Der HTG-Fachausschuss für Korrosionsfragen (FA KOR) führte seinen 16. Workshop im Hotel Hafen Hamburg durch.
Der diesjährige »HTG Workshop« des Fachausschusses für Korrosionsfragen der Hafentechnischen Gesellschaft führte am 7. November das Thema um den Korrosionsschutz für Meerwasserbauwerke in Hamburg fort. Mit über 100 Anmeldungen war die Veranstaltung im Elbkuppelsaal des Hotel Hafen Hamburg sehr gut besucht und versprach ein breites Spektrum an Diskussionen und Austauschgesprächen.
Nach der Begrüßung durch den Vorsitzenden des Fachausschusses, Oliver Heins, referierte Tom Marquardt von der Muehlhan AG aus Hamburg zur Thematik der nachträglichen Installation von Haltersystemen auf beschichteten Oberflächen von in Betrieb befindlichen Offshore-Bauwerken. Die besondere Herausforderung liegt darin, den Korrosionsschutz des Bauwerks nicht zu beschädigen. Dazu wurden Ausschnitte aus den Aktivitäten des BMBF geförderten Forschungsprojekt »OWS – Montage nachträglicher Anbauteile mittels Klebeverbindung« gezeigt, in dem eine vielversprechende Halterstruktur entwickelt wurde. Die präsentierten Laborergebnisse zeugen von einem hohen Potential und einem breiten Einsatzspektrum. Letzte Langzeit-Feldversuche sollen zur endgültigen Validierung des Haltesystems beitragen.
Um sich dem komplexen Thema des Korrosionsschutzes gut ausgebildet nähern oder bereits bestehende Erfahrungen ausbauen zu können, ist eine spezifische Ausbildung erforderlich. Herr Wolfhard Poleski von der SLV Duisburg schilderte in seinem Vortrag den Weg der Fortbildung zum Beschichtungsinspektor. Bei der Ausführung von Korrosionsschutzarbeiten wird von den Betreibern gut ausgebildetes Personal im Rahmen der Spezifikationserstellung, Überwachung, Prüfung und Dokumentation verlangt. Eine Zertifizierung der Beschichtungsfachfirmen nach Frosio-GuiD-CP dient als Nachweis entsprechender Kenntnisse. Herr Poleski erklärte die Anforderungen der verschiedenen Klassifikationsstufen und wies auf die Wettbewerbsvorteile zertifizierter Unternehmen hin.
Einen – im wahrsten Sinne des Wortes – gänzlich anderen Zugang zum Thema Korrosionsschutz, hatte Herr Franz Tekbas von der Jäger Mare Solutions GmbH aus Hannover. Um eine in Betrieb befindliche Offshore-Struktur erreichen zu können, sind sogenannte Boatlandings erforderlich, bei denen z.B. ein CTV (Crew Transfer Vessel) »andocken« kann, um anschließend Personal übersteigen zu lassen. Diese Boatlandings gehören zwar »nur« zum Sekundärstahl der Anlagen, müssen jedoch genauso gegen die harten Anforderungen in Meeresumgebung geschützt werden. Die Anfahrungen der Schiffe an den Pfählen erzeugen häufig schon nach kurzer Zeit beachtliche Schäden am Korrosionsschutz, so dass Handlungsbedarf besteht. Das Konzept von Jäger Mare Solutions sieht dafür ein verstärktes Verbundmaterial aus Basaltfasern vor, welches auch nachträglich als sogenannter Protektor an die Pfähle der Boatlandings installiert werden kann. Herr Tekbas zeigte abschließend Ergebnisse aus erfolgreichen Feldeinsätzen und zeigte die Vorteile entsprechend geschützter Boatlandings auf.
Nach der ersten Kaffeepause widmete sich Herr Joachim Pflugfelder von Sika Deutschland dem in letzter Zeit viel diskutierten Thema »Salze unter Beschichtungen«. Der Grundstein für die Dauerhaftigkeit von Korrosionsschutzbeschichtungen wird bereits bei der Oberflächenvorbereitung und Ausführung gelegt. Dabei gilt es die Salzkontamination der zu beschichtenden Oberflächen zu berücksichtigen. Herr Pflugfelder gab Einblicke in die Möglichkeiten zur Prüfung und Auswertung von Oberflächen auf deren Salzgehalt. Zudem machte er deutlich, dass es bisher keinen eindeutig anerkannten und wissenschaftlich nachgewiesenen Grenzwert für eine Maximalkonzentration gibt. Die in Bearbeitung befindliche DIN SPEC 55864 soll hier vieles besser machen, beruht aber nicht auf empirischen Datenerhebungen als vielmehr auf Erfahrungsaustausch. Ein geplantes Forschungsvorhaben soll nun bestehende Unsicherheiten klären und zu einer einheitlichen Qualitätsvorgabe beitragen.
Dass auch Chrom-Nickel-Stähle, umgangssprachlich bekannt als Edelstähle, nicht vor Korrosion gefeit sind, machte Herr Dr. Matthias Graff vom Technologie Center Nordborg (Danfoss, Dänemark) in seinem Vortrag deutlich. Anfang der 1980er als das »Allheilmittel« gegenüber Korrosionsproblemen angepriesen, sind mittlerweile Einsatzgrenzen und auch Nachteile dieser Stahllegierungen bekannt. Herr Graff vermittelte zunächst die grundlegenden Eigenschaften der C-N-Stähle und ging dann auf das Korrosionsverhalten der verschiedenen Legierungen ein. Im Besonderen wurde das Potential für Lochfraß beleuchtet, welches per Berechnungsmatrix, in Abhängigkeit von den Legierungselementen, abgeschätzt werden kann.
Nach der Mittagspause übergab Oliver Heins das Wort an Dr. Ingo Weinberg vom Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) in Hamburg. Herr Weinberg berichtet in seinem Vortrag zunächst über den aktuellen Stand zum Ausbau der Offshore-Windenergie in der deutschen AWZ. Das BSH als Genehmigungsbehörde ist angehalten darauf zu achten, dass sämtliche Maßnahmen in Nord- und Ostsee die Meeresumwelt möglichst wenig stören oder langfristig belasten dürfen. Dazu sollen stoffliche Emissionen aus Offshore-Bauwerken und deren Materialien im besten Fall ganz vermieden werden. Mit Augenmerk auf den Korrosionsschutz wurden sowohl verschiedene gängige Schutzmethoden und deren Umweltrelevanz aufgezeigt, als auch Hinweise für die Umsetzung zukünftiger Projekten gegeben.
Roland Baier von der Bundesanstalt für Wasserbau (BAW) in Karlsruhe berichtete im Anschluss von aktuellen Korrosions(schutz)schäden an Bauwerken der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung (WSV). In der sehr anschaulichen Präsentation zeigte Herr Baier Schäden durch Anwendungsfehler bzw. aufgrund von Materialkonflikten auf. Zudem wurden Schäden durch falsche Oberflächenvorbereitungen und Systemwahl thematisiert. Dass das Thema der mikrobiell induzierten Korrosion in der WSV allgegenwärtig ist, zeigte Herr Baier recht eindringlich anhand mehrerer Praxisbeispiele an Spundwänden. Zum Schluss ging der Referent noch auf die richtigen Beschichtungsarbeiten für einbetonierte Stahlbauteile ein.
Carsten Both von der steute Technologies GmbH & Co. KG in Löhne vermittelte den Zuhörern mit seinem Vortrag einen Eindruck von den erforderlichen Korrosionsschutzmaßnahmen für elektrische Schaltgeräte, unter gleichzeitiger Berücksichtigung des Explosionsschutzes (Stichwort: ATEX-Richtlinie). Anhand eines Fußschalters für den maritimen Bereich, wurden beispielhaft die Schritte von Anwenderbedarf, über Entwicklung bis zur Validierung dargestellt. Dabei zeigte sich, dass hochwertige Produkte auch über einen dauerhaften Korrosionsschutz verfügen müssen, um am Markt Bestand zu haben. Von der Anforderungssondierung über die richtige Materialwahl bis hin zu aufwändigen Verifizierungsmaßnahmen, wurden die Entwicklungsarbeiten mit nahezu wissenschaftlicher Präzision durchgeführt. Sogar Langzeitfeldversuche mit Auslagerung und Test der beschichteten Gehäuse im rauen Nordseeklima der Insel Helgoland wurden durchgeführt.
Im letzten Vortragsblock widmete sich Herr Christoph Schicha von Corrosion Protection Consult GmbH (CPC) aus Norden dem Thema der Fertigungsüberwachung, also der Bewertung und Kontrolle von Korrosionsschutzarbeiten vor Ort. Herr Schicha erläuterte die grundsätzlichen Inhalte der Fertigungsüberwachung und glich sie mit den in der Praxis anfallenden tatsächlichen Tätigkeiten ab. Häufig sind die theoretischen Anforderungen nicht vollständig auf die Praxis übertragbar. Im Vortrag wurden entsprechende Herausforderungen und Hürden auf der Baustelle aufgezeigt und kategorisiert. Mit einigen anschaulichen Hinweisen zur Verbesserung der Zielerreichung sowohl auf Seiten des Auftraggebers aber auch des Überwachers selbst, wurde der Vortrag abgeschlossen.
Korrosionsschutz kann neben passiven Beschichtungssystemen auch durch kathodischen Fremdstromschutz erfolgen. Herr Wilmsen von der Wilmsen Consulting aus Büsum berichtete über seine Erfahrungen mit der Instandsetzung von Fremdstromsystemen durch sogenanntes Retrofit im Offshore-Bereich. Dabei wurde deutlich, dass Fremdstromsysteme die Möglichkeit bieten, durch Fernüberwachung Veränderungen oder sogar Schäden am System bzw. am Korrosionsschutz frühzeitig zu erkennen. Häufig ist die Deutung der Messparameter nicht trivial, so dass hierfür speziell ausgebildetes Fachpersonal eingesetzt werden muss. Je nach Umfang wurde eine Gegenüberstellung der zu erwartenden Kosten für die Ertüchtigung eine Fremdstromanlage präsentiert. Für Retrofit im Offshore-Bereich liegen bereits erste Erfahrungen vor, deren Präsetation den Vortrag anschaulich abrundete.
Im Rahmen des Workshops war es den Zuhörern möglich, die Referenten in einer speziell eingerichteten Speakers-Corner im Anschluss an die Vorträge direkt anzusprechen und weiterführende Fragen zu stellen. Dieses als zusätzliche Austauschplattform eingerichtete Format wurde erstmals angeboten und traf auf positives Feedback. Ebenfalls zum ersten Mal wurden Fachfirmen aus dem weiten Feld des Korrosionsschutzes die Möglichkeit gegeben, sich im Foyer mit einem eigenen Stand zu präsentieren. Die Ausstellung umfasste vier Stände, die sich mit der Beschichtungsinspektion (Helmut Müller PCC), Beschichtungsstoffen (SIKA Deutschland), Ausbildung im Bereich Korrosion und Korrosionsschutz (SLV Duisburg) und einem Spezialanbieter für den Offshore-Bereich (Alba Business Consultancy) befassten. Auch hier stieß die Möglichkeit zum erweiterten Informationsaustausch sowohl bei Besuchern als auch Ausstellern auf ein durchgehend positives Echo.
Im Anschluss wurden die Gäste und Referenten vom Veranstalter im Foyer auf einen Umtrunk eingeladen, um den ereignisreichen Workshop in lockerer Atmosphäre ausklingen zu lassen.