Es ist wohl keine Frage: Auch die Binnenschifffahrt wird ohne Digitalisierung keine Zukunft gestalten können. Die auf Bits und Bytes beruhende Technik hat längst Einzug in den Betriebsalltag gehalten. Doch längst sind nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft. So wenig, wie man den Beginn der Digitalisierung exakt bestimmen kann, lässt sich vorhersagen, wie weit die Reise am Ende gehen kann.
Klar ist auch: Es ist nicht nur eine Frage der technischen Möglichkeiten. Denn das geforderte »digitale Denken« meint weit mehr als EDV. Es gilt zu klären, wie und welche Daten erhoben werden, wem sie gehören und wie sich, sinnvoll verknüpft, daraus Mehrwerte gewinnen oder neue Geschäftsmodelle entwickeln lassen. Nur dann wird man von den (möglichen) Segnungen dieser Entwicklung profitieren können.
»Lange Lunte, großer Knall« – auf diese Formel hat es Jan Ninnemann gebracht, als er die Ergebnisse seiner Studie zur Digitalisierung in der Binnenschifffahrt vorstellte. Auf gut Deutsch meint er: Wer zu lange wartet, dem fliegt die Sache um die Ohren.
Ninnemann hat eine Fülle von Denkanstößen gegeben, wie mit digitalen Anwendungen bei relativ geringem Aufwand großer Nutzen geschaffen werden kann. Es muss ja nicht gleich autonomes Fahren sein, wie es uns demnächst Belgier und Niederländer vormachen wollen. Elektronische Borddokumente statt flatternder Papiere wären nur ein Schritt. Eine digital gestützte Schleusensteuerung und daran angepasstes Fahrtverhalten ein weiterer.
Es gab und gibt viele Ansätze, von Covadem über Laessi bis hin zu RIS. Doch viele Projekte sind über das Anfangsstadium nie hinausgekommen geschweige denn in praxisnahe Lösungen überführt worden. Oft laufen die Bemühungen ohne Koordination nebeneinander her. Verplempertes Geld, verschwendete Personalressourcen, kann man da nur sagen. Schade um beides.
Das Tor zu einer Welt voller Verheißungen ist weit geöffnet. Dahinter locken mehr Effizienz ergo Leistung, auf Dauer geringere Kosten und am Ende vielleicht sogar mehr Verdienst. Man muss dieses Tor nur durchschreiten. Jeder für sich, vor allem aber alle gemeinsam.
In den Niederlanden und Belgien gibt es bereits zentrale Stellen, die sich um die Bündelung, die Abstimmung und den Fortschritt von digitalen Projekten kümmern. Daran könnte man sich auch hierzulande ein Beispiel nehmen. Ja, das kostet: Geld, Personal und jede Menge Aufwand. Vor den Erfolg haben die Götter aber nun einmal den Schweiß gesetzt. Es sollte sich daher eine Lösung finden lassen. Eine mit kurzer Lunte und möglichst ohne großen Knall.
Viel Spaß beim Lesen wünscht Hermann Garrelmann
Hermann Garrelmann