizient arbeitenden WSV und verkürzten Bauverfahren würde immens helfen, die Infrastruktur wieder in Schuss zu bringen. Es ist daher nicht zu verstehen, warum sich Wissing und auch einige andere so sehr dagegen sträuben. Mit einem modernen System Wasserstraße könnte der künftige Modal Split vermutlich anders ausfallen. Und es gäbe einen Grund weniger sich zu sorgen, dass deutsche Industrieunternehmen aus Deutschland abwandern könnten. Es sollte dringend geredet werden – besser spät als nie.