Der Harener Reeder Martin Deymann fügt seiner wachsenden Flotte an Tankern und Trockenschiffen ein zweites Geschäftsfeld hinzu. Seit 1. Januar ist er an dem Befrachtungsunternehmen BSC mit Sitz in Ahrensburg beteiligt
Vier Tankschiffe von Deymann wechseln von anderen Befrachtern hinüber zu diesem neuen Bündnis. Der Reeder ist künftig mit einem Drittel an BSC beteiligt, die anderen Anteile liegen bei den beiden BSC-Geschäftsführern Edgar Seeberg und Anton de Velde.
»Ich habe mich lange mit dem Gedanken getragen, selbst in die Befrachtung einzusteigen«, sagt Deymann gegenüber der Binnenschifffahrt. Dies sei nun ein Anfang. Es gehe ihm dabei um einen direkten und besseren Zugang zu Markt und Ladung.
Das BSC-Team verfügt nach eigenen Angaben über eine mehr als 30-jährige Erfahrung in der Binnenschifffahrt als Schiffseigner, Schiffsbefrachter und Schiffsdisponent mit exzellenten Kontakten in der Mineralölwirtschaft. Die gemeinsam betriebene und befrachtete Flotte zählt laut Flottenliste derzeit zehn Tankschiffe.
Stillstand kennt Martin Deymann nicht. Seine Reederei ist jetzt genau 15 Jahre am Markt, im Frühjahr 2004 blieb der ehemalige Partikulier endgültig an Land und begann mit dem Aufbau seines eigenen Unternehmens. Und dies überaus erfolgreich. Seit 2008, dem Beginn einer bis heute nachwirkenden globalen Wirtschafts- und Finanzkrise, hat er die Zahl seiner Schiffe von 8 auf heute 35 mehr als vervierfacht. Die Tank-, Trocken- und Containerschiffe sind auf allen Wasserwegen zwischen den Seehäfen Amsterdam, Rotterdam, Antwerpen und über die gesamte Rheinstrecke sowie im europäischen Kanalsystem unterwegs.
Die Reederei Deymann zählt zu den größten inhabergeführten Schifffahrtsunternehmen, der Unternehmer Martin Deymann hat immer wieder mit klaren Worten und mit innovativen Projekten auf sich aufmerksam gemacht. In der Chronik der Reederei stehen unter anderem neue Schiffstypen wie der Futura-Tanker »Till Deymann« oder die Installation von technologisch anspruchsvollen KWE-Anlagen von Exomission.
Deymann ist immer bereit, ein gewisses Risiko zu nehmen. So war es bei der Übernahme der Reederei Seibert vor fünf Jahren, als er mit sieben Schiffen den Einstieg in die Containerschifffahrt vollzog. Ein Mitbewerber hatte Monate lang verhandelt, Deymann brachte die Verträge damals innerhalb von zwei Wochen unter Dach und Fach.
Günstige Gelegenheit + Geschick, lautet die Formel. »Manchmal ist auch ein bisschen Glück dabei«, sagt er, »aber allein darauf würde ich nie setzen.« Er sei eher ein Optimist, der an den Erfolg glaube und dies auch versuche, seinen Mitarbeitern zu vermitteln. »Und ich bin bereit, Entscheidungen schnell zu treffen.« Dabei helfe ein sehr »vertrauensvolles« Verhältnis zu den schiffsfinanzierenden Banken, um die nötigen Investitionen zu stemmen.
Im vergangenen Jahr wurde der letzte Einhüllentanker »Reinhold Deymann« außer Dienst gestellt, im Trockenbereich hingegen ein Koppelverband gekauft – die Flotte bleibt also gleich. Ein vergleichsweise »ruhiges« Jahr für einen wie Deymann. Projekte hat der 48-Jährige aber immer und jederzeit in der Schublade. »Aber wir bauen oder kaufen nach Bedarf, nicht auf Verdacht.« Dies lasse ihn nach den vielen Aufbaujahren jetzt etwas entspannter in die Zukunft schauen. »Ich muss nicht wachsen, aber ich kann, wenn es passt.«
Das lässt Zeit für neue Wege, zum Beispiel in die Befrachtung. Vier von 19 Tankschiffen sind jetzt bei BSC, für alle anderen Einheiten arbeite er weiter mit bekannten Adressen zusammen, je nach Ladung und Schiffstyp. »Das sind alles Spezialisten.« Dennoch will er nicht ausschließen, dass auch dieses Geschäftsfeld künftig weiter ausgebaut wird.
Deymann sieht in der deutschen Binnenschifffahrt den Trend zu größeren Unternehmenseinheiten, eine Rückkehr zu Reedereistrukturen. Wegen des anhaltenden Preiskampfes und der großen Nachwuchssorgen stehe die Branche vor einem Wandel, prophezeit Deymann. Es werde zwar immer Partikuliere geben, »aber ihre Zahl wird weiter abnehmen.« Gerade ältere und kleinere Schiffe würden kaum noch Käufer finden, wenn der Eigner in den Ruhestand geht. Auch neue Finanzierungen zu finden, sei mitunter schwierig. Seine Antwort darauf: »Wir bilden selbst aus.« 15 Azubis über drei Jahrgänge hat er in seiner Reederei.
Autonomes Fahren werde daher ein Zukunftsthema. Oder weitere Optimierungen am Schiffsdesign. An revolutionäre Entwicklungen in der Antriebstechnik glaubt er dagegen nicht so recht. »Der Diesel bleibt absehbar der beste Motor.« Diesel-elektrische Konzepte seien weniger effizient und auch nicht kraftstoffsparend. Gas habe sich nicht durchgesetzt, für nicht-fossile Energiequellen wie die Brennstoffzelle sei die Zeit noch nicht reif.
Er selbst rechnet mit einem »guten« Jahr 2019, nachdem bereits das vergangene Jahr dank hoher Frachtraten durch Niedrigwasser und Tonnage-Knappheit ein erfolgreiches war. Durch das seit diesem Jahr geltende Verbot von Einhüllentankern seien allein im Kanalgebiet 30 Schiffe aus dem Markt gegangen, auf der Rhein-Schiene bis Basel seien es insgesamt 100 ältere Einheiten. »Das wird helfen.« Auch für die Container- und Trockenfahrt sieht er ein »auskömmliches« Niveau voraus. »Damit bin ich dann auch zufrieden.«
Krischan Förster