Verkehrsminister Andreas Scheuer verknüpft neuerdings die Binnenschifffahrt mit den Klimazielen der Bundesregierung und verspricht eine Stärkung des Systems Wasserstraße. So wird der jüngste Parlamentarischer Abend in Berlin für ihn zu einem »Heimspiel«
Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer zeigt sich in bester Laune. Für den CSU-Politiker ist es, einen Tag nach der offiziellen Vorstellung des »Masterplans Binnenschifffahrt«, ein Heimspiel. Nicht nur, weil der vom BDB ausgerichtete Parlamentarische Abend in der Bayerischen Landesvertretung in Berlin stattfindet, sondern auch, weil er als Ehrengast der Veranstaltung auf Gewerbevertreter wie auch auf ein Publikum trifft, die ihm gewogen sind.
Am Vortag standen sie schon einmal beisammen, der Verkehrsminister und BDB-Präsident Martin Staats, dazu noch Scheuers Staatssekretär Enak Ferlmann und BÖB-Präsident Joachim Zimmermann. Es ging um die Vorstellung des Masterplans Binnenschifffahrt. »Ich habe Wort gehalten«, betont Scheuer.
Im April 2018 hatte er bei seinem ersten Auftritt überhaupt als Minister vor einem Branchentreffen dieses neue Kompendium versprochen, das vom Gewerbe so dringend gefordert war. »Deshalb wollte ich jetzt auch zum Tag der Abrechnung kommen«, scherzt er. Er danke deshalb herzlich für die Einladung zu diesem »therapeutischen Abend«.
Der aus Passau stammende Verkehrsminister ist, wie schon seine bayerischen Amtsvorgänger, nicht unumstritten. Zu viel Auto-Lobbyismus, zu viel Effekthascherei, zu wenig konstruktive Konzepte, werfen ihm seine Kritiker gern vor. So weht ihm, wie zuvor seinen Parteikollegen Dobrindt oder Ramsauer, oft ein rauer Wind entgegen. Nicht aber an diesem Abend, generell nicht in diesem Mai.
Erst der Schienengipfel für die Bahn, dann der Masterplan für die Binnenschifffahrt, dazu die »grüne Welle« für Radfahrer – das sind alles Vorstöße, mit denen der Minister punkten und sich als modern denkender Verkehrslenker profilieren kann. Und so findet er an diesem Abend warme Worte für das System Wasserstraße, deren Vertreter sich (zu recht) von der Politik und den staatlichen Behörden lange vernachlässigt gefühlt haben.
Ein »heimlicher Champion«, ein «Güter-Gigant« sei die Binnenschifffahrt, sagt Scheuer. »Es ist deshalb unsere Aufgabe, sie prominenter und kraftvoller zu platzieren.« Er räumt ein, dass es einen großen Nachholbedarf beim Zustand der Wasserstraßen gebe. Die volkswirtschaftliche Bedeutung dieses Verkehrsträgers war spätestens durch die Versorgungsengpässe im Niedrigwasser-Sommer auch im politischen Berlin regisitriert worden. Scheuer aber sieht ein weitaus größeres Potenzial. »Wenn wir auf die Klimaschutzziele der Bundesregierung schauen, spielt die Binnenschifffahrt künftig eine ganz zentrale Rolle«, sagt er.
Der von ihm in Auftrag gegebene und in Zusammenarbeit mit allen relevanten Branchenverbände erarbeitete Masterplan soll genau dafür die richtigen Weichen stellen. Scheuer hat dafür einen plakativen Slogan mitgebracht: »Mehr H2O – weniger CO2«, ruft er den rund 150 Gästen zu.
Scheuer verweist auf das bislang Erreichte: Die Schifffahrtsabgaben seien abgeschafft der Investitionsetat sei nicht nur aufgestockt worden, sondern werde mitterweile auch komplett abgerufen. In der Vergangenheit waren Hunderte Millionen nicht ausgegeben worden, weil es keine baureifen Projekte gegeben hatte. Vorbei. »Wir wollen möglichst viel Potenzial der Binnenschifffahrt ausschöpfen«, heißt es jetzt.
Ein Vorhaben, dass der BDB vorbehaltlos unterstützt. »Navigare necesse est«, zitiert Präsident Staats einen Wahlspruch: »Schifffahrt tut not.« Nach dem trockenen Sommer 2018 sei »nichts mehr wie es einmal war.« Das Extremwetter habe aufgezeigt, dass auch das System Wasserstraße dem Klimawandel und vermutlich dauerhaften Veränderungen im Wasserfhaushalt ausgesetzt sei. »Daher brauchen wir diesen Masterplan.« Er setze für die kommenden fünf bis zehn Jahre den richtigen, sogar »den besten« ordnungspolitischen Rahmen, der zurzeit denkbar sei.
Ohne die Unterstützung aus dem Bundestag wird es nicht gehen, gefragt sind neben den Verkehrs- gerade auch die Haushaltspolitiker der Parteien. Bei dem Parlamentarischen Abend signalisierten die Vertreter von CDU, SPD und FDP, dass sie dazu gewillt sind. »Der Masterplan muss jetzt schnellstmöglich in konkrete Handlungen und kurzfristige Maßnahmen umgesetzt werden«, sagt Mathias Stein (SPD). Das programmatische Schlusswort formulierte Reinhard Klingen, der zuständige Abteilungsleiter im Ministerium : »Die besten Zeiten für die Binnenschifffahrt kommen erst noch.«
Runter mit dem CO2-Ausstoß
Die Treibhausemissionen im Verkehrssektor sollen bis zum Jahr 2030 zusätzlich um bis zu 55 Mio. t reduziert werden. Das Verkehrsministerium hat im Zuge des Klimaschutzplans der Bundesregierung mehr als 50 Einzelmaßnahmen aufgelistet. Den größten Anteil daran mit 28 Mio. t Einsparung sollen »CO2-arme« Pkw und Lkw erbringen. Bis zu 8 Mio. t sind es im Bereich Öffentlicher Personennahverkehr, Rad- und Fußverkehr. Durch die Umstellung auf alternative Kraftstoffe liege das Einsparpotenzial bei weiteren 10 Mio. t. Der Einsatz von mehr Zügen und Binnenschiffen im Güterverkehr soll bis zu 2 Mio. t CO2 einsparen, die Digitalisierung weitere 7 Mrd. t. Der Klimaschutzplan sieht vor, die Treibhausgasemissionen bis 2030 von 163 Mio. t auf 95 Mio. t abzusenken.