Ein Student der Universität Duisburg-Essen ist in seiner Masterarbeit zu dem Schluss gekommen, dass Fahrverbote für Dieselfahrzeuge in Innenstädten am Rhein ihre Wirkung verfehlen würden. Die erhöhte Stickoxidbelastung wird vielmehr auf die Binnenschifffahrt zurückgeführt, was der Bundesverband der Deutschen Binnenschifffahrt (BDB) wiederum bezweifelt.
Selten zuvor hat eine Arbeit an einer Lehreinrichtung wohl für so viel Gesprächsstoff gesorgt: Ein Student der Uni Duisburg-Essen hat sich in seiner Masterarbeit mit den Folgen möglicher Dieselfahrverbote in Innenstädten beschäftigt. Selbst wenn bis zum Jahr 2030 alle Diesel-Pkw durch Benzin-Pkw ersetzt werden würden, soll die Stickoxidbelastung in den Innenstädten oberhalb der zulässigen Grenzwerte bleiben. Zu diesem Schluss kommt jedenfalls Michael Schreckenberg, Physik-Professor an der Uni Duisburg-Essen, der die Arbeit betreut. Schuld daran soll die Binnenschifffahrt sein.
Diese in der Abschlussarbeit aufgestellte Aussage ruft nun den BDB auf den Plan, der es für nicht sachgerecht hält, die Binnenschifffahrt zum Buhmann zu machen. Der Verband beruft sich unter anderem auf Berechnungen der Bezirksregierung Düsseldorf, die zu der Erkenntnis gekommen war, dass nur 7 % der Stickoxide in der NRW-Landeshauptstadt auf Binnenschiffe entfallen, 40 % würden indes durch Pkw verursacht.
Wurden auch Lkw und andere Fahrzeuge beleuchtet?
Zudem spricht Schreckenberg bei der Beschreibung der Untersuchung gegenüber den Medien ausdrücklich nur von einem Verzicht auf »Diesel-Pkw«. Die heute im Stadtverkehr anzutreffenden Lkw und der gesamte Liefer-, Bau- und Monteursverkehr, der nahezu vollständig dieselbetrieben ist, seien in der Studie also offenbar nicht betrachtet worden, betont der BDB. Vor diesem Hintergrund würde das Ergbnis nicht überraschen, dass die Stickoxidbelastungen in den Innenstädten weiterhin hoch sei.
Es fände sich auch kein Hinweis darauf, dass die zahlreichen anderen mit Diesel betriebenen Motoren, die in Innenstädten regelmäßig anzutreffen seien, berücksichtigt worden wären. Zu nennen seien hier Lokomotiven und Triebwagen sowie Omnibusse. Ferner bezweifelt der BDB, dass die durch Heizungen oder Verbrennungsprozesse in der Industrie ausgelösten Emissionen in die Betrachtung eingeflossen sind.
Binnnenschifffahrt trifft emmissionswirksame Maßnahmen
Der Verband betont darüber hinaus, dass die Binnenschifffahrt gerade massiv in die Erneuerung von Maschinen, Filtern und Katalysatoren investiert. Ob dies in dem von dem Studenten gewählten Betrachtungshorizont »2030« Berücksichtigung fand, sei ebenfalls nicht klar.
Studien der Bundesanstalt für Gewässerkunde (BfG) und Berechnungsverfahren zur Ermittlung der schifffahrtsbedingten Luftschadstoffbelastung an Wasserstraßen aus dem Jahr 2015 hätten gezeigt, dass bereits am Flussufer, spätestens aber in einer Entfernung von rund 100 m von der Fahrrinne, keine Zusatzbelastungen an Schadstoffen nachweisbar seien, die ausschließlich von Binnenschiffen hervorgerufen würden, so der BDB.
»Wie kommt der Student in seiner Masterarbeit also zu der Aussage, dass die Schifffahrt für die Überschreitung der Stickoxidgrenzwerte in den Innenstädten verantwortlich sei? Werden die Ergebnisse der BfG-Studie in der Masterarbeit behandelt und ausreichend qualifiziert widerlegt?«. Das sind nach Ansicht des BDB weitere Fragen, denen nachgegangen werden sollte.
Europaweit anerkannte oder gar normierte Messmethoden zur Ermittlung der auf die Binnenschifffahrt entfallenden Schadstoffbelastungen in den Innenstädten gäbe es bis heute nicht, betont der Verband. Das Bundesverkehrsministerium habe hierzu kürzlich ein Gutachten in Auftrag gegeben.
»Ohne die Wissenschaftlichkeit der Masterarbeit in Zweifel zu ziehen, muss die Skepsis erlaubt sein, dass der Student diese bislang offene Frage in seiner Ausarbeitung bereits in einer fachlich belastbaren Weise beantwortet hat«, heißt es in dem Statement des BDB weiter.
Schreckenberg wird derweil am 12. April vor den Ausschüssen für Umwelt und Verkehr des Landtages NRW zum Thema Innenstadtverkehr und Schadstoffemissionen angehört. Es sei zu hoffen, dass die Landtagsabgeordneten ihm hierzu die richtigen Fragen stellen, so der BDB abschließend.