Das niederländische Verkehrsministerium legt einen Fonds für Nachrüstungen und Neumotorisierungen in Höhe von 15 Mio. € über zwei Jahre auf. Dadurch sollen die höheren Kosten eines Motors der Euro-Stufe V gegenüber dem ZKR II abgefedert werden
Dieser Schritt ist nach Einschätzung des Verbandes für europäische Binnenschiffahrt und Wasserstraße (VBW) insofern bemerkenswert und als Erfolg für die niederländische Branche zu werten, als dass die niederländische Regierung ein solches Programm bisher stets abgelehnt und stattdessen auf die bestehenden Sonderabschreibungsprogramme für Energieeffizienzmaßnahmen verwiesen hatte, die der gesamten mittelständische Wirtschaft zur Verfügung stehen.
Mit 7,5 Mio. € pro Jahr liegt das Programm leicht über dem bisherigen Mittelansatz des deutschen Förderprogramms »Nachhaltige Modernisierung von Binnenschiffen«, das 2018 mit 6 Mio. € dotiert war. Viele Einzelheiten des geplanten Förderprogramms seien noch offen. Im Green Deal ist allerdings zu lesen, dass es mit den geltenden EU-Beihilferegeln (De Minimis-Regeln oder AGVO) konform sein soll.
Mehr Nachhaltigkeit als Ziel
Der Green Deal fokussiert darüber hinaus sehr stark auf die Schaffung eines europäischen Nachhaltigkeitsfonds, der für Investitionen zur Emissionssenkung von Binnenschiffen geschaffen werden soll. Aktuell wird die Machbarkeit durch die ZKR-Staaten geprüft. Eine Studie zur »Finanzierung der Energiewende zu einer emissionsfreien Binnenschifffahrt in Europa« wurde durch die ZKR an die Beratungsgesellschaft STC Nestra vergeben. Die Ergebnisse sollen bis 2020 vorliegen.
Nach den bisher unter anderem im Wirtschaftsausschuss der ZKR vorgestellten Ideen, die im Wesentlichen dem Arbeitspaket 6 des EU-Projektes Prominent entstammen, soll sich dieser Fonds aus finanziellen Beiträgen der EU, der Nationalstaaten und der Schifffahrtsbranche speisen. Zu einem möglichen Beitrag des Gewerbe, zum Beispiel durch eine zweckgebundene befristete Abgabe auf Diesel, wird nicht eingegangen.
Die Niederlande sind der erste EU und ZKR-Staat, der sich zu diesem Vorhaben in einer politischen Absichtserklärung bekennt. Abgesehen von den ausstehenden Ergebnisse der ZKR-Studie ist noch offen, inwieweit die Kommission bereit wäre, einen solchen Fonds mit Geld auszustatten. Bisher hat die Kommission stets auf die bestehenden Finanzierungsinstrumente (Kredite, Bürgschaften etc.) und Forschungsprogramme verwiesen und war sehr zurückhaltend, wenn es um direkte Subventionen ging. Vor allem Forderungen nach einer direkten Unterstützung von Nachrüstungen im Flottenbestand oder vom Einbau neuer Dieselaggregate wurden stets zurückgewiesen.
Um ein europäisches Förderprogramm durchzusetzen, bedarf es nach Einschätzung der VBW-Experten daher einer engen Abstimmung der wichtigsten Binnenschifffahrtsländer. Bislang geht jeder Nationalstaat jedoch seinen eigenen Weg.
In Deutschland hat das Bundesverkehrsministerium (BMVI) bei der Vorstellung des Masterplans Binnenschifffahrt eine Überarbeitung des bestehenden nationalen Förderprogramms angekündigt. Das Budget von derzeit 6 Mio. € im Jahr könnte dabei deutlich erhöht werden. So gibt es Überlegungen, Fördersätze von 60%-80% bei der Kommission notifizieren (genehmigen) zu lassen. Der Ausgang dieses Vorhabens ist noch offen. Eine Novelle der Motorenförderung ist nicht vor 2021 zu erwarten.
In Frankreich existieren seit Mai 2019 eine Transformationsstrategie für die Binnenschifffahrt, ein sogenanntes »Green Concept«, sowie ein nationales Förderprogramm. Auch die belgischen Regionen Flandern und Wallonien bieten eigene Zuschussprogramme an.
Spannend aus Sicht des Sektors wird es daher sein, ob sich diese verschiedenen nationalen Ansätze in ein einheitliches Konzept gießen lassen oder am Ende wieder die Einzelinteressen dominieren werden. Für den Fall, dass kein europäischer Nachhaltigkeitsfonds zustande kommt, sieht der niederländische »Green Deal« vor, das nationale Förderprogramm weiter aufzustocken.
Emissions-Ausweis für Schiffe
Im »Green Deal« ist das Ziel formuliert, ein Kennzeichnungssystem für Binnenschiffe einzuführen, mit dessen Hilfe sich die Emissionsleistung eines Schiffes klar ablesen lässt. Darunter werden sowohl der CO2-Ausstoß als auch andere Schadstoffe verstanden. Die Emissionsleistung soll nicht aus den Typgenehmigungen der Motoren abgeleitet, sondern durch praktische Messungen ermittelt werden. Das niederländische Verkehrsministerium plant das Kennzeichnungssystem rechtlich zu verankern. Ob damit eine Nutzungs- bzw. Teilnahmeverpflichtung am Kennzeichnungssystem einhergeht, ist aktuell noch unklar.
Das EICB wurde beauftragt, bis 2020 ein solches System zu entwickeln und vorzulegen. Zudem will das Verkehrsministerium die im Interreg-Projekt CLINSH (Clean Inland Shipping) gewonnenen Daten für die Entwicklung des Kennzeichnungssystems freigeben.
Neben einem dauerhaften Monitoring der Emissionsentwicklung in der Binnenschiffsflotte soll das Kennzeichnungssystem auch für ein Anreizsystem genutzt werden, das »saubere« Schiffe bevorteilt. Gleichzeitig soll die Kennzeichnung als Ausweis der Umwelteffizienz gegenüber der verladenden Wirtschaft dienen.
Diese niederländische Initiative könnte dazu führen, dass die Diskussionen um eine Energieeffizienz-Klassifizierung auch in Deutschland neu aufflammen. Vor allem das Umweltministerium in Nordrhein-Westfalen, das ebenfalls am CLINSH-Projekt beteiligt ist, befürwortet eine derartige Kennzeichnung und hat sich innerhalb der deutschen Umweltministerkonferenz klar dafür ausgesprochen.
Mit Blick auf die seit 2017 im Landeswassergesetz NRW verankerte Vorgabe, die Liegegebühren in öffentlichen Binnenhäfen künftig nach ökologischen Kriterien zu staffeln, hatten die Verbände BÖB, VBW und VSM im Rahmen ihres Strategiepapiers »FLUENT« für den Masterplan angeregt, in Deutschland einen ähnlichen Ansatz zu verfolgen. Durchgesetzt werden konnte zunächst allerdings nur ein Prüfauftrag, der in der Vergabe einer Studie an das DST in Duisburg mündete. Ergebnis dieser dem VBW vorliegenden Expertise war der Nachweis der Machbarkeit eines Energieeffizienzindex (EEDI/EEOI) in der Binnenschifffahrt, wie es ihn in der Seeschifffahrt seit langem gibt.
Inzwischen ist geplant, auf Basis dieser Studie einen Vorschlag für eine international harmonisierte Energieeffizienzindizierung in CESNI einzubringen. Aus diesem Grund wäre es positiv, wenn Deutschland und die Niederlande zusammen mit den anderen ZKR-Staaten gemeinsam eine Umwelteffizienz-Kennzeichnung von Binnenschiffen entwickelten.