Die Corona-Pandemie und ihre Folgen haben die Wirtschaft schwer getroffen. Lieferketten wurden gestört, Märkte sind weggebrochen, etablierte Geschäftsprozesse werden in Frage gestellt. Auch die Logistik steht vor neuen Herausforderungen
Das 12. Netzwerk-Forum »Schifffahrt Hafen Logistik« Ende August in Duisburg fand das erste Mal als Hybrid-Veranstaltung statt. Auch das war Corona geschuldet. Ebenso wie eine Beschleunigung der Digitalisierung in vielen Unternehmen. Ein anderer Megatrend, konstatierte Christoph Kösters als Hauptgeschäftsführer des Verbandes Verkehrswirtschaft und Logistik Nordrhein-Westfalen (VVWL), sei von der Coronakrise zwar zeitweise überdeckt worden, habe aber nichts an Bedeutung eingebüßt – die Transformation von Logistik und Wirtschaft zu CO2-reduzierten und »grünen« Prozessen. Und dabei kommt auchd die Binnenschifffahrt ins Spiel.
Vor rund 70 Entscheidern aus den Bereichen Schifffahrt, Häfen, Logistik und der Industrie hob Burkhard Landers, Präsident der Niederrheinischen Industrie- und Handelskammer (IHK) Duisburg-Wesel-Kleve die Wichtigkeit dieses Verkehrsträgers für den Wirtschaftsstandort hervor und konkretisierte drei Gedanken zur Stärkung des Systems Wasserstraße:
• Die gesamten Vorhaben zur Unterstützung des Systems müssten schneller und zügiger umgesetzt werden. Das betreffe sowohl beschlossene Maßnahmen zur Ertüchtigung der Infrastruktur als auch Aufstockungen in personellen Bereichen der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltungen (WSV).
• Zudem müssten die Kapazitäten der Binnenschifffahrt EU-weit erhöht werden, um die Verlagerungspotentiale voll auszuschöpfen.
• Letztendlich müsse sich aber auch die Binnenschifffahrt selbst mit Innovationen dem Konkurrenzkampf mit anderen Verkehrsträgern stellen, um künftig im ökologischen Vergleich punkten zu können.
Probleme hatten sich unter anderem bei Niedrigwasser 2018 gezeigt, als die Binnenschifffahrt stark eingeschränkt war und auch die Bahn die benötigten Mengen nicht übernehmen konnte. Rund 200 Mio. € an Einbußen hatte der Chemiekonzern BASF verbuchen müssen. Mehr als die Hälfte (55%) der Rohstoffe am Standort Ludwigshafen kommer auf dem Wasserweg, etwa ein Fünftel mit der Bahn und nur ein Zehntel per Lkw. Etwa 6,5 Mio.t werden pro Jahr angeliefert, rund 8,1 Mio. t gehen raus. Täglich werden in Ludwigshafen 15 Binnenschiffe, 400 Eisenbahnwaggons und 2.500 Lkw abgefertigt.
Weil somit »der Rhein die Lebensader ist«, bemüht sich das Unternehmen, Vorkehrungen zu treffen. »Deswegen stehen Klimaschutz und die Sicherung der Wasserstraßeninfrastruktur weit oben auf unserer Agenda« berichtete Ralf Busche, Logistikchef der BASF auf dem Forum in Duisburg. Denn ab 2030 will BASF nur noch CO2-neutral wachsen.
Man habe daher eine Reihe von Maßnahmen getroffen. Darunter fällt ein gemeinsam mit Partner entwickeltes Frühwarnsystem, das es ermöglicht, die Rheinpegel mit sechs Wochen Vorlaufzeit vorherzusagen. So könnten Niedrigwasserrisiken frühzeitig erkannt werden und notwendige Kompensationsmaßnahmen wie ein Aufstocken der Lagerbestände oder das Einchartern zusätzlicher Schiffe eingeleitet werden.
Auch habe sich das Unternehmen über Zeitcharter-Verträge flachgehende Tonnage mit besserer Traglast gesichert. Gemeinsam mit dem Gewerbe sei ein tiefgangoptimiertes Binnenschiff entwickelt worden. Sollten die Schiffe nicht ausreichen, gebe es alternative Verkehrskonzepte insbesondere für den Bahntransport, so Busche.
Nach Ansicht von Henrich Kerstgens, Managing Director bei Contargo, muss für kurzfristige Erfolge flexibel gehandelt werden. So müssten starre Verladezeiten aufgebrochen und der Umschlag mittels Digitalisierung optimiert werden. Aus Sicht der neska als einem der führenden Logistiker ist keine Abkehr von mittelfristigen Zielen und Strategien nötig. Die Wirtschaft werde nach der Krise wieder wachsen. Vorgaben der Politik zur Umsetzung eines »Green Deal« sollten aber in kleinen Schritten erfolgen, sagt neska-Geschäftsführer Jan Zeese. Wichtig seien politisch nachvollziehbare und umsetzbare Leitplanken.