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Rund 100 Tage ist Marcel Lohbeck jetzt als Doppel-Geschäftsführer für den VBW und den BÖB im Amt. Beide Verbände wollen künftig enger zusammenrücken, viele der geplanten Aktivitäten waren und sind allerdings von der Coronakrise überschattet

Herr Lohbeck, seit dem 1. Juli führen Sie alleinverantwortlich die beiden Verbände als Geschäftsführer. Wie war der Start in diese neue Doppelaufgabe?

Marcel Lohbeck: Eigentlich sehr gut. Die beiden Geschäftsstellen und auch die Führungsgremien waren in der Vergangenheit schon sehr eng in Kontakt, das hat es mir leicht gemacht. Und bis Ende Juni stand mir ja auch Rainer Schäfer als kommissarischer Geschäftsführer des BÖB zur Seite. Aber durch Corona war der Start natürlich sehr viel holpriger, als das unter normalen Umständen der Fall gewesen wäre. Und das Krisenmanagement hat andere Themen zunächst verdrängt.

Wie schlimm trifft denn die Coronakrise ihre Verbandsmitglieder?

Lohbeck: Das muss man differenziert sehen, je nachdem welche Mitgliedergruppe wir betrachten. Im VBW sind ja auch Binnenschifffahrts- und Industrieunternehmen organisiert. Insgesamt leiden natürlich alle unter dem erheblichen Rückgang der Produktion und den damit verbundenen sinkenden Umschlagsmengen. Die Binnenhäfen sind bisher ganz gut durch die Krise gekommen. Ich befürchte aber, dass sich das wirkliche Ausmaß der Krise erst im Herbst zeigen wird.

Zwei Verbände, eine Geschäftsstelle in Duisburg, eine in Berlin. Sie mittendrin. Wie teilen Sie Ihre Zeit und Arbeit jetzt ein?

Lohbeck: Ich hoffe, gerecht. In der Regel bin ich drei Tage in Berlin beim BÖB, montags und freitags in Duisburg. Aber das darf man nicht so streng getrennt voneinander sehen. Beide Standorte und auch die Mitarbeiter einschließlich mir arbeiten jetzt für beide Verbände. Das ist ja genau das Ziel, dass wir zusammen­rücken und gemeinsam agieren.

Sie haben zwei kleine Kinder. Ihre Familie akzeptiert, dass Sie jetzt oft in Berlin sind?

Lohbeck: Natürlich haben wir das im Vorfeld besprochen, das ist vielleicht der einzige kleine Wermutstropfen bei dieser neuen Konstellation. Aber die Aufgabe ist spannend und reizvoll, wir haben gemeinsam viel vor, insofern werden wir uns damit arrangieren.

Wie lautet denn genau Ihr Auftrag? Wie sollen VBW und BÖB praktisch zusammenrücken?

Lohbeck: Rein organisatorisch beginnt das mit meiner Person als Geschäftsführer. Dazu kommen die beiden Geschäftsstellen und die Mitarbeiter. Wichtiger sind aber die Themen und Inhalte, die wir gemeinsam bewegen wollen und vermutlich auch besser bewegen werden als früher. Gleichzeitig sollen aber beide Verbände deutlich sichtbar und erkennbar bleiben. Unser Motto lautet schließlich »Stärken stärken«, beide Seiten sollen das Beste in die gemeinsame Arbeit einbringen.

Was steht konkret auf der Agenda?

Lohbeck: Die Coronakrise ist natürlich im Moment das beherrschende Thema, weil unsere Mitglieder mit den Folgen zu kämpfen haben und auch die Verbandsarbeit erheblich unter den Einschränkungen gelitten hat. Also werden wir das Konjunkturprogramm im Auge behalten und wie unsere Mitglieder davon profitieren könnten. Aber auch jetzt und nach Corona bleiben die Themen akut, die schon vorher im Fokus standen: die Verstärkung der Investitionen in die Infrastruktur, die ökologische Transformation des Sektors und die Digitalisierung von Logistik und Infrastruktur, um nur einige zu nennen. Schon im Herbst stehen hier Weichenstellungen an. Die Stakeholder-Beteiligung beim Masterplan Binnenschifffahrt geht weiter und auch über die Zukunft des Nationalen Hafenkonzeptes wird sicherlich gesprochen werden.

Ebenso auf der Tagesordnung stehen die neue Förderrichtlinie für den Kombinierten Verkehr, die gerade für die Häfen enorm wichtig ist und die Novelle der Förderrichtlinie zur Modernisierung von Binnenschiffen. Dazu kommen unsere internen Aufgaben. Im Herbst werden wir den Mitgliederversammlungen ein ausführliches Konzept zur vertieften Kooperation zur Abstimmung unterbreiten.

Daneben gibt es natürlich Themen, die jeder der Partner weiter für sich bearbeitet.

Welche wären das denn?

Lohbeck: Der BÖB bleibt die Interessenvertretung der deutschen Binnenhäfen und ist damit zuständig, wenn es zum Beispiel um das Spannungsfeld zwischen Wohnen am Wasser und Logistikflächen, das Lobbying für Infrastrukturmittel oder Bahnpolitik geht.

Der VBW wird sich mit seinen Experten und Ausschüssen weiterhin mit Themen wie Schiffstechnik oder übergeordneten Fragen der Entwicklung des Gesamtsystems Wasserstraße im europäischen Kontext beschäftigen. Dazu zählen beispielsweise die Anpassung des Systems an den Klimawandel oder die Harmonisierung des Transportrechts.

Viel zu tun also …?

Lohbeck: Absolut. Aber ich freue mich darauf, weil wir Einiges gestalten können.

Es ist oft die Rede davon, dass das System Wasserstraße, die Binnenhäfen und die Binnenschifffahrt zu wenig Lobby im politischen Berlin haben, auch weil es mehrere Verbände gibt. Ist die Kooperation von BÖB und VBW eine mögliche Antwort darauf?

Lohbeck: Wir setzen natürlich darauf, dass wir vereint mehr Schlagkraft entwickeln können, indem wir mehr Akteure und mehr Expertise bündeln.

Und dann folgen weitere Zusammenschlüsse mit weiteren relevanten Interessensvertretungen?

Lohbeck: Jetzt werden wir erst einmal sehen, dass wir BÖB und VBW gut zusammenbringen. Anderes steht nicht auf der Agenda. Aber wir werden weiter, wie in all den Vorjahren eingeübt, auf der Fachebene mit anderen Verbänden wie dem BDB, dem DSLV, dem VDV und dem VSM zusammenarbeiten. Themenbezogen haben wir immer schon Allianzen gebildet. Was die fernere Zukunft bringen könnte, wird man sehen.

Wann wird man den neuen Verbund von BÖB und VBW erstmals öffentlich erleben können?

Lohbeck: Aufgrund der bestehenden Corona-Einschränkungen ist erst einmal nichts geplant. Unsere Mitgliederversammlungen werden ohne öffentlichen Teil stattfinden. 2020 wird es auch den traditionellen Parlamentarischen Abend der Parlamentsgruppe Binnenschifffahrt nicht geben, sondern erst wieder 2021. Unsere Ausschüsse und Gremien tagen inzwischen auch wieder in Präsenzsitzungen. Aber auf der Messe STL sind wir wieder am Verbändestand vertreten. Hoffen wir, dass sie stattfinden kann.


Interview: Krischan Förster