Der Wegfall der Einhüllenschiffe ab dem kommenden Jahr könnte weitreichende Konsequenzen haben. Experten befürchten in manchen Regionen sogar einen Versorgungsengpass
Das Verbot für Einhüllenschiffe auf europäischen Binnenwasserstraßen ab Anfang 2019 könnte nach Ansicht von Experten die Frachtraten erhöhen und überdies zu Engpässen bei Niedrigwasser am Rhein beitragen, sagt Argus, ein unabhängiger Anbieter von Energie- und Rohstoffpreis-Benchmarks.
Einige Teilnehmer am Binnenschiffsmarkt gehen davon aus, dass die Frachtraten für Gasöl-Schiffe um etwa 10% steigen könnten, sobald die älteren Schiffe verboten sind. Wenn die Verfügbarkeit für Mitteldestillate signifikant genug sinke, um die Raten zu erhöhen, könnte der Import von Heizöl und Diesel nach Deutschland und in die Schweiz im Vergleich zu Produkten aus den Raffinerien im Inland weniger attraktiv werden, hieß es.
Das Verbot könnte insbesondere auf Wasserstraßen zu spüren sein, auf denen Einhüllenschiffe häufiger verkehren, wie z.B. Kanäle in Norddeutschland, die Donau oder auch Transporte über den Rhein in die Schweiz.
An einigen Kanälen, beispielsweise rund um die BP-Raffinerie in Lingen, seien Schleusen nicht in der Lage, die heutigen Doppelhüllentanker zu bedienen. Daher werden Schiffe mit doppelter Hülle vor allem weiter nördlich auf dem Rhein und in der Amsterdam-Rotterdam-Antwerpen (ARA)-Region eingesetzt.
Wie sich das Verbot auf Reedereien, Frachtschiffcharterer und Importeure auswirken könnte, darüber gibt es unterschiedliche Meinungen. Einige prognostizieren, dass die Kapazitäten dadurch nicht wesentlich reduziert würden, da der Anteil an Einhüllenschiffen seit Jahren rückläufig ist. Manche von ihnen könnten aber auf dem Markt bleiben und Biodiesel transportieren, hieß es weiter.
Nach Angaben der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung (WSV) waren in Deutschland im Juni dieses Jahres insgesamt 79 Einhüllentanker für den Transport von Mitteldestillaten verfügbar, verglichen mit 242 Einheiten mit doppelter Hülle. Anfang 2017 gab es noch 87 Einhüllenschiffe, 2010 waren es noch 238. Der WSV zufolge hat sich die Zahl der Einheiten mit doppelter Hülle in den vergangenen acht Jahren verdoppelt. Einhüllentanker sind oftmals kleiner als die modernen Einheiten mit doppelter Hülle, weshalb sich nach Ansicht von Experten ihr Verschwinden weniger stark auswirken würde.
Tiefgang schränkt Nutzung ein
Das Fehlen der Einhüllenschiffe könnte jedoch die Verfügbarkeit unter extremen Bedingungen, wie die sich häufenden Niedrigwasserstände am Rhein, spürbar beeinflussen. Fünfmal häufiger als im Jahr 2010 würden solche Szenarien mittlerweile auftreten. Oftmals würden sie mehrere Wochen lang anhalten. Bei Ladebeschränkungen könnten Doppelhüllentanker den Engpass bei Kaub in der Nähe von Frankfurt nicht überwinden, sagen die Binnenschiffer. Dies würde die Versorgung von Speicheranlagen in Süddeutschland und der Schweiz aus der ARA-Region sowie aus einigen deutschen Raffinerien einschränken.
Dennoch haben Doppelhüllentanker vor allem Vorteile in puncto Sicherheit, denn die zweite Hülle verringert die Wahrscheinlichkeit, dass Flüssigkeit im Falle von Kollisionen oder Grundberührungen austreten. Die Mehrzahl der in Europa eingesetzten Einhüllentanker sind in der Regel älter und oft günstiger zu chartern. Für die finanziell eher klamme Branche ist das durchaus ein Argument, dass für den Erhalt solcher Einheiten spricht.
Thomas Wägener