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Die deutsche Hauptstadt wird auch auf dem Wasser grüner. Berlins Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Die Grünen) hat die als erstes reines Solarfahrgastschiff geltende »Suncat 120« getauft

Das bei der Kiebitzberg-Schiffswerft gefertigte Solarfahrgastschiff ist das erste von zwei Schwestern. Ursprünglich sollte es zusammen mit der baugleichen »Suncat 121« im April getauft werden, wegen der Corona-Pandemie verzögerte sich das Vorhaben jedoch auf Mitte Juni. Weil sich das zweite Schiff noch bei der Bauwerft in Havelberg befand, hat zunächst nur der Prototyp offiziell seinen Namen erhalten. Auftraggeber und Schiffseigner der beiden Neubauten ist die SolarCircleLine (SCL), Betreiber die Stern und Kreis Schifffahrt Berlin.

Die »Suncat 120« und ihre baugleiche Schwester »Suncat 121«, die kurz nach der Taufe des ersten Schiffes nach Berlin überführt worden ist, wurden von Schiffstechnik Buchloh entworfen. Sie sind je 36,50m lang, 7m breit, haben einen Tiefgang von 0,86m und eine Seitenhöhe von 1,50m. Diese limitierten Ausmaße seien durchaus eine Herausforderung gewesen, berichtet Kai Buchloh, Geschäftsführer von Schiffstechnik Buchloh. Auch auf die Optik habe der Auftraggeber großen Wert gelegt. Darüber hinaus galt es, die Rümpfe »schlank« zu halten, um den Widerstand im Wasser möglichst gering zu halten.

Beide Fahrgastschiffe sind komplett solarbetrieben, aus Aluminium gefertigt und mit vielen Fenstern ausgestattet. Dies wirke sich positiv auf das Gewicht aus, sagt Buchloh, denn insgesamt sei vergleichsweise wenig Aluminium verbaut worden. Der Steuerstand befindet sich im Bug-Bereich, am Heck ist eine Bar mit dahinter liegendem Sanitärtrakt eingebaut.

180 Personen sind pro Einheit dieser Serie zugelassen, die künftig auf sechs erweitert werden soll. Die Schiffe sind rund um die Aufbauten komplett begehbar, seitlich sind sie mit überdachten Sitzsofas bestückt. Der Salon ist durchgehend vom Steuerstand bis zur Bar benutzbar und kann je nach Fahrgastanzahl betischt und bestuhlt werden. Dem Eigner war eine vielfältige Nutzbarkeit wichtig, sagt Buchloh, etwa um Veranstaltungen an Bord durchzuführen.

Auf dem neuen Schiff und seinem Nachfolger sind je 48 Solarmodule mit 72m² Solarfläche angebracht. Die Vortriebsleistung beträgt 2 x 45 kW. Der Aufwand an Elektrik und Elektronik gilt bei diesen Schiffen als außerordentlich hoch. Die Kiebitzberg-Schiffswerft hatte diesen Auftrag an die Rossdorfer Firma IEA vergeben, die ihn in bewährter Qualität ausgeführt habe, wie Andreas Lewerken, Geschäftsführer der Kiebitzberg-Schiffwerft, bestätigt. Batterien und Antriebe sind in den beiden Rümpfen untergebracht, die Schiffe fahren geräuschlos.

Die »Suncat 120« wird im Liniendienst in der Berliner Innenstadt verkehren, während die »Suncat 121«, die vermutlich im August getauft werden wird, künftig im Berliner Raum für Charter und Eventfahrten eingesetzt werden soll.

Berlins Wirtschaftssenatorin Ramona Pop führte die Taufe der »Suncat 120« durch. »Der SolarCircleLine und der Kiebitzberg-Schiffswerft ist es gelungen, zwei innovative Schiffe nach Berlin zu bringen. Ich freue mich, dass unsere Förderung dazu beiträgt, dass BerlinerInnen und Gäste zukünftig Berlin auf dem Wasser voll elektrisch und emissionsfrei entdecken können. Unser Tourismuskonzept baut auf Klimaneutralität und Nachhaltigkeit«, so Pop.

»Unser neues Schiff ist ein Quantensprung für das Berliner Klima auf dem Wasser. Aber unsere Version geht weiter und wir wollen dazu beitragen, dass Schifffahrt auch ohne fossile Energieträger möglich ist«, sagte SCL-Geschäftsführer Tim Schultze, der sich bei der Wirtschaftssenatorin für die großzügige Förderung durch das Land Berlin bedankte. Ohne diese Unterstützung hätte das Vorhaben nicht realisiert werden können. Gleichzeitig dankte Schultze auch der Kiebitzberg-Schiffswerft für das moderne Design des Neubaus außen wie innen und die durchgängige Verwendung klimaneutraler Werkstoffe. Der Schiffskörper und die Aufbauten sind aus Aluminium gefertigt, hinzu kommen Reisschalenplatten in Weiß für die Innenverkleidung und künstliches Teakholz für die Fußböden.

Wirtschaftssenatorin Pop zeigte sich begeistert: »Mit diesem attraktiven und klimaneutralen Schiff wird Berlin auch auf dem Wasser grüner. Und wir, der Senat, unterstützen solche Projekte gern mit Fördermitteln. Für Gesamtberlin und seine Verkehrsträger haben wir 1Mrd. € in unseren Haushalt eingestellt, die wir ausschließlich für den Umweltschutz verwenden werden«, kündigte sie an. Die Fahrgastschifffahrt sei wichtig für den Tourismus in Berlin. »Aber die Diesel der alten Schiffe verpesten nun mal die Stadt.«

Beide neuen Solarschiffe, die insgesamt 4,5Mio.€ kosten, hat der Senat mit 900.000€ gefördert. Und Pop hatte zugesagt, dass der Senat diese Förderung fortsetzen werde.

»Wir freuen uns, dass wir die Ausschreibung für die beiden Schiffe gewonnen haben und werden uns weiter für den Solarschiffbau im gehobenen Segment engagieren. Wir besitzen erfahrene und gut ausgebildete Möbel- und Schiffbauer und haben, trotz Corona-Krise, gerade einen neuen Konstrukteur eingestellt. Gegenwärtig arbeiten wir an der Konstruktion für ein ebenfalls solargetriebenes Saunaschiff, ebenfalls im gehobenen Segment«, sagte Werftchef Lewerken.

In Berlin gibt es bereits fünf solarbetriebene Fähren sowie ein solarbetriebenes Seminarschiff, das mit dem umweltschonenden Kraftstoff GTL betrieben wird, falls die Sonne nicht scheint. Dies habe sich bewährt, wie zu hören ist.

Auch die Häfen leisten ihren Beitrag zur Umweltschonung. Beispielsweise sind alle beweglichen Geräte im BEHALA Westhafen vollständig elektrobetrieben, dazu zählen Krane, Brücken, Hafenloks und Verteiler-Lkw.

Die Stern und Kreis Schifffahrt investiert 100Mio. €, um ihren gesamten Schiffspark klimaneutral herzurichten. Für dieses Vorhaben rüstet die Hegemann-Werft in Berlin-Spandau großzügig um.


Christian Knoll