Der Bundesverband Öffentlicher Binnenhäfen (BÖB), das Deutsche Verkehrsforum (DVF) und der Zentralverband der deutschen Seehafenbetriebe (ZDS) haben ein wirkungsvolles Planungs- und Baubeschleunigungsgesetz zu einer Schicksalsfrage für die Häfen erklärt
Ein Planungs- und Baubeschleunigungsgesetz ist beschlossene Sache. Der neue Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer hat es angekündigt, dieses Versprechen aus dem Koalitionsvertrag von Union und SPD sollte noch vor der Sommerpause erfüllt werden. Wie wichtig dieses Thema von allen relevanten Branchenvertretern genommen wird, zeigte ein gemeinsamer Parlamentarischer Abend der Verbände BÖB, ZDS und DVF in Berlin.
»Geld ist da. Aber Verkehrsprojekte verzögern sich in Deutschland auf dramatische Weise. Nicht nur für die Häfen ist das existenziell. Es geht um unsere Wettbewerbsfähigkeit und einen besseren Klimaschutz. Wenn hier in Zukunft nicht mehr passiert, bleibt die Verlagerung von Verkehren nur Wunsch und Wolke«, sagte Norbert Schüßler, DVF-Präsidiumsmitglied und Geschäftsführender Gesellschafter der Schüßler-Plan GmbH.
Künftig sollen Ersatzneubauten nicht mehr komplett neu planfestgestellt werden müssen, anders als bei Neubauten. Man werde versuchen, Fristen soweit wie möglich zu verkürzen, kündigte Enak Ferlemann, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesverkehrsminister an. Zudem seien das Eisenbahnbundesamt für Eisenbahnprojekte und die Bundesfernstraßengesellschaft für Autobahnprojekte als einzige Anhörungsbehörden vorgesehen.
Die Not ist mittlerweile groß, findet auch Frank Schnabel, ZDS-Präsidiumsmitglied und Geschäftsführer der Schramm group (Brunsbüttel): »Die Politik muss ihren Beitrag leisten, dass deutsche Seehäfen ihren Marktanteil halten und steigern können. Es kann nicht sein, dass die endlich verfügbaren Investitionsmittel mangels Personal und wegen rechtlicher Vorgaben nicht genutzt werden.« Er forderte eine bessere Nutzung von Ermessensspielräumen und eine Überarbeitung der EU-Gesetze wie beispielsweise der Wasserrahmenrichtlinie.
Was in Dänemark oder in den Niederlanden funktioniere, müsse auch hier möglich sein, bestätigte Ferlemann. Mit dem Bundesverkehrswegeplan 2030 seien die Ausbauprojekte identifiziert worden, die zur Verbesserung der Hinterlandanbindung der Häfen dienen. Es sei das Ziel der der Bundesregierung, diese Maßnahmen bis 2030 auch zu realisieren oder zumindest zu beginnen.«
Frühe Bürgerbeteiligung
Das Bewusstsein in der Bevölkerung für die Bedeutung von Infrastrukturmaßnahmen sei in den vergangenen Jahren gestiegen, befand Kirsten Lühmann, verkehrspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion. »Aber natürlich gibt es Widerstand, wenn persönliche Belange oder Umweltbelange betroffen sind oder wenn der Sinn und die Kosten eines Projektes nicht verstanden werden.« Eine Lösung liege in der frühzeitigen Bürgerbeteiligung und in einer Beschleunigung der Planungsverfahren. Lühmann zeigte sich überzeugt, dass dadurch viele Klagen mit aufschiebender Wirkung vermieden und Bauvorhaben damit beschleunigt werden könnten.
»Gute Bürgerbeteiligung und kürzere Planungszeiten müssen kein Widerspruch sein«, sagte auch Grünen-Politiker Stephan Kühn, Verkehrsexperte seiner Fraktion. Die Bürger wollten schon bei der Frage des »ob« und nicht erst bei der Frage des »wie« beteiligt werden. »Wer allerdings mit der Brechstange an Umweltstandards und Beteiligungsrechte herangeht, wird nichts erreichen.«
Unklarheiten und Interpretationsspielräume bei der Auslegung von Gesetzen durch die Verwaltungen bemängelte Joachim Zimmermann, Mitglied des Präsidiums des BÖB und Geschäftsführer der bayernhafen Gruppe: »Binnenhäfen sind angewiesen auf beschleunigte Genehmigungsprozesse sowohl auf den zuführenden Verkehrswegen Schiene, Wasser und Straße als auch und vor allem bei den hafeneigenen Infrastrukturen.« Die politisch gewollte Verkehrsverlagerung könne nur mit funktionierenden Netzen und Schnittstellen erreicht werden. »Wir brauchen einen bundesweiten Leitfaden für die Genehmigung von Hafeninfrastrukturen«, so Zimmermann.