Das Niedrigwasser hat gezeigt, wie sensibel das Transportwesen ist. Verlässlichkeit funktionierender Lieferketten wird zum entscheidenden Faktor
Das anhaltende Niedrigwasser an vielen deutschen Flüssen hat deutlich vor Augen geführt, wie wichtig die Binnenschifffahrtsstraßen als Transportweg sind. Es hat sich aber auch gezeigt, was passiert, wenn sie nicht in dem gewohnten Maße genutzt werden können. In solchen Fällen sei Flexibilität gefragt, wie Jan Sönke Eckel, Geschäftsführer von RheinCargo, beim Themenabend des ShortSeaShipping Inland Waterway Promotion Center (SPC) in Neuss betonte.
Die Logistik im Lande müsse in einigen Bereichen umdenken. »Sind reine, von A nach B laufende Direktverbindungen mit Schiff oder Bahn noch das richtige Mittel?«, fragte Eckel ins Auditorium. Seine Antwort: »Wir müssen mehr über gebrochene Verkehre nachdenken.« Flexibilität anzubieten könne möglicherweise wichtiger sein, als nur der Preiswerteste zu sein. »Wir glauben, dass der gebrochene Verkehr durchaus eine Alternative sein kann, man muss aber die Vorteile der jeweiligen Verkehrsträger nutzen.«
Oliver Haas, General Manager von neska International, einer 100%-Tochter der Hafengesellschaft Köln (HGK), führte die Containerverkehre seines Unternehmens entlang der Rheinstrecke als ein Beispiel an, bei dem alle Verkehrsträger stark einbezogen werden. Mit dem Wassertaxi dokumentierte Haas, dass sich auch Transporte mit weniger Einheiten und auf kurzer Strecke lohnen könnten. Ein weiteres Beispiel für Schiffstransporte über kurze Strecken lieferte er mit der Verbindung zwischen Köln-Niehl und Hürth-Knapsack. Damit vermeide man Verkehrsbelastungen und umfahre Staus.
Habe anfangs der Fokus der Aktivitäten auf den Strecken nach Rotterdam und Antwerpen gelegen, sei das Unternehmen inzwischen als Knotenpunkt für viele Verbindungen aufgestellt. Die Häfen entlang des Rheins dienten als Schalter zwischen den drei Transportmodi, wobei der Bahnverkehr sich positiv entwickelt habe. »Unsere Containerterminals machen von jeher mehr als nur Lieferungen abzufertigen«, sprach Haas zusätzliche Dienste wie Stuffen und Strippen, den Verkauf und die Vermietung von Containern an.
Eckel wies unterdessen auch auf die Schwierigkeiten im Bahnsektor hin. Sei die Bahn früher häufig als Verteiler in der Fläche eingesetzt worden, könne das wegen des vielerorts erfolgten Rückbaus vieler Anschlussgleise nur noch per Lkw erfolgen. Haas nannte als zusätzliches Problem der gesamten Transportbranche den Fachkräftemangel. Man müsse überlegen, »wie wir trotz Fahrermangel große Mengen transportieren können.« Schiff und Bahn würden dabei helfen. »Da geht viel mehr Menge mit weniger Personal«, machte er deutlich. Zudem könne man, teils wegen defekter Infrastruktur, teils aber auch wegen notwendiger Baumaßnahmen, Transporte auf der Straße nur noch erschwert durchführen. Auch hier sei die Verbindung zwischen den Verkehrsträgern eine sinnvolle Antwort.
Entsprechend sieht Markus Nölke, Geschäftsführer des SPC, Bedarf, den Wechsel zu mehr Transporten für Schiff und Bahn zu fördern. »Schiene und Schiff müssen einen höheren Anteil erreichen«, forderte er. Ohne multimodale Verkehre und intelligente Lösungen seien die Aufgaben nicht zu bewältigen.
Das Niedrigwasser hat ebenfalls aufgezeigt, dass die zunehmende Größe der Schiffe kein Allheilmittel ist. Im Bereich der Binnenschifffahrt würde sich der Trend zu immer größeren Frachtern in solchen Phasen sogar eher als Nachteil erweisen, sagte Eckel. Man müsse die Entwicklung immer größerer Schiffseinheiten in Frage stellen, wies er auf fehlende Diversität beim Schiffsraum hin.
Mit Blick auf das Ende des Kohleabbaus verwies Eckel derweil auf die Notwendigkeit, künftig nach einem Ausgleich zu suchen. Die Recyclingbranche könne da interessant werden, nannte er einen Ansatz. Auch über die Beförderung von Schüttgütern in Containern sollte man nachdenken, dies könne Handling und Transport oft erleichtern.
Bei neska wird die Containerisierung von Massengütern bereits praktiziert. Haas nannte gleich mehrere Beispiele dafür: Für drei Bereiche habe man spezielle Containertypen entwickelt: Mit dem maßgeschneiderten Einsatz des boxX –Systems würden leichte und empfindliche Schüttgüter für die Transportketten vorbereitet, mit eigenen Ganzzügen und Schiffen. Das sei effizient, produktschonend und nachhaltig. Besonders für Kohle habe sich die Box bewährt. Weniger Umschlag bedeute weniger Veränderung in der Körnung, mithin eine bleibende Qualität.
»Die Verknüpfung auch von konventionellen Verkehren birgt viel Potenzial«, fasste der neska-Manager zusammen. Für manche Lösung müsse aber die Zeit reifen, sagte er.
Hermann Garrelmann