»Little Berlin« in Duisburg

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Eigentlich ist das Mekka der Startups in Deutschland die Bundeshauptstadt. Doch einen Teilbereich der Ideenschmieden möchte duisports Chef Erich Staake an den Rhein locken

Moderne Neubauten und historische Industriebauten bestimmen das Bild des Duisburger Innenhafens. Eines der entkernten und grundsanierten alten Gebäude ist die Werhahnmühle. Vom trendigen Cafe´-Restaurant bis zum Fotoatelier nutzen viele Unternehmungen das alte Gemäuer. Seit dem Herbst diesen Jahres ist hier auch die Innovationsplattform startport zu finden, die Firmengründern für ein Jahr kostenlos Platz im alten Innenhafen-Bauwerk verschafft, und für den fachlichen Austausch zwischen den Startups und etablierten Unternehmen sorgt. Das Augenmerk soll bei der Plattform vor allem auf dem Thema Logistik liegen.

Haupttreiber der Idee einer solchen Plattform am Rhein ist der duisport mit Erich Staake: »NRW ist längst zu einer qualitativ hochwertigen Logistik Region geworden«, sagte Staake anlässlich der Eröffnung. Der Duisburger Hafen habe daran einen hohen Anteil, so Staake weiter. Doch man dürfe sich nicht auf den Erfolgen ausruhen, warnte er: »Der Duisburger Hafen ist die führende Drehscheibe Zentraleuropas. Er muss, wie viele Unternehmen der Region, seine Logistik permanent optimieren«, machte er klar. Ein wichtiger Aspekt sei die Vernetzung von Industrie und Logistik. Genau hier setzt das Startup-Projekt im Duisburger Innenhafen an: »Die Ideen junger Startups, die sich mit eben diesen IT-Lösungen beschäftigen, können uns hierbei helfen«, resümierte Staake.

Nordrhein-Westfalens Wirtschafts- und Digitalminister Andreas Pinkwart war ebenfalls zur Eröffnung von startports gekommen und freute sich über die Initiative duisports und seiner Partner: »Die Logistik ist hierzulande der drittgrößte Wirtschaftsbereich nach Handel und Automobilindustrie. Auf dem Weg zur Logistik 4.0 begrüßen wir das Engagement schlagkräftiger Partner für den startport. Durch diese neue Innovationsplattform wird der Gründerstandort NRW weiter gestärkt. Viel Erfolg wünschen wir den Startups, die zukünftig durch Digitalisierung, Automatisierung und moderne Verkehrskonzepte die Logistikkette intelligenter machen werden.«

Interessierte Firmengründer können sich ab sofort über die Webseite www.startport.net für einen Platz im startport-Programm bewerben. Bei erfolgreicher Aufnahme können die Startups ein Jahr lang die Infrastruktur und die Workshops von startport kostenfrei nutzen und ihre Ideen zu einem Geschäftsmodell weiterentwickeln. 550m2 warten in der fünften Etage auf die tatendurstigen Kreativen. Neben duisport sind als Exklusivpartner Klöckner & Co, Evonik und der Initiativkreis Ruhr dabei, die »startport« mit ihrem finanziellen Beitrag signifikant unterstützen. Neben den Exklusivpartnern fördern beispielsweise auch die Universität Duisburg-Essen, die Hochschule Rhein-Waal, die Deutsche Bank, das Fraunhofer Institut sowie Roland Berger das Projekt. Alle Exklusivpartner sind Mitglied im Beirat von startport. Sie entscheiden über die Aufnahme der Bewerber in das Programm.

Von Anfang an soll das Netz zwischen Startups und Partnern der Plattform eng geknüpft sein. Neben gemeinsamen Workshops und Seminaren, sei es auch vorstellbar, dass Projektteams seitens der Partner in die startport-Räume kommen, um dort in einer Win-win-Situation Expertise aus dem Unternehmensalltag zu vermitteln und mit neuen Ideen in die Unternehmen zurückzukehren, so Staake. Nach Ablauf des Jahres haben zunächst die Exklusivpartner eine Investitionsoption in die Startups.

Während der Ausbau der Startup-Etage noch andauert, hat das erste Startup bereits die startport-Räume bezogen. ACTOS (Advanced Container Terminal Operation System), so der Arbeitstitel des Projekts, ist eine Ausgründung der Bergischen Universität Wuppertal, die sich mit der Optimierung von Software für Container-Krananlagen und Container-Terminals beschäftigt und in der Chemielogistik bereits erste Praxiserfahrungen gesammelt hat. Die ersten Versionen des Programms kamen von Stefan Bock (WINFOR / BU Wuppertal), Rudolf Bauer, Paul Göpfert und Christian Trumpp. Inzwischen entwickelt Trumpp zusammen mit David Bachtenkirch und Rudolf Bauer die Software weiter, die vor allem auch für Deutschlands Binnenhäfen hochspannend ist: Jede Veränderung, wie zum Beispiel das Eintreffen neuer Container bei der Ankunft weiterer Schiffe, passt die Software die Bewegungspläne des Krans den veränderten Anforderungen an. Der Kranführer bekommt direkt einen Vorschlag für die jeweils nächste Bewegung. Letztlich bleibt aber die Entscheidung bei ihm. Der manuelle Overwrite durch den Kranführer oder die Disposition soll erhalten bleiben. So können nicht berechenbare Komponenten einbezogen werden, zum Beispiel dringliche Aufträge und die bevorzugte Behandlung priorisierter Container. Das bestehende Softwaresystem bleibt als ‹Fall-Back-Szenario› erhalten. Das System sammelt während seines Einsatzes alle Daten und entwickelt daraus Prognosen. Bis zu einem Drittel weniger Leerhübe verspricht das ACTOS-Team beim Einsatz der Software, die mit allen gängigen Lagerverwaltungssystemen kompatibel sein soll.

Wie wichtig die Ideen der Startups sein können, erläuterte der Vertreter des Exklusivpartners Klöckner & Co, Christian Pokropp, Geschäftsführer der unternehmenseigenen Digitaleinheit kloeckner.i: Klöckner & Co erziele bereits jetzt 15% des Umsatzes über digitale Kanäle. Im Jahr 2020 werden es bereits 50% sein, so Pokropp. Schon vor Jahren habe man in Berlin mit Startups zusammengearbeitet und dort auch kloeckner.i gegründet. Inzwischen beschäftigt kloeckner.i rund 60 Mitarbeiter. In der Logistik werde die digitale Entwicklung ebenso rasant voranschreiten. Der Startup-Kultur in Berlin Konkurrenz machen zu wollen sei nicht sinnvoll, aber eine Startup-Kultur für die Nische Logistik, sei dagegen höchst vielversprechend, so Pokropp.


Martin Heying