Bei einer Logistikkette sind viele Akteure involviert. Die genauen Abläufe waren Teil einer etwas anderen Unterrichtseinheit am Walter-Eucken-Berufskolleg in Düsseldorf
Logistik-Lösungen aus einer Hand – das erwartet der Kunde heutzutage, wenn er import- oder exportseitig seinen Auftrag in die Hände des Spediteurs gibt. Doch was passiert eigentlich alles im Hintergrund? Wer ist involviert und wann wird wo was untereinander ausgetauscht? Diese und viele andere Fragen wurden in der Rheinmetropole geklärt.
Hierzu hatte Björn Bosch (Fachlehrer für Seefracht, Zoll, Binnenschiff und Bahn), Torsten Kiene (ONE Ocean Network Express), Christoph Terveer (Contargo Neuss) und Wolfram Wegener (Cretschmar Navis) eingeladen, den Auszubildenden diese komplexen Zusammenhänge näher zu bringen und aus der Praxis zu berichten.
Eingangs thematisierte Wegener welche Informationen vom Kunden gegeben werden müssen, um exportseitig einen Transportauftrag zu erstellen. Hier konnten die rund 35 Auszubildenden, die zum größten Teil kurz vor der schriftlichen Abschlussprüfung standen, ihr Wissen aus den Unternehmen einbringen.
Nachdem Wegener insbesondere die Zollabwicklung in der Ausfuhr beleuchtete, kam im nächsten Schritt das Vorlaufmanagement zum Zuge. Terveer stellte hier das trimodale Transportkonzept der Contargo mit Schwerpunkt Binnenschiff und Bahn vor. Bevor jedoch ein Container bei der Ladestelle durch die Contargo bereitgestellt wird, muss auch die Seerederei tätig werden. Torsten Kiene und Christoph Terveer gingen insbesondere auf das Thema »Leercontainerdepot-Management« ein und erläuterten, warum Seereedereien Carriers Haulage bevorzugen. Damit ist gemeint, dass der Verfrachter der Ware neben dem Seetransport auch den Transport zum Verschiffungshafen (Vorlauf) sowie den vom Bestimmungshafen zum Empfänger (Nachlauf) organisiert und die hierfür entstehenden Kosten kalkuliert. Darüber hinaus verdeutlichten die beiden Logistikexperten, welche organisatorischen Finessen im Management von Leercontainern in Hinterlandterminals bestehen. In diesem Zusammenhang informierte Kiene auch darüber, dass Reedereien heutzutage vermehrt auf Leasingcontainer als auf eigenes Equipment zurückgreifen.
Durch das trimodale Transportkonzept mit kurzen Lkw-Fahrten zum Kunden und dem zentralen Vorlauf per Binnenschiff oder Bahn habe der Kunde den Vorteil, dass er im Vergleich zum unimodalen Transport per Lkw eine höhere Last in den Container laden und somit insbesondere schwere Frachten effizienter und ggf. kostengünstiger stauen könne. Der Zeitaspekt, der von vielen Kunden als größtes Problem für den Transport zum oder vom Seehafen mit Bahn oder Binnenschiff angesehen wird, könne bei entsprechender Planung berücksichtigt werden und zu einer deutlichen Kostenreduzierung im Vergleich zum Direct-Trucking führen. Den Teilnehmern wurde auch vor Augen geführt, dass ein Container per Bahn im Nachtsprung gerade einmal acht Stunden von Neuss nach Antwerpen und ca. 36 Stunden mit dem Binnenschiff nach Rotterdam benötigt.
IMO 2020 kostet Reeder Milliarden
Neben den Kosten spielt der Faktor »Umweltschutz« in der Logistik eine immer größere Rolle. Alleine die Umsetzung der IMO-2020-Verordnung, welche die deutliche Reduzierung von Schwefeloxiden in der Seefracht beinhaltet, bedeute für eine Reederei wie ONE mit ihren 220 Seeschiffen, zusätzliche Mehrkosten von 1,2Mrd. $ pro Jahr, rechnete Kiene er vor. Diese würden zwangsläufig auf den Kunden umgeschlagen, was zu steigenden Logistikaufwendungen in der Seefracht führe.
Aber auch andere Kostenpositionen beeindruckten die Auszubildenden. So kostet beispielsweise eine Passage mit einem Triple-E Schiff durch den Suezkanal ca. 1Mio. $, während eine Passage durch den Panama-Kanal bei ca. 800.000$ liegt.
Andere Kosten einer Seereise, beispielsweise Bunkerkosten, wurden ebenfalls vorgestellt, sodass die Teilnehmer am Ende ein Gefühl dafür bekommen haben sollten, wie sich Transportkosten zusammensetzen, so Bosch.
Abschließend warf Wegener einen Blick auf die Importseite und die heutigen digitalen Übertragungswege in Seehafensystemen wie Portbase und gab einen Ausblick auf das digitale Konnossement.
»Alles in Allem gab diese Unterrichtseinheit einen tiefen und praxisnahen Überblick und führte zu sehr intensiven Gesprächen zwischen Auszubildenden und den Unternehmensvertretern«, berichtet Bosch.
Neuer Kurs am Berufskolleg
Das Walter-Eucken-Berufskolleg unterrichtet bereits seit sechs Jahren erfolgreich die Auszubildenden in den Fächern Bahnfracht und Binnenschifffahrt mit 40 Unterrichtsstunden im Schuljahr. Zum Schuljahr 2020 / 2021 werden die beiden Transportträger mit dem Terminalmanagement in einem neuen Kurs zusammengeführt.