Fähren im Binnenland, die gibt es seit Jahrhunderten. Tatsächlich sind sie bis heute auf Flüssen und Seen unverzichtbar, weil sich Zeit und Geld sparen lassen
Knapp 300 Binnen-Fähren gibt es in Deutschland. Einige haben eine Jahrhunderte lange Tradition, andere gibt es erst seit Jahrzehnten, einige erst seit Tagen oder Wochen. Doch allen ist eines gemein: Sie sorgen für Verbindungen zwischen den Ufern von Flüssen und Seen und sind für Mensch, Fahrzeug und Ware unverzichtbar, weil Alternativen in Form von Brücken nicht machbar sind oder sich nicht rechnen.
Im Deutschen Fährverband, der jüngst in Fleesensee in der Nähe der Müritz seine Verbandstagung durchführte, sind etwa 50 Fährbetriebe organisiert. Auf der Tagung wurde schnell deutlich, dass Fährbetriebe nichts mit Nostalgie zu tun haben sondern ein ganz normales Business sind. Deutlich wurde auch, wie aufgeschlossen gegenüber neuen Entwicklungen die Fährbetriebe sind und wie innovativ die eingesetzten Fähren inzwischen aufgestellt sind.
Michael Maul als Vorsitzender des Deutschen Fährverbandes berichtete von einer deutlich gesteigerten Wahrnehmung für die Branche. »Wir sind nicht mehr ›einer von Vielen‹, sondern ein ernst zu nehmender und ernst genommener Ansprechpartner. Und wir haben einen guten Draht zu den wichtigen Ministerien, auch mit Einzelterminen«, so Maul. Das habe sich nicht zuletzt bei der Diskussion um die neue Ausbildungsrichtlinie bewährt.
Eine spürbare Hilfe für den Verband sei auch die inzwischen mit Maria Plicht besetzte Stelle einer Assistentin des Vorstandes. Sie sei, je nach Aufgabe, Assistentin, Bürokraft, Organisatorin, also eine richtige Allroundkraft. »Wir können sie nicht mehr missen«, bekräftigte Maul die seinerzeitige Entscheidung für diese Stelle. »Die Vorstandmitglieder können sich so auf die ganz wichtigen Dinge konzentrieren«, lobte Maul die Arbeit von Maria Plicht, die seit 11 Monaten in Diensten des Fährverbandes steht.
Im Verband und seinen Mitgliedsbetrieben habe sich die positive Entwicklung auch im vergangenen Jahr fortgesetzt. »Die mittleren und großen Betriebe haben Zuwächse verzeichnet, die sich auch in der Fährflotte widerspiegelt«, beschrieb Maul die aktuelle Situation. Zwei Neubauten seien in Dienst gestellt, zwei weitere seien im Bau und ebenfalls zwei weitere in Planung. Hinzu kämen diverse Modernisierungen.
Mit Blick auf die Entwicklung auch bei den Neubauten befand Maul, das Fährwesen gehe auch technisch in die richtige Richtung. Bezogen auf Innovationen passiere in der Fährschifffahrt ein wenig mehr als in der restlichen Binnenschifffahrt. »Da haben wir schon eine Art Vorreiterrolle inne«, befand der Vorsitzende. Deutlich wurde dies auch in den Ausführungen von Kai Buchloh, der das Konzept der Fähre Oberbillig erläuterte.
Neben den Lichtblicken in der Entwicklung gebe es aber auch negative Meldungen aus der Fährschifffahrt. Die Hochseilfähre bei Mühlheim sei vom Landkreis stillgelegt worden und suche nun einen neuen Pächter oder Betreiber. Der müsse zwar einiges investieren, könne aber mit rund 400 Fahrzeugen pro Tag eine solide Existenz aufbauen.
Durch die Medien ging auch eine eigentlich ausgemusterte ehemalige Rheinfähre. Die Fähre »Siebengebirge« sei nach dem Verkauf auf Reise gegangen. Auf Höhe der niederländischen Nordseeinsel Texel sei sie aber innerhalb kürzester Zeit gesunken. Die Ursachen für diese Havarie sind nicht im Detail bekannt.
Sorgen bereitet den Fährbetreibern auch die zu Anfang 2019 in Kraft tretende Europäische Richtlinie für Motoren, genannt NRMM. Jens Uwe Vetter vom gleichnamigen Sachverständigenbüro beschrieb die Schwierigkeiten, regelkonforme Motoren auf dem Markt zu bekommen. Auch die an die Zertifizierung gestellten Anforderungen gingen an den Praxismöglichkeiten vorbei. »Die Kosten einer Zertifizierung können die Kosten eines neuen Motors locker überschreiten«, so der Experte.
Gewisse Irritationen stellt der Fährverband auch bei der neuen Regelgebung für das Unionsbefähigungszeugnis (UBZ) fest. Klaus Hammerl, stellvertretender Vorsitzender, erläuterte den Mitgliedern die komplexen und teils widersprüchlichen Regelungen. Darin sind neue Anforderungen für Besatzung und Mannschaft sowie deren Ausbildung definiert. Fragen der Anerkennung von Fahrtzeiten auf Fähren seien noch zu klären. Zudem wurde die Befürchtung ausgesprochen, dass nach Einführung der UBZ-Regelungen die Qualifikation in Deutschland sinken könne. Bezogen auf zu erwartende neue Besatzungsvorschriften auf Fähren zeigte sich Michael Maul optimistisch: »Wir sind sehr zuversichtlich, dass wir in Zukunft eine vernünftige Regelung bekommen«.
Hermann Garrelmann