Helle Köpfe gefragt

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Eine Statistik hält im Regelfall nüchterne Fakten bereit. So auch die Untersuchung des Bundesamtes für Güterverkehr zur Beschäftigungssituation in der Binnenschifffahrt. Und was sagen die Fakten? Das Gewerbe schrumpft, die Zahl der Unternehmen und Schiffe ebenso wie die Zahl der aktiven Schiffsführer, die zudem durchschnittlich immer älter werden. Der Trend dürfte sich in den kommenden Jahren eher noch verschärfen.

Die Gewinnung von Nachwuchs wird immer wichtiger. Die Demografie bringt es mit sich, dass aus der nachrückenden Generation immer weniger Berufsanfänger zur Verfügung stehen. Gleichzeitig steigt der Anteil der Akademiker. Das stellt die Binnenschifffahrt, die laut Statistik nur 2,5% »Studierte«, dafür aber in der Mehrzahl Mitarbeiter mit Berufsabschluss oder gar »Ungelernte« beschäftigt, vor große Herausforderungen.

Zwar ist die Vergütung im Gewerbe schon während der Ausbildung überdurchschnittlich hoch, auch die anschließend gezahlten Löhne können sich sehen lassen. Doch bei den sogenannten »weichen« Faktoren hat die Branche offenbar großen Nachholbedarf. So gelten laut BAG-Umfrage sowohl die Vereinbarkeit von Beruf und Familie als auch die Offenheit für die technologische Entwicklung als stark verbesserungswürdig.

In Zeiten gewachsener Ansprüche und dem bei jungen Leuten weit verbreiteten Bedürfnis nach einer ausgewogenen »Work-Life-Balance« sind das Faktoren, die nicht unterschätzt werden sollten. Im Kampf um die »hellen« Köpfe von morgen dürfte zählen, wie zukunftssicher, aber auch wie zukunftsorientiert ein Beruf ist. Dabei spielen die Digitalisierung und ihre praktische Umsetzung womöglich die entscheidende Rolle.

Insofern ist es alarmierend, wenn die Mehrheit der befragten Schiffsführer der Technologisierung ihres Berufsalltags skeptisch oder zurückhaltend begegnen, sich Neues vor allem durch »Learning by doing« angeeignet wird und nicht einmal jedes fünfte Unternehmen seinen Mitarbeitern Weiterbildungsangebote macht. Selbst wenn die Statistik an dieser Stelle »unscharf« sein sollte, weil vielleicht gerade die großen Akteure mit vielen Beschäftigen positiv herausfallen, wäre dies ein Armutszeugnis.

Nun endet die Datenerfassung des BAG im Jahre 2017. Und zweifellos ist gerade in der jüngsten Vergangenheit außerordentlich viel passiert. Es gibt eine ganze Reihe von Initiativen unter den Stichworten E-Learning, Automatisierung oder Digitalisierung. Die Ausbildungsinitiative Quinwalo sei genannt, ebenso wie der digitale Schifffahrtsassistent oder Projekte wie RIS Connex oder das zuletzt initiierte Testfeld für autonomes Fahren im westdeutschen Kanalsystem. Das Problem: All diese Vorhaben stecken in der Testphase und sind noch ein gutes Stück vom Betriebsalltag entfernt. Von den allerorten klaffenden Lücken in der digitalen Infrastruktur ganz zu schweigen.

Es bleibt noch viel zu tun, bei allen Beteiligten – in der Verwaltung, in der Politik, aber auch im Gewerbe selbst. Gerade die lang anhaltende Niedrigwasserperiode des vergangenen Jahres hat gezeigt, dass neue Logistikkonzepte und eine intelligente Vernetzung mit den anderen Verkehrsträgern und Standorten zwingend nötig sind, wenn die Binnenschifffahrt nicht dauerhaft abgehängt werden will. Das geht nicht ohne Digitalisierung und gut ausgebildete Nachwuchskräfte. Handeln ist also dringend geboten – denn das Rennen um die »hellen Köpfe« von morgen hat längst begonnen.

Viel Spaß beim weiteren Lesen wünscht Krischan Förster


Krischan Förster