Dortmunds Hafen wandelt sich

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Der Dortmunder Hafen vollzieht eine Veränderung vom klassischen Umschlagplatz zum digitalen Kreativquartier. Der Hamburger Hafen übernimmt eine wichtige Drehscheibenfunktion für das gesamte Bundesland Nordrhein-Westfalen

Hoch oben im Dortmunder U, dort, wo seinerzeit eine der größten Bierbrauereien heimisch war, trafen sich Akteure aus der regionalen Wirtschaft der Region Dortmund und der Metropolregion Hamburg. Rund 170 Gäste waren der Einladung der Dortmunder Hafen AG und von Hafen Hamburg Marketing (HHM) gefolgt. Der Dortmunder Hafen gilt als der größte Kanalhafen Europas.

Das vierte Treffen dieser Art stand unter dem Motto »Buten und Binnen – Logistik braucht kurze Wege« und sollte die Zusammenarbeit der beiden Partner weiter vertiefen und das Verständnis für Standpunkte und Entwicklungen stärken. Für Dortmunds Hafenchef Uwe Büscher hieß dies, die geplante und zu erwartende Entwicklung des Dortmunder Hafens zu skizzieren. »Der Dortmunder Hafen wird sein Gesicht verändern«, erläuterte der Hafenchef den Plan, der einen Wandel vom Umschlagplatz zum digitalen Kreativquartier lenkt. Der 120-jährige Hafengeburtstag in diesem Jahr falle mitten in einen Prozess dynamischer Weiterentwicklung. Mit dem Leitbild zum »D-Port 22« wolle man sich den kommenden Herausforderungen stellen. Die projektierte Uferpromenade mit markanten Turmgebäuden sei dabei ein äußeres Merkmal der Transformation. Mittelfristiges Ziel sei, die Zahl der Arbeitsplätze im gesamten Hafenbereich um bis zu 5.000 Jobs zu erhöhen.

Angela Titzrath, die Vorstandsvorsitzende der Hamburg Hafen und Logistik AG (HHLA), beleuchtete auf dem Hafenabend die bereits vorhandenen und noch zu erwartenden Pluspunkte Hamburgs. Insbesondere die jetzt mögliche Fahrrinnenanpassung der Elbe stärke die Rolle des hanseatischen Seehafens. Dabei sei die hervorragende Anbindung des Hamburger Hafens an das europäische Hinterland über die Schiene ein nicht zu unterschätzender Standortvorteil, erklärte die Managerin. »Insbesondere vor dem Hintergrund der Forderung, mehr Güter auf der Schiene zu transportieren, bietet Europas größter Seehafenbahnhof sowohl aus ökonomischer als auch aus ökologischer Sicht überzeugende Argumente«, warb Titzrath für entsprechende Nutzungen.

China und Digitalisierung

Die Vorstandschefin ging auch auf die Herausforderungen ein, die sich aus einer neuen Rolle Chinas im Welthandel und aus der unvermeidbaren Digitalisierung ergeben. Sie sei erstaunt darüber gewesen, dass die chinesische Delegation, die kürzlich in Hamburg weilte, Duisburg als wichtigsten deutschen Hafen betrachtet hätte. Ihre anschließende Frage: »Tun wir genug für unsere Leistung und reden wir ausreichend darüber«, könne nicht allein mit der Elbvertiefung beantwortet werden. »Das allein reicht nicht, da muss mehr passieren«, so Titzrath. Wichtig sei zunächst, die Relevanz der Seehäfen zu erkennen. »Neben Banken haben auch Häfen eine Systemrelevanz«, forderte die Hafenchefin mehr Unterstützung aus der Politik. Häfen und Hinterland dürften nicht länger vernachlässigt werden. Störungsfreie Hinterlandanbindungen seien ebenso wichtig wie eine neue Sicht auf globale Verbindungen.

Aus China käme Konkurrenz auch über deren Beteiligungen an diversen Mittelmeerhäfen. Auch die neue Seidenstraße habe Änderungen zur Folge. Weil an den Absichten der Chinesen keine Zweifel bestehen könnten, sei es wichtig, dass die »Neue Seidenstraße« keine Einbahnstraße werde. Mit Blick auf Dortmund als ehemalige Brauereistadt erkannte Titzrath Potenziale: »Auch die Chinesen mögen gern Bier«. Die Europa-Asien-Route werde weiter wachsen, da könne man sich gerade als Hafen Hamburg ein Abkoppeln nicht leisten. Eher das Gegenteil: Mit der Idee einer »Hanse 4.0« könne und wolle man daran teilhaben und zugleich Motor des digitalen Wandels sein. Dabei verwies die Hafenchefin auf ein mit MAN laufendes Projekt für autonomes Fahren und die neue Ausrichtung der Metrans, bei der die HHLA zum 1. April 100%-iger Eigentümer sei. Auch die Integration von Polzug in die Metrans sei ein wichtiger Schritt. In Abwandlung eines bekannten Spruches schloss Titzrath ihren Vortrag mit »die HHLA ist das Tor zur Zukunft.«

Gründungs- und Innovationscampus

»Wir haben nie den Kopf in den Sand gesteckt«, postulierte Thomas Westphal, Dortmunds Wirtschaftsförderer, zu Beginn seiner Ausführungen. Der Strukturwandel gehe immer weiter, da habe man in Dortmund mehrfach Erfahrungen, erinnerte Westphal an das Ende des Bergbaus. Darauf habe man seinerzeit unter anderem in der Logistik Lösungen gefunden, ähnliches gelte heute in Bezug auf die digitalen Herausforderungen. »Die digitalen Veränderungen erzeugen nicht nur Gewinner«, so der Wirtschaftsförderer. Dafür müsse man etwas tun. In Dortmund laute ein Ansatz: »Der D-Port soll eine Heimstätte für Zukunft werden und sein.« Dazu beitragen sollen unter anderem Projekte wie der Gründungs- und Innovationscampus in der Speicherstraße 10 bis 20 im Hafenquartier. In Form eines Inkubators wird ein Angebot für Schnittstellen zwischen Startups und bereits arrivierten Unternehmen erarbeitet. Dieser Marktplatz für Zusammenarbeit zielt auf junge Unternehmen im sozialen und handwerklichen Bereich. Auch ein geplanter siebengeschossiger Hafenturm mit Promenade stärke das Hafenquartier mehrfach.

Unabhängig von den geplanten Entwicklungen ist die bereits vorhandene und weiter auszubauende Zusammenarbeit der beiden Häfen eingebettet in das Kooperationsprojekt »Hamburg-NRWplus«. Dabei ist die Drehscheibenfunktion des Hamburger Hafens für den seeseitigen Außenhandel von Nordrhein-Westfalen nicht zu unterschätzen. Auch wenn für viele Akteure die Häfen von Rotterdam und Antwerpen »vor der Haustür« liegen, spielt der Hamburger Hafen eine wichtige Rolle für Nordrhein-Westfalen. Pro Jahr gehen allein im Containerbereich etwa 500.000TEU hin und her. Davon rollen etwa 81% auf Lkw über den Asphalt, per Schiene finden 17% der Boxen ihr Ziel. Der Anteil des Binnenschiffs, der aktuell bei rund 2% liegt, ist demnach enorm ausbaufähig.

Mit »Hamburg-NRWplus«, dessen Fortsetzung beabsichtigt ist, suchen der Hamburger Hafen und das Bundesland NRW gemeinsam mit Partnern aus der Wirtschaft nach neuen Wegen für eine stärkere Nutzung von Eisenbahn und Binnenschiff. »Wir finden es richtig, dass die Regierungen von NRW und Hamburg eine Fortsetzung des Projekts beabsichtigen«, so HHM-Vorstand Axel Mattern. Die bisherige Arbeit habe bereits viele substanzielle Ansätze gefunden, um Verkehre auf die Schiene zu verlagern. Es sei daher sinnvoll, auf dieser Erfolg versprechenden Basis aufzubauen mit dem Ziel, konkrete Veränderungen herbeizuführen.

Wie hatte doch Axel Mattern bereits bei seinen Begrüßungsworten bekannt: »Mehr Ladung auf die Schiene zu bringen, das haben wir in Hamburg in unserer DNA.«
Hermann Garrelmann