Die Wasserstraßen in Deutschland haben ihre Kapazitäten längst noch nicht ausgeschöpft. Vor allem für Schwerlasttransporte bieten sie großes Potenzial
Noch vor wenigen Jahren wurden die Wasserstraßen in Bezug auf Schwerlasttransporte kaum beachtet, denn der Lkw hatte diesbezüglich unumstritten die Nase vorn.
Zwar dominieren die Straßentransporte auch heute noch, doch holt die Wasserstraße mehr und mehr auf. Die Gründe liegen auf der Hand: zum einen verursacht der Transport schwerer und sperriger Güter per Lkw einen hohen logistischen Aufwand. Häufig muss die Strecke wochenlag vorher akribisch geplant, teilweise sogar extra Straßenschilder und Ampeln abmontiert sowie Bäume beschnitten werden, damit die Schwertransporte durchkommen können. Weil die Güter immer größer und sperriger werden und damit zumeist auch mehr Gewicht haben, fallen einige Straßenbrücken bei der Streckenplanung von vornherein raus, da sie nicht solch große Lasten ausgelegt sind. Umwege sind somit unvermeidlich. Zum anderen ziehen sich auch die Genehmigungen, solche Transporte überhaupt durchführen zu dürfen, nicht selten über Wochen, meist sogar Monate hin. Oftmals müssen gleich mehrere Behörden ihr Einverständnis geben.
Der entscheidende Faktor, der noch immer für Straßentransporte spricht, sind die Kosten. Die Beförderung per Lkw ist schlicht günstiger als die über die Wasserstraße. Solange das der Fall ist, wird sich an den Anteilen vermutlich auch nichts ändern, sagen Branchenexperten. Da spielt es dann auch keine große Rolle, dass die Straßen zunehmend verstopfter und Staus häufiger und länger werden.
Diese Probleme hat die Binnenschifffahrt nicht, die deswegen heutzutage für den Transport schwerer Güter für immer mehr Unternehmen eine echte Alternative ist.
Vor wenigen Wochen wurden zwei Gastanks per Lkw von Sögel im Landkreis Emsland zum Hafen Dörpen gebracht. Der Transport sorgte bundesweit für Aufsehen, da einer dieser Kolosse nach etwa der Hälfte der rund 60km langen Strecke in einen Graben geraten und daraufhin auf einen Acker umgekippt war. Die Außenhaut des Gastanks wurde dabei beschädigt, Unfallursache war den Ermittlungen zufolge menschliches Versagen. Die Landstraße L51, an der sich das Unglück ereignete, musste tagelang voll gesperrt werden. Beim Transport des anderen Tanks lief alles glatt. Mit Verspätung erreichte schließlich auch der von dem Unfall betroffene Gastank den Hafen Dörpen, allerdings auf einer neuen Route, ohne eine S-Kurve, die als Gefahrenstelle ausgemacht worden war.
Per Schiff nach Dänemark
Im Hafen Dörpen wurde die sperrige Ladung – jeder der Behälter hat ein Gewicht von 230t und eine Länge von 35m – zunächst auf dem Hof der Dörpener Umschlaggesellschaft (DUK) im Güterverkehrszentrum zwischengelagert, bevor sie auf zwei Binnenschiffe verladen wurde. Dafür mussten Hebemittel am Tank befestigt werden, denn erst dann konnten die beiden Gastanks vom Auflieger gelöst werden, mit dem sie verschweißt waren. Zwei große Krane der Firma Wagenborg hievten sie schließlich in den Bauch der beiden Binnenschiffe. Gefertigt wurden die Gastanks von der in Haselünne ansässigen Firma Barlage für die Linde AG.
Für die DUK seien Güter mit solchen Ausmaßen »natürlich einmalig«, wie Geschäftsführer Peter Fischer sagt. Die Zusammenarbeit mit den beteiligten Akteuren habe aber gut funktioniert.
Von Hafen Dörpen wurden die beiden Gastanks in das niederländische Delfzijl transportiert. Von dort wurden sie auf ein Seeschiff verladen, das sie zu ihrem Bestimmungsort nach Dänemark gebracht hat, wo sie für die Speicherung von Kohlendioxid genutzt werden sollen.
Transport verzögerte sich
Dem Vernehmen nach hätten die Tanks schon im Mai 2019 ihre Reise nach Skandinavien antreten sollen. An der vorgesehenen Strecke für den Straßentransport hätten jedoch zahlreiche Bäume gefällt werden müssen. Dies sorgte für reichlich Empörung in der Region. Der Transport wurde daraufhin um mehrere Monate verschoben.
Thomas Wägener