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Erstmals nach zehn Jahren hat die Vereinigte Schiffs-Versicherung (VSV) wieder einen Anstieg der Schäden registriert. Auch für das laufende Geschäftsjahr wird mit steigenden Schadenaufwendungen gerechnet

Die steigende Zahl gemeldeter Schäden führt Detlef Kohlmeier, Vorstandsvorsitzender der VSV, auch auf ein Anwachsen der Vertragszahl zurück. Im laufenden Jahr habe sich diese Entwicklung jedoch stabilisiert. Im Gegensatz dazu hätten sich die durchschnittlichen Kosten je Schadenfall seit 2009 um rund 40% erhöht, berichtet Kohlmeier, der auch für das laufende Geschäftsjahr von steigenden Schadenaufwendungen ausgeht.

Die Art der Schäden im Bereich Kaskoversicherung sei oftmals witterungsabhängig. So habe man zu Beginn des Jahres 2018 eine Häufung an Leckagen aufgrund der anhaltenden Frostperiode festgestellt, der dann wegen des Niedrigwassers im Sommer und Herbst viele Propellerschäden gefolgt seien. Vermehrt werde man aber auch mit Maschinenschäden konfrontiert, sagt Kohlmeier.

Schwierig sei es dagegen zu sagen, ob die unbefriedigende Personalsituation der Branche ein Grund für die erhöhte Schadenzahl sei. Menschliches Versagen sei schließlich nur einer von vielen Aspekten.

Großschäden nehmen dem Versicherungsexperten zufolge ebenfalls zu. In diese Kategorie fallen Kollisionen zwischen Fahrzeugen und mit Schleusentoren. Auch abgefahrene Steuerhäuser und Motorenschäden würden oftmals Kosten im sechsstelligem Bereich verursachen und daher bei der VSV in diese Kategorie eingeordnet.

Doch weshalb wird die Schadensumme zunehmend größer? Für Kohlmeier spielt hierbei die Tatsache, dass die Reparaturbetriebe oftmals sehr gut ausgelastet sind und entsprechend wenig Verhandlungsspielraum bei den Preisen vorhanden ist, eine wichtige Rolle. Die steigenden Lohnkosten in den vergangenen Jahren hätten bei der Preisentwicklung ein Übriges getan. Nicht zuletzt führe aber auch die technische Entwicklung in der Binnenschifffahrt, die auch zu höheren Versicherungssummen geführt habe, zu gestiegenen Kosten im Schadenfall. Beispielhaft nennt der Versicherer die Ausrüstung der Steuerhäuser, etwa Radar, Funk oder PC. Aber auch die bauliche Ausstattung, wie zum Beispiel die Mehrfachverglasung, führe im Versicherungsfall zu höheren Aufwendungen, erläutert Kohlmeier. Die steigende Zahl an Unfällen mit Flusskreuzfahrtschiffen führt er unterdessen auch auf den steigenden Zeitdruck zurück, um die jeweils vorher angegebenen Abfahrts- und Ankunftszeiten genau einzuhalten.

Kürzlich hat die VSV das Portfolio an Versicherungsleistungen erweitert. Neu im Angebot ist eine Leitungswasserversicherung. Diese stoße auf immer mehr Interesse, sagt Kohlmeier. Sie deckt Schäden am Schiff, die durch den unvorhersehbaren Austritt von Wasser aus dem Frischwasser-, Heizungs- oder Abwassersystem entstehen.

Dagegen sieht die Versicherung mit Hauptsitz in Hannover und Niederlassungen in Duisburg und in Wörth am Main derzeit keine Veranlassung, auf die sich ändernden Klimabedingungen zu reagieren und zusätzliche Leistungen anzubieten. Sowohl Hochwasser als auch Dürren seien Naturereignisse, deren Dauer schwer oder gar nicht vorhersehbar sei. Allen Prognosen gemein sei allerdings, dass Extreme weitaus häufiger auftreten werden als in der Vergangenheit. »Eine Versicherung dieser Risiken – das heißt der Ausfall der Schiffbarkeit von Flüssen und damit der Stillstand des Betriebes – ist im Bereich Binnenschifffahrt unserer Ansicht nach derzeit noch nicht aktuell und daher auch nicht in der Produktplanung«, so Kohlmeier. Als Verein auf Gegenseitigkeit basiere das Versicherungsangebot aber immer auf den Wünschen der Mitglieder, die gegebenenfalls die Einführung eines solchen Produktes beschließen könnten.

Seit vielen Jahrzehnten biete man den Kunden aber bereits eine Reduzierung der Beiträge im Falle von Stillliegezeiten des Schiffes an, sei es aus persönlichen oder anderen Gründen. Auch eine einfache Vertragsumstellung von einer Fahrt- in eine Stillliegeversicherung mit der Folge einer Beitragsreduzierung könnten die Kunden jederzeit und unbürokratisch beantragen.

Die Zahl der versicherten Fahrzeuge ist nach VSV-Angaben in den vergangenen Jahren nahezu konstant geblieben. In Anbetracht einer insgesamt schrumpfenden deutschen Flotte, insbesondere im Bereich der Trockengüterschifffahrt, werte man dieses Ergebnis jedoch bereits als Erfolg. Dennoch habe man die Zahl der Versicherungsverträge zum 31. Mai 2019 gegenüber dem Vorjahr leicht steigern können. Grund hierfür ist nach Meinung von Kohlmeier die gestiegene Nachfrage im Bereich der Nebenrisiken.

»Hier zeigt sich auch, dass unser Prinzip der Kundenbetreuung vor Ort, d. h. an Bord oder zu Hause, sowohl bei Vertragsangelegenheiten als auch im Schadenfall positiv von den Mitgliedern angenommen wird«, so der Vorstandsvorsitzende. Mit den Büros in Hannover sowie Wörth am Main und Duisburg sei man jederzeit in der Lage, kurzfristig beim Kunden zu sein. Die Mitarbeiter seien seit vielen Jahren mit der Materie Binnenschifffahrt vertraut. Da durch werde sowohl die fachliche Kompetenz als auch die notwendige Unabhängigkeit bei der Beratung gewährleistet.

Das Neukundengeschäft basiere nahezu ausschließlich auf Empfehlung der Mitglieder. Dadurch könne man mit niedrigeren Verwaltungskosten kalkulieren, sagt Kohlmeier.

Bei den angebotenen Leistungen soll zunächst alles so bleiben wie es ist. Man plane derzeit keine neuen Produkte. Bei der Entwicklung des Versicherungsmarktes gebe es aber keinen Stillstand.

Eine gute Nachricht hat der Vorstandsvorsitzende für die Mitglieder: Wie schon in den vergangenen Jahren dürfen sie auch im kommenden Jahr wieder mit einer Beitragsrückerstattung rechnen.


Thomas Wägener